Die wilden Kinder

Urlaub auf Kreta. Wir landen in einem kleinen Bergdorf. Auf einem Platz mit einer Kirche, alten Bäumen und einem ehemaligen Kinderheim samt Gedenktafel an die Opfer der Nazis spielen Kinder. So wie in meiner Kindheit: Sie laufen, schreien, verstecken sich. Sofort ernennen sie uns „Fremde“ zu Feinden, vor denen es sich zu hüten gilt. Tauchen wir zwischen den Bäumen auf, bewerfen sie uns mit Nüssen und Steinen und kreischen kichernd. Es sind wilde kretische Kinder, die ganz in ihrem Spiel aufgehen. Kein Erwachsener ist in der Nähe, kein Smartphone. Mich hat dieses kurze Schauspiel berührt, und ich bin dankbar, dass ich so eine Szenerie wieder einmal live sehen darf.

Ich denke an die sehr kleinen Kinder, oft noch mit Schnuller, die mit einem Tablet im Kinderwagen sitzen und fasziniert darauf starren. Die Eltern sind froh, dass sie in Ruhe einkaufen gehen können – auch bei uns in der Offizin. Ich denke an Geschichten befreundeter Kindergartenpädagoginnen, die Eltern klarmachten, dass ein Smartphone im Kindergarten nicht erwünscht ist. Den Rat der Mutter, es zu lassen, sonst könne sich das Kind nicht beruhigen, ignorieren sie zu Recht. Zunächst. Wenn dann das Kind drei Stunden durchschreit, weil man ihm das Spielzeug weggenommen hat, erkennen sie, dass sie es mit einem suchtkranken kleinen Menschen zu tun haben, der dringend Therapie braucht.

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