Totale Charmeoffensive

Eine Kolumne über GeschäftspartnerInnen zu schreiben, ist heikel, auch wenn sie durchwegs positiv ausfallen wird. Ich traue mich trotzdem, weil sie ein wichtiger Teil unseres Apothekenlebens sind und sie bis jetzt eigentlich nie vorgekommen sind in meinen Geschichten. Charmeoffensive – kennt man aus der Politik, wenn mitten im Wahlkampf zum Beispiel Geschenke verteilt werden. Mir ist erinnerlich, dass dieses Wort in dem Zusammenhang erstmals auftauchte, als vor Jahren Mannerschnitten verteilt wurden. Das hatte etwas, denn Mannerschnitten gehören natürlich zum charmanten Teil unseres Erbes. Die wahlwerbenden PolitikerInnen selber dürfen sich ja bekannterweise nur mit den drei Ks zufriedengeben: Kalender, Kugelschreiber, Klumpert, sagt man in Wien, alles andere ist Bestechung. Dass die Grenzen dazu fließend sind, ist auch bekannt.

Gott sein Dank ist das bei uns ApothekerInnen nicht so streng. Nachdem auch hier sehr gespart wurde, müssen wir uns nicht mit einem schlechten Gewissen herumschlagen. Außerdem sind wir sowieso unbestechlich (oder ;-)?), denn wir schauen vor allem, was KundInnen möchten. Die wiederum sind beeinflusst von der Werbung, und hier sind die Firmen selbst zuständig. Natürlich gibt es bisweilen Ansporn durch Bonuspunkte und Geschenke, die wir manchmal erhalten, trotzdem spielt es sich nicht ganz so ab wie in einem normalen Verkaufsszenario. Wenn das Produkt nicht gut genug ist oder von uns ethischerweise nicht zu hundert Prozent vertreten werden kann, wird es auch nicht gut genug verkauft werden.

Charmeoffensive: Damit kam letztens ein Vertreter zu uns, der uns mitteilte, dass er auch uns MitarbeiterInnen und nicht nur KundInnen belohnen wollte. Ich fand das nett, auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich sein Produkt wirklich einnehmen oder in der Familie verschenken werde. Egal, das Zeichen zählt. Gar so viel bekommen wir nämlich nicht (mehr) geschenkt. Ganz anders war das in der Ordination, in der ich während des Studiums arbeitete. Vor allem rund um Weihnachten und Ostern konnte ich mich der hauptsächlich süßen Geschenke kaum erwehren. Und mein Chef, der Arzt, merkte sich natürlich jene Arzneimittel besser, deren Vertreter sich etwas Originelles einfallen ließen. Ewig blieb uns ein Pharmavertreter in Erinnerung, der nicht nur bei jedem Besuch dasselbe Sakko trug, sondern seine Produkte auch in Reimform anpries. Es war jedes Mal eine unvergessliche Show.

Kaum vorstellbar ist heute, was sich zum Teil in den Firmen selber tat. Auch dort arbeitete ich mehrere Male als Praktikantin. In einem der Unternehmen gab eine so genannte Wunderkammer, in der solche Gimmicks aufbewahrt wurden. Unglaublich, was sich alles fand: Krokolederhandtaschen, hochwertiges Manikürzeugs, Schreibgeräte vom Feinsten … ja, die Zeiten ändern sich, aber Charmeoffensiven sind nicht nur materiell zu beurteilen. Wir freuen uns, wenn Anerkennung und Freundlichkeit gute Produkte begleiten, die von persönlichen, netten AnsprechpartnerInnen präsentiert werden.