Psychiatrische Krankheiten und kindliche Infektionen

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Ein Zusammenhang zwischen Infektionen und psychischen Erkrankungen wird zwar vermutet, wurde bisher aber nur unzureichend erforscht. Im Rahmen einer dänischen Kohortenstudie wurde nun anhand medizinischer Register für 1.098.930 Personen mit einem Alter bis 18 Jahren der Zusammenhang zwischen Infektionen im Kindesalter und späteren psychiatrischen Erkrankungen erfasst. Die Personen waren zwischen 1.1.1985 und 30.6.2012 geboren worden. Alle behandelten Infektionen wurden vom Zeitpunkt der Geburt an erfasst: Dies umfasste Infektionen mit Krankenhauseinweisungen und weniger schwere Infektionen, die in der Primärversorgung mit Antiinfektiva behandelt worden waren. Nach einer Beobachtungszeit von 9.620.808 Personenjahren war bei 42.462 Kindern und Jugendlichen eine psychiatrische Erkrankungen diagnostiziert worden. Die Kinder hatten zu diesem Zeitpunkt ein durchschnittliches Alter von zehn Jahren.
Nach hospitalisierungspflichtigen Infektionen war das Risiko für eine spätere psychiatrische Dia­gnose um 84 % erhöht. Das höchste Risiko bestand für das schizophrene Spektrum, Zwangsstörungen, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, geistige Behinderungen, Autismus-Spektrum-Störungen, ADHS, oppositionelles Trotzverhalten und Tics. Stationär behandelte Infektionen waren auch mit einer höheren Wahrscheinlichkeit assoziiert, später Rezepte für psychotrope Arzneien einzulösen (Risiko + 42 %). Ambulant behandelte Infektionen gingen mit einer geringer ausgeprägten Risikoerhöhung für psychiatrische Erkrankungen einher (Risiko + 40 %); auch die Wahrscheinlichkeit, ein Rezept für psychotrope Arzneien einzulösen, war weniger stark erhöht (Risiko + 22 %). Besonders stark erhöht war das Risiko nach Antibiotika.
Weiters war eine Dosis-Wirkungs-Beziehung und eine Zunahme des Risikos mit zeitlicher Nähe zur letzten Infektion nachweisbar. Die Resultate können eine Kausalität nicht beweisen, sind jedoch Hinweise für eine Beteiligung von Infektionen und des Immunsystems an der Pathogenese psychischer Störungen von Kindern. Neben der Möglichkeit, dass Infektionen die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen können, ist auch nicht auszuschließen, dass Antiinfektiva die beobachteten Effekte hervorrufen.

Köhler-Forsberg O et al., JAMA Psych 2018; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2018.3428

Für die Praxis
Je nach Schweregrad der ­Infektion im Kindesalter erhöht sich das Risiko für neuropsychiatrische ­Erkrankungen um 40–84 %.

 

 

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune