28. Sep. 2019PAOLA-1/ENGOT-ov25-Studie

ESMO 2019: Ovarialkarzinom – Frauen profitieren von Olaparib und Bevacizumab in der Erhaltungstherapie

(c) European Society for Medical Oncology

Erste Ergebnisse der PAOLA-1/ENGOT-ov25-Studie zeigen einen PFS-Benefit durch Intensivierung der Bevacizumab-Erhaltungstherapie mit Olaparib bei Patientinnen mit und ohne BRCA-Mutationen.

Ovarialkarzinome werden meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Trotz eines häufig guten Ansprechens auf die Erstlinientherapie rezidivieren die meisten Tumore weniger als zwei Jahre nach der Diagnose. Derzeit gilt als Erstlinien-Therapiestandard bei den meisten Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom die Resektion mit platinbasierter Chemotherapie plus Bevacizumab, danach Bevacizumab als Erhaltungstherapie.

Akademische Studie

PAOLA-1/ENGOT-ov25 ist die erste Phase-III-Studie, die einen PARP-Inhibitor zusätzlich zu Bevacizumab in der Erstlinien-Erhaltungstherapie bei Patientinnen mit Ovarialkarzinomen mit und ohne einer BRCA-Mutation testete. Die internationale akademische Eigenstudie untersuchte 806 Patientinnen mit Ovarialkarzinomen im Stadium III oder IV und einem partiellen oder kompletten Ansprechen auf eine platinbasierte Chemotherapie und Bevacizumab. Nach Abschluss der Erstlinien-Chemotherapie erhielten die Patientinnen weiterhin Bevacizumab und zusätzlich 2:1 randomisiert entweder Olaparib oder ein Placebo als Erhaltungstherapie. Olaparib wurde dabei bis zu 24 Monate und Bevacizumab bis zu 15 Monate lang verabreicht. Primärer Endpunkt war das von den Prüfärzten beurteilte progressionsfreie Überleben (PFS).

Längstes bisher beobachtetes PFS

Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 24 Monaten im Olaparib-Arm und 22,7 Monaten im Placebo-Arm konnte im Ersteren ein medianes PFS von 22,1 versus 16,6 Monaten in der Placebogruppe festgestellt werden (HR 0,59; 95%-KI: 0,49–0,72; p<0,0001). „Das ist die größte HR und das längste PFS, das wir je gesehen haben“, freut sich die französische GINECO-Präsidentin und Studienautorin Prof. Dr. Isabelle Ray-Coquard von der Université Claude Bernard, Lyon. „Patientinnen wurden dabei weder nach Resektionsqualität noch nach BRCA-Status selektiert – die Studienpopulation repräsentiert damit das Gesamtkollektiv aller Patientinnen mit Ovarialkarzinomen im fortgeschrittenen Stadium. Frühere Studien an rezidivierten Patienten haben schon auf einen Benefit einer Kombination antiangiogener Substanzen und PARP-Inhibitoren hingewiesen2,3 – die heute präsentierten Ergebnisse unterstreichen das.“
Ray-Coquard gab außerdem an, dass die zusätzliche Olaparib-Gabe die Nebenwirkungen im Vergleich zum Placebo nicht signifikant erhöhte.

Bei Patientinnen mit einer BRCA-Mutation (HR 0,31) sowie bei Patientinnen mit homologer Rekombinationsreparatur-Defizienz (HR 0,33) war der PFS-Benefit von Olaparib versus Placebo sogar noch höher – in diesen beiden Subgruppen erreichten die Patientinnen ein medianes PFS von 37,2 Monaten.

 „Wichtiger Schritt für die Behandlung“

ESMO-Kommentatorin Dr. Ana Oaknin, PhD, Vall d’Hebron Institute of Oncology (VHIO), Barcelona, beurteilte die Resultate sehr positiv: „Das Hauptziel beim Ovarialkarzinom ist es, ein Rezidiv nach Erstlinientherapie zu vermeiden, das die Wahrscheinlichkeit einer Remission senken würde. Die Kombination von Olaparib und Bevacizumab als Erhaltungstherapie sollte daher der neue Standard of Care für Patientinnen mit fortgeschrittener Erkrankung werden.“ Ihr Hauptkritikpunkt war, dass die PAOLA-1/ENGOT-ov25-Studie Patientinnen ohne Ansprechen auf die Erstlinienchemotherapie ausgeschlossen hatte, räumte aber ein, dass es sich dabei nur um eine kleine Gruppe handelt. „Diese Studie ist ein wichtiger Schritt die Behandlung dieser Frauen“, schloss sie.

PRIMA, VELIA und PAOLA-1: schwer zu vergleichen

Am ESMO-Kongress 2019 wurden noch zwei weitere positive Studien zum Ovarialkarzinom präsentiert. Die PRIMA-Studie konnte etwa zeigen, dass Niraparib nach Abschluss der Erstlinien-Chemotherapie das PFS signifikant verbesserte.4 Die VELIA/GOG-3005-Studie5 zeigte, dass Veliparib als Teil der Erstlinienchemotherapie und dann in der Erhaltungstherapie das PFS ebenfalls verlängerte, unabhängig von einem Ansprechen auf die Erstlinien-Therapie.

Oaknin bezeichnete diese drei Studien sowie die SOLO-1-Studie, die alle PARP-Inhibitoren in der Erstlinienbehandlung untersuchten, als Meilenstein für die Patientinnen. „Nach Jahrzehnten des Ausprobierens unterschiedlicher Chemotherapie-Ansätze ist es jetzt das erste Mal, dass wir ein bedeutend verlängertes PFS sehen – hoffentlich wird sich das im Langzeitüberleben niederschlagen.“ Sie gab zu bedenken, dass es einige wichtige Unterschiede zwischen den zwei Studien und PAOLA-1/ENGOT-ov25 gab. So erhielten Patientinnen in der PRIMA-Studie etwa kein Bevacizumab, wurden nicht nach dem BRCA-Status stratifiziert und wurden für fast drei Jahre behandelt. Die VELIA-Studie untersuchte Veliparib gemeinsam mit der Standard-Chemotherapie und dann als Erhaltungstherapie. Vergleiche zwischen den klinischen Studien sollten daher aufgrund ihrer großen Unterschiede nur vorsichtig angestellt werden.

Als Priorität für das Forschungsfeld gibt Oaknin an, dass es nun gilt, das Fünfjahresüberleben der Patientinnen mit Ovarialkarzinomen zu verbessern, das aktuell bei 45 Prozent liegt. „Ich glaube, dass es der nächste Ansatz sein wird, Immuntherapien in die Erstlinientherapie zu integrieren.“ Laufende klinische Studien dazu werden in den nächsten zwei bis drei Jahren erwartet.

Referenzen

1 Ray-Coquard I et al. Phase III PAOLA-1/ENGOT-ov25 trial: Olaparib plus bevacizumab (bev) as maintenance therapy in patients (prs) with newly diagnosed, advanced ovarian cancer (OC) treated with platinum-based chemotherapy (PCh) plus bev. #LBA2_PR

2 Mirza MR et al. Niraparib plus bevacizumab versus niraparib alone for platinum-sensitive recurrent ovarian cancer (NSGO-AVANOVA2/ENGOT-ov24): a randomised, phase 2, superiority trial. Lancet Oncol. 2019. pii: S1470-2045(19)30515-7. doi: 10.1016/S1470-2045(19)30515-7.

3 Liu JF et al. Overall survival and updated progression-free survival outcomes in a randomized phase II study of combination cediranib and olaparib versus olaparib in relapsed platinum-sensitive ovarian cancer. Ann Oncol. 2019; 30: 551-557. doi: 10.1093/annonc/mdz018.

4 González Martín et al. Niraparib treatment in patients with newly diagnosed advanced ovarian cancer (OC). # LBA1

5 Coleman RL et al. VELIA/GOG-3005: Integration of veliparib (V) with front-line chemotherapy and maintenance in women with high-grade serous carcinoma of ovarian, fallopian tube, or primary peritoneal origin (HGSC) #LBA3

Quelle

ESMO Congress 2019