16. Dez. 2018Highlights der Experten

ESMO 2018: 80% neoadjuvantes Ansprechen bei Melanom

European Society of Medical Oncology

Für Univ.-Prof. Dr. Christoph Höller, Universitätsklinik für Dermatologie, Wien, war die OpACIN-neo-Studie d a s Highlight des ESMO-Kongresses. Im Gespräch mit medonline.at kommentieren Höller und Prof. Dr. Olivier Michielin, Universitätsklinik Lausanne, zudem drei Langzeit-Studienupdates. (krebs:hilfe! 12/18)

OP in Stadium IIIB/C vielleicht vermeidbar

Mit der neoadjuvanten Kombination aus Ipilimumab/Nivolumab (Ipi/Nivo) wurde in der OpACIN-neo-Studie beim Melanom im Stadium III eine pathologische Remissionsrate (pRR) von 80 Prozent erreicht (Blank CU et al., Abstract LBA42). Die Studie basiert auf der OpACIN­-Studie, in der Melanompatienten mit klinisch detektierbaren, lokoregionären Lymphknotenmetastasen viermal Ipi/Nivo nach der OP vs. je zweimal Ipi/Nivo vor und nach der OP erhielten (Blank CU et al., Nature Medicine 2018). In der neoadjuvanten Gruppe konnte zwar eine pRR von 78 Prozent erreicht werden, allerdings um einen hohen Preis: Rund 90 Prozent der Patienten hatten immunvermittelte Grad-3/4-Nebenwirkungen. Die Nachfolgestudie OpACIN­neo untersuchte daher – rein neoadjuvant – drei alternative Kombinations bzw. Dosierungsschemata: zweimal Ipi 3mg/Nivo 1mg (Ipi3/Nivo1; n=30) vs. zweimal Nivo3/Ipi1 (n=30) vs. zweimal Ipi3 gefolgt von zweimal Nivo3 (n=26).

Damit sank die Rate an immunmediierten Nebenwirkungen ≥Grad 3 auf 40 vs. 20 vs. 50 Prozent. Die pRR war mit 80 vs. 77 Prozent unter Ipi3/Nivo1 vs. Ipi1/ Nivo3 annähernd gleich und lag bei 65 Prozent im sequenziellen Arm. „Mit 20 Prozent hochgradigen Nebenwirkungen im Nivo3/Ipi1-Arm sind wir in einem Bereich, der durchaus managebar wird“, konstatiert Höller. „Die 80-prozentige pRR bestätigt die Vorstudie. Daher wird die Ipi1/Nivo3-Dosierung weiter untersucht. Was Erstautor Blank und Kollegen jetzt überlegen, ist: Muss ich bei 80 Prozent pathologischem Ansprechen überhaupt noch operieren? PRADO, das nächste Studienkonzept, sieht daher so aus, dass Patienten neoadjuvant behandelt und aufgeteilt werden in eine Gruppe, die bei Erreichen eines radiologisches Ansprechens, gar nicht mehr operiert wird, und eine Gruppe, die wie bisher nach zwei Zyklen operiert wird.“

Studien-Updates, die Langzeit-Benefit zeigen

Zu den am ESMO präsentierten Studienupdates zählte jenes der COMBI­Ad­-Studie, in der Patienten mit einem komplett resezierten Melanom mit BRAFV600-Mutation im Stadium IIIA (Lymphknotenmetastasen >1mm), IIIB oder IIIC 1:1-randomisiert Dabrafenib/ Trametinib oder Placebo erhielten (n=870; Long GV et al., Abstract LBA43). Das vier-Jahres-Rezidiv-freie Überleben (RFS) beträgt 54 vs. 38 Prozent (HR 0,49) und bestätigt damit den Benefit von adjuvantem Dabrafenib/Trametinib vs. Placebo, so die Conclusio der Autoren. Einem statistischen Modell zufolge werden 54 vs. 37 Prozent der Patienten langfristig Rezidiv-frei bleiben. „Bei Patienten, die nur Sentinel-positiv waren (IIIA), sieht es allerdings so aus, als ob der Unterschied vielleicht doch noch kleiner wird“, räumt Höller ein.

Michielin kommentiert die zusätzlich durchgeführte Biomarkeranalyse: „Interferon-gamma-Signatur und Tumormutationslast scheinen auch Patienten zu identifizieren, die nicht so sehr von Dabrafenib/Trametinib profitieren und stattdessen Kandidaten für eine Immuntherapie sein könnten. Diese Ergebnisse sind nicht reif, aber es könnte adjuvant eine interessante Strategie für die Patientenselektion werden.“ Nach vier Jahren Follow-up zeigt die CheckMate­067­-Studie mit Nivo1/Ipi3 vs. Nivo3 vs. Ipi3 bei fortgeschrittenem Melanom einen anhaltenden Benefit in der OS-Rate von sieben Prozent für den Kombinations- vs. Nivo-Arm (53 vs. 46 vs. 30%; Hodi FS et al., Abstract LBA44). Michielin betont, dass die Studie nicht dafür gepowert war, den Nivo/Ipimit- dem Nivo-Arm zu vergleichen. „Dennoch müssen wir Entscheidungen für unsere Patienten treffen, und der Benefit erscheint zumindest vom Drei- bis zum Vier-Jahres-Follow-up stabil.“

Die CheckMate­511-­Studie zeigte bei unvorbehandelten Patienten mit Melanom im Stadium III eine signifikant geringere Inzidenz an Grad3-bis-5-Nebenwirkungen mit Nivo3/Ipi1 als mit Nivo1/Ipi3 (33,9 vs. 48,3%; p=0,0059; Lebbé C et al., Abstract LBA47). Hinsichtlich ORR, PFS und OS fanden sich keine signifikanten Unterschiede. Höller: „Die Studie war nicht darauf gepowert, die Effektivität statistisch zu vergleichen. Die Daten lassen eine äquivalente Wirksamkeit annehmen und zeigen eine bessere Verträglichkeit. Somit darf man das Ergebnis eigentlich keinem Patienten vorenthalten und müsste diese Option zumindest besprechen.“ Für Patienten mit Hirnmetastasen seien aber noch weitere Daten abzuwarten.