22. Jän. 2015

ELGA GmbH reagiert auf Kritik

E-HEALTH – ELGA sei eine „kranke Akte“ diagnostizierte kürzlich der Österreichische Hausärzteverband (ÖHV) bei einer Pressekonferenz. Lesen Sie, was die ELGA GmbH dieser Kritik entgegensetzt.

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Mit der Übergabe der e-card an einen Gesundheitsdienstleister ermöglicht der Patient diesem künftig Einblick in seine ELGA.

Der Hausärzteverband (ÖHV) kritisierte Anfang Jänner, u.a. dass Hausärzte ELGA zwar ab der Einführung benutzen müssten, aber selbst keine Befunde einspeichern dürften. Gar als „lebensgefährlich“ bezeichnete der ÖHV zudem die Möglichkeit des Patienten, Diagnosen und Befunde in ELGA auszublenden. Denn damit werde die Akte lückenhaft. „Wir können der Sache also gar nicht trauen, sollen dafür aber haften“, empört sich ÖHV-Bundessekretärin Dr. Eva Raunig.

Medical Tribune konfrontierte die ELGA GmbH mit den Befürchtungen des ÖHV. Im ELGA-Gesetz stehe klar, so Dr. Susanne Herbek, Geschäftsführerin der ELGA GmbH, dass die Patienten die Verantwortung tragen, wenn ein Gesundheitsdiensteanbieter „trotz Einhaltung der Sorgfaltspflichten von einem für die Behandlung oder Betreuung wesentlichen Umstand nicht Kenntnis erhalten“ könne, weil Patienten ihr Recht zu einem gänzlichen, teilweisen bzw. situativen Widerspruch wahrnähmen. Ein Widerspruch darf übrigens auf ELGA nicht ersichtlich sein. „Das bedeutet, dass der Arzt nicht haftbar gemacht werden kann, wenn der Patient seinem behandelnden Arzt die eigenen ELGA-Gesundheitsdaten ‚elektronisch verschweigt‘“, übersetzte Herbek das Juristendeutsch.

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Dr. Susanne Herbek
ELGA GmbH

Verschweigen können die Patienten in „ihrer“ ELGA vieles. Sie haben das Recht, bestimmte Daten vorübergehend zu sperren oder dauerhaft zu löschen. Das betreffe Befunde, erläuterte Herbek, aber nicht einzelne Teile davon, und die gesamte Medikationsliste, aber nicht einzelne Medikamente. Es gebe aber auch die Möglichkeit eines sogenannten situativen Opt-outs: Patienten können im Vorhinein dem befunderstellenden Arzt mitteilen, dass bestimmte Befunde gar nicht zum Abruf bereitgestellt werden oder Medikamente nicht in die Medikationsliste eingetragen werden. „Ob dies medizinisch zweckmäßig ist, bleibt dahingestellt und entspricht wohl eher einer Vertrauensfrage: Wollen Patienten ihren Ärzten wirklich immer ‚alles‘ erzählen?“, meinte Herbek. Wenn Patienten manches nicht mitteilen wollen, müsse dies auch elektronisch umsetzbar sein.

Zum Kritikpunkt des ÖHV, wer welche Befunde in die Patientenakte einspeichern darf, informierte Herbek, dass ELGA schrittweise verschiedene Befundarten transportieren werde. Dazu sei das neue technische Dokumentenformat Clinical Document Architecture (CDA) nötig, das durch strukturierte und standardisierte Inhalte eine einfache Lesbarkeit sowie „eine technische und semantische Interoperabilität“ herstellen wird. „Das heißt u.a., dass die Befundinhalte auch maschinenlesbar sind und technisch verarbeitet werden können.“ Begonnen werde mit KH-Entlassungsbriefen, Labor- und Radiologiebefunden aus dem spitalsambulanten Bereich und jenen, die durch niedergelassene Fachärzte erstellt werden.

Hausärzte, so Herbek weiter, würden auch heute keine Befunde erstellen, die sie systematisch anderen Kollegen oder Berufsgruppen zur Verfügung stellen. „Daher ist davon auszugehen, dass sie zunächst v.a. Nutznießer von ELGA als ‚Konsumenten‘ sein werden.“ Sie seien aber verpflichtet, ihre Medikamentenverordnungen in die ELGA-Anwendung E-Medikation „einzupflegen“. Sollte man jedoch zu dem Schluss kommen, dass auch Hausärzte Befunde systematisch im Sinne der integrierten Versorgung in der Behandlungskette erstellen sollen, wie z.B. eine strukturierte Anamnese, werde ein solcher „Befund“ inhaltlich und technisch zu definieren sein.

Der ELGA-Fahrplan

Zum weiteren Fahrplan der ELGA-Einführung erklärte Herbek, dass ELGA ab Ende 2015 schrittweise zunächst in den öffentlichen Spitälern starten solle. In der ersten Jahreshälfte 2016 ist im Einzugsgebiet einer Region Österreichs der Beginn eines Probebetriebs mit ELGA und E-Medikation im niedergelassenen Bereich geplant. „Dabei sollen Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser der Region mitmachen.“ Apotheker werden übrigens über einen neuen Rezepttyp mit einem aufgedruckten E-Medikations-Code die Medikationsliste des Patienten sehen und ihre Abgaben eintragen können.

Steckt der Patient auch in der Apotheke die e-card – die Infrastruktur dafür wird schrittweise in den Apotheken ausgerollt werden –, können die Apotheken auch nicht verschreibungspflichtige Medikamente in die E-Medikation des Patienten eingeben. Haben diese Arzneimittel Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, sind sie per Gesetz sogar dazu verpflichtet. Bei seinem nächsten Aufruf sieht der Arzt diese Information dann natürlich auch.

Bisher rund 194.000 Opt-outs

Wichtig ist es Herbek, dass sich die Patienten nicht von Interessensgruppen wie z.B. dem ÖHV verunsichern lassen. „Viele der vorgebrachten Argumente entbehren der Realität.“ Bereits in einer Aussendung hatte die ELGA-GmbH-Geschäftsführerin betont, dass Qualität und Sicherheit bei ELGA „an oberster Stelle“ stünden. Fast drei Viertel der bisher rund 194.000 Abmeldungen wurden in den ersten vier Monaten 2014 verzeichnet, als „u.a. vom ÖHV Verunsicherung geschürt“ worden sei. Von Juli bis Dezember erfolgten nur mehr 17 Prozent aller Abmeldungen.

Links:
www.elga.gv.at
www.hausaerzteverband.at

 

 

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune