16. Juni 2017

Dr. Stelzl: Der Hausarzt – Mädchen für alles

Auf meinem Kalender prangt ein wunderbarer Spruch: „Wenn du liebst, was du tust, dann wirst du in deinem Leben nie wieder arbeiten müssen.“ Dem konnte ich in den letzten Tagen nur zustimmen. Ein angenehmer Flow von Patienten, Anforderung, aber keine Überforderung, gute Gespräche, freundliche Menschen und eine in ihren Job verliebte Haus­ärztin. Idylle pur. Und Freude darüber, dass ich wahrscheinlich bis zu meinem achtzigsten Lebensjahr arbeiten muss, d.h. arbeiten darf. Irgendwie fast zu schön, um wahr zu sein. Aber heute bricht plötzlich nicht nur Regen über uns herein, sondern auch wieder der ganz normale Praxiswahnsinn. Inklusive Bedürfnis, bereits um zehn Uhr morgens schreiend aus dem Fenster zu springen.

Möglicherweise habe ich in letzter Zeit dieses Bedürfnis wiederholt geäußert. Bisher habe ich ihm aber noch nicht nachgegeben. Ich habe auch noch nicht in die Schreibtischplatte gebissen oder mit den Füßen aufgestampft. Im Moment fühle ich mich wie ein Kelomat mit kaputtem Ventil. Meine Arbeit mag ich immer noch genauso gerne wie gestern. Die meisten meiner Patienten auch. Aber im Gegensatz zu den letzten Tagen ist der heutige so richtig Schwerstarbeit. Schon die Vorsorgepatienten vor der Ordinationszeit sind zäh. Und kaum sind wir „offiziell anwesend“, ist Frau W. am Telefon. Die Gute leidet immer noch an ihrer Panikstörung und fährt immer noch mindestens einmal im Monat per Notarzt in die Klinik. In psychiatrischer Behandlung ist sie bei einem Professor in seiner Privatordi.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune