18. Dez. 2019

ESGO 2019: Highlights zum Ovarialkarzinom

Lange gab es keine neuen Daten zum endometrioiden Ovarialkarzinom. Nun wurde beim ESGO eine prognostische Auswertung nach molekularen Subtypen vorgestellt. Weitere Themen waren ein neues Katheterverfahren sowie die Diskussion über PARP-Inhibitoren in der Erstlinientherapie. (krebs:hilfe! 12/19)

Der folgende Artikel gibt einen Überblick über einige Highlights vom Kongress der European Society of Gynaecological Oncology (ESGO), der von 2. bis 5. November in Athen stattgefunden hat.

Neue Klassifizierung beim endometrioiden Ovarialkarzinom

Die Tatsache, dass auch Patientinnen mit frühen, gut differenzierten endometrioiden Ovarialkarzinomen in der Praxis doch immer wieder Rezidive erleiden, wirft Fragen über die prognostische Einteilung auf. Überraschend und erfreulich sind neue Daten zur molekularen Klassifizierung des endometrioiden, platin­resistenten rezidivierten Ovarialkarzinoms (Vanderstichele A et al., ESGO 2019), die eine zuverlässigere prognostische Aussage versprechen. Es gibt eine substanzielle Änderung, seit eine Studie tumorspezifische Aberrationen in der zellfreien DNA von high-grade serösen oder endometrioiden und/oder undifferenzierten platin­resistenten Ovarialkarzinomen analysierte. Es handelt sich um Daten aus der multizentrischen Phase-II­-Studie GANNET 53, die unter anderen auch an Zentren in Österreich durchgeführt wurde.

Die Studie untersuchte die Zugabe des Hsp90­-Inhibitors Ganetespib in Kombination mit Paclitaxel bei p53­-mutierten Ovarialkarzinomen. Eine prospektive translationale Auswertung mit österreichischer Beteiligung identifiziert jetzt vier molekulare Subtypen, die hier entsprechend ihrer Prognose gereiht wurden:

  • Tumore mit einer Mutation des POLEGens (Polymerase ε)
  • mikrosatelliteninstabile hypermutierte Tumore
  • nicht­klassifizierbare Tumore
  • Tumore mit p53­-Mutation

Mithilfe dieser Klassifizierung kann klar differenziert werden – POLE­-mutierte schneiden am besten ab und p53­-mutierte am schlechtesten. „Diese Klassifizierung wird bereits in ersten klinischen Studien übernommen und könnte in Zukunft therapierelevant werden“, erläutert Assoz.-Prof. PD Dr. Christoph Grimm, MedUni Wien.

UtL – ein neues Detektionsverfahren

Unter Führung von Univ.-­Prof. Dr. Paul Speiser, MedUni Wien, wurde ein neuer Katheter für die Uterus- und Tubenlavage (UtL) entwickelt (Speiser P et al., ESGO 2019). Das Verfahren gestattet eine hochsensitive TP53­-Sequenzierung. Die UtL dauerte im Schnitt sechseinhalb Minuten. In der Studie gab es keine schweren Komplikationen während oder nach der UtL. Das Verfahren lieferte ausreichend hohe DNA-­Konzentrationen für eine sensitive deep-­sequencing Mutationsanalyse. Die Daten der Studie untermauern jetzt die Hypothese, dass ein Teil der epithelialen Ovarialkarzinome aus Precursor-­Läsionen der Tuba uterina entstehen. Es gibt eine Markerläsion, mit der Precursor-­Läsionen und Malignome erkannt werden können. Das UtL-­Konzept erfüllt auch die Voraussetzungen für ein potenzielles Screening. Es handelt sich um präliminäre Daten und weitere Untersuchungen laufen.

Andauernde Diskussion über PARP-Inhibitoren

Die beiden bereits beim ESMO vorgestellten Erstlinien-­Studien mit PARP-­Inhibitoren PRIMA und PAOLA­1 sind sicher als herausragend einzustufen und wurden hier nochmals an prominenter Stelle präsentiert (González Martín A et al. bzw. Harter P et al., ESGO 2019). Sie sollten – zusammen mit der VELIA­-Studie – als Basis für die Entwicklung eines Algorithmus dienen, welche Patientinnen welchen PARP­-Inhibitor als Erhaltungstherapie oder als Teil einer Kombinationstherapie erhalten sollten. Letztlich sind die Experten aber zu keinem Ergebnis gekommen, weil die Studien aufgrund unterschiedlicher Therapiekombinationen und Einschlusskriterien nicht vergleichbar sind. Auf medonline diskutiert Grimm die Unterschiede zwischen den Studien.

Neue ESGO/ESMO-Guidelines vorgestellt

Im Rahmen des ESGO­-Kongresses wurde auch auf die aktualisierten Guidelines zu Endometrium-­, Vulva­-, Zervix- und Ovarialkarzinom hingewiesen (Colombo N, et al., Int J Gynecol Cancer 2019; 29: 728– 60). Die Guidelines sind auf der ESGO- bzw. auch der ESMO­-Homepage frei verfügbar. Dazu gibt es auch eine App mit fallspezifischen Algorithmen, die Therapieentscheidungen im klinischen Alltag erleichtern sollen. Die mit fünf Sternen sehr gut bewertete App ist kostenfrei erhältlich auf www.esgo.org/explore/guidelines/ für Androidsysteme bzw. iPhones.

Video: ESGO-Guideline mit Smartphone-App zum Ovarialkarzinom und aktuelle Erkenntnisse zur Lymphadenektomie

Univ.-Prof. Dr. Nicole Concin, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Innsbruck, stellt die neue Guideline zur Therapie von Ovarialkarzinomen vor und erläutert, wann auf eine systematische Lymphadenektomie verzichtet werden kann.

FOTO: MEDONLINE

Video: Neue Klassifizierung beim endometrioiden Ovarialkarzinom und Vergleich der PARP-Inhibitor-Studien

Assoz.-Prof. PD Dr. Christoph Grimm, Universitätsklinik für Gynäkologie der Medizinischen Universität Wien, erklärt im Interview, warum es noch immer keinen Durchbruch für einen Algorithmus gibt, welcher PARP-Inhibitor für welche Patientin am besten geeignet ist.

FOTO: MEDONLINE