Finanzminister soll zum Sport animieren

Wirtschaftskammer, Ärztekammer und Sozialversicherung wollen Zivilisationskrankheiten bekämpfen und das System entlasten – durch eine steuerliche Absetzbarkeit von Mitgliedsbeiträgen für Sportvereine. (Medical Tribune 19/18)

Biach, Szekeres und Ruck (v.l.n.r.) wollen Freizeitsportler fördern.

Das österreichische Gesundheitssystem sorgt für einige Kontroversen. Die Debatte rund um die Sozialversicherungen überlagert viele wichtige Themen. Grund genug für Wirtschaftskammer Wien, Ärztekammer Wien und Hauptverband der Sozialversicherungsträger, sich zu einer Allianz für ein gesünderes Österreich zusammenzuschließen. Ziel ist es, die Gesundheit der Menschen wieder in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung und der Politik zu rücken. Dazu wurde ein Maßnahmenpaket zur Steigerung der Gesundheit, Bekämpfung von Zivilisationskrankheiten und damit Entlastung des Gesundheitssystems präsentiert.

Eine zentrale Forderung ist die steuerliche Absetzbarkeit von Mitgliedsbeiträgen für Sportvereine oder gewerbliche Sporteinrichtungen wie Fitnesscenter oder Tennisclubs. „Ein kleiner steuerlicher Anreiz kann große Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien. Mit dem Steuerbonus sollen mehr Menschen zu regelmäßigem Sport gebracht werden. Das Modell sieht vor, dass maximal 600 Euro pro Kalenderjahr im Rahmen des Steuerausgleichs geltend gemacht werden können. Dabei müssen mindestens sechs Monate Mitgliedschaft nachweisbar sein. Insgesamt würde das Modell 150 Millionen Euro kosten. Der Steuerbonus sollte sich mittel- und langfristig aber rechnen, weil das Gesundheitssystem durch weniger kranke Menschen deutlich entlastet würde. Die Wiener würden das begrüßen, wie eine aktuelle MAKAM-Umfrage zeigt. 44 % würden den Steuerbonus zum Anlass nehmen und mit entsprechendem Sport beginnen.

„Wenn es gelingt, diese Menschen für regelmäßige Bewegung zu begeistern, wäre das eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Die Menschen, weil sie gesünder leben. Die Freizeitwirtschaft gewinnt neue Mitglieder. Die Arbeitgeberbetriebe, weil sie fitte und ausgeglichene Mitarbeiter haben. Und das Gesundheitssystem, weil weniger Menschen krank sind“, sagt Ruck. Hauptverbands-Chef Dr. Alexander Biach ergänzt: „Wollen wir das System entlasten, müssen wir dort ansetzen, wo die meisten Kosten entstehen – bei der Behandlung von Zivilisationskrankheiten. Aber nicht durch Leistungskürzungen.“ Ärztekammerpräsident Dr. Thomas Szekeres spricht von einem „präventivmedizinisch wichtigen Schritt in die richtige Richtung“. Bewegung, Ernährung und Körperhaltung seien wichtige Komponenten der Gesundheit – insbesondere bei Kindern. In diesem Sinne plädiert Szekeres dafür, steuerliche Abschreibmöglichkeiten auch für Eltern zu ermöglichen, deren Kinder in Sportvereine gehen. Weiters fordert er eine tägliche Turnstunde in Schulen, denn gerade im Kindes- und Jugendalter sei es besonders wichtig, Haltungsschäden oder Übergewicht effizient vorzubeugen.

Weg von der Glotze

Auf ihr Freizeitverhalten angesprochen, gab die Wiener Bevölkerung im zuletzt 2014 erhobenen Freizeitmonitor an, dass nur 30 % regelmäßig zumindest einmal pro Woche Sport treiben. Die beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Wiener sind Fernsehen (86 %), Radiohören (77 %) und Telefonieren (70 %). Dass es die Wiener aber besser wissen, zeigt die aktuelle MAKAM-Umfrage. 89 % sind generell der Meinung, dass sportlich aktive Menschen gesünder leben. Trotzdem hinkt man hinterher: 8,6 % der Österreicher sind in einem Fitnessstudio eingeschrieben, in Deutschland sind es 12,3 %, in Großbritannien sogar 14,1 %. Ein generelles Vorbild ist wieder einmal Schweden: Dort sind 70 % der Menschen im Alter von sieben bis 70 Jahren sportlich aktiv, die Hälfte aller Schweden ist Mitglied in einem Sportverein.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune