AUVA: Schluss mit lustig

Die Regierung macht Ernst und treibt Pläne zur Sozialversicherungsreform voran: Der AUVA wird die Rute ins Fenster gestellt und die Auflösung angedroht. Die Folge: ein kollektiver Aufschrei verschiedener Interessengruppen. (Medical Tribune 16/18)

Ministerin Hartinger-Klein macht sich derzeit nicht viele Freunde.

Die Daten sind durchaus beeindruckend: In sieben Unfallkrankenhäusern mit insgesamt 918 Betten werden knapp 370.000 Patienten (Stand 2016) behandelt: Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) ist die größte Sozialversicherung Österreichs, rund fünf Millionen Menschen sind hier gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Im Voranschlag 2018 sind Aufwendungen in der Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro vorgesehen. Entsprechend groß ist der Aufschrei, jetzt wo eine Auflösung des Kolosses im Raum steht – für den Fall, dass er nicht die geforderten 500 Millionen Euro an Einsparungen liefern kann. Die Belegschaft kämpft mit harten Bandagen gegen eine Zerschlagung der Institution in mehreren Bundesländern. Auf einer Betriebsversammlung im Lorenz-Böhler-Unfallkrankenhaus protestierten in der Vorwoche Mitarbeiter und Gewerkschaft gegen dahin gehende Aussagen von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ), die prompt „Ministerin für Krankheit und Asoziales“ genannt wurde.

Quersubventionierungen

Hartinger-Klein pocht trotz aller Proteste auf ein Ende der Quersubventionierungen und auf eine Senkung der von den Arbeitgebern zu zahlenden AUVA-Versicherungsbeiträge von 1,3 auf 0,8 Prozent. Dafür müsse es bis Mai einen „klaren Fahrplan“ geben. „Es kann nicht sein, dass die Betriebe, die eine Arbeitsunfallversicherung zahlen, die Behandlung von Freizeitunfällen, die mittlerweile 80 Prozent der Behandlungen in Unfallkrankenhäusern ausmachen, weiter so mitfinanzieren“, so die Ministerin. Kritik kommt derweil nicht nur von der Gewerkschaft und – natürlich – der politischen Opposition, sondern auch aus der Ärzteschaft. Eine Auflösung der AUVA wäre „eine Katastrophe für die österreichische und speziell die Wiener und Grazer Unfallversorgung“, warnt der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Dr. Thomas Szekeres. Betroffen von den drastischen Einsparungsmaßnahmen, die knapp 40 Prozent des AUVA-Budgets ausmachen, wäre die Unfallversorgung von jährlich fast 400.000 Menschen.

Österreichweit versorge die AUVA jeden fünften Unfallpatienten, in Wien und Graz sogar jeden zweiten. Leider seien die Reformvorhaben der Bundesregierung von reinen Kostenüberlegungen getrieben, bedauert Szekeres. Wenn man der AUVA derart hohe Einsparungen vorschreibe, müsse man woanders das Geld aufstellen. Zahlen müssten es jedenfalls die Steuerzahler, entweder über den Bund, die Ländern oder über höhere Sozialversicherungsbeiträge. Univ.-Prof. Dr. Christian Fialka, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie, sieht das ähnlich. Was es an unfallchirurgischem Angebot in Österreich gebe, sei eine Notwendigkeit. Er verschließt sich nicht gegen Veränderungen, kritisiert aber die Art und Weise, wie man vorgeht: „Was jetzt passiert: Wir befinden, etwas ist nicht gut genug, also machen wir es komplett kaputt und bauen es dann neu wieder auf.“ Aber: „Ich habe keine einzige Publikation gesehen, die zeigt, was konkret wir nicht gut genug machen“, so Fiala: „Und es bloß anders zu machen, das ist in meinen Augen nicht unbedingt besser.“

Bestandsgarantie für Spitäler

Während die Situation eskalierte, versuchte die Ministerin mit einer Bestandsgarantie für die sieben Krankenhäuser der AUVA zu beruhigen. Es gehe nur um Einsparungen und Reformen in der Verwaltung. Vizekanzler Heinz-Christian Strache stellt sich hinter seine Ministerin. In der ORF-„Pressestunde“ sagte Strache, die Regierung fordere von der AUVA ein, sich wieder auf den Kernauftrag – die Behandlung und Prävention von Arbeitsunfällen – zu konzentrieren. Auch er kalmierte: Es habe „massive Übertreibungen, Fehlinterpretationen und Panikmache“ gegeben. „Wir wollen keine Spitäler zusperren“, so Strache. Vielmehr müssten sich die Versicherer wieder auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune