27. Feb. 2018

Mit kleinen Händen den Biomarkern auf der Spur

Dr. Kerstin Wimmer, Universitätsklinik für Chirurgie, findet man dank eines Forschungsstipendiums derzeit eher im Labor als im OP. Im Gespräch mit der krebs:hilfe! erklärt die Assistenzärztin, warum Frauen in ihrem Fach – rein anatomisch natürlich – im Vorteil sind. (krebs:hilfe! 1-2/18)

Für ihre PhD-Arbeit erhielt Wimmer im letzten Jahr das Georg-Stumpf-Stipendium für Krebsforschung der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgische Onkologie. Darin erforscht die 29-Jährige Biomarker, die das Ansprechen von neoadjuvanter Chemotherapie bei frühem Hochrisiko- oder bei lokal-fortgeschrittenem Mammakarzinom vorhersagen könnten.

Chemotherapie noch selektiver

In die Auswertung einbezogen werden Patientinnen der neoadjuvanten ABCSG-34-Studie, die nicht in den experimentellen Arm (Krebsimmunisierung mit der Vakzine Tecemotide), sondern in einen der Kontrollarme randomisiert werden und somit eine Standardchemotherapie mit Epirubicin/Cyclophosphamid gefolgt von Docetaxel erhalten. Blutplasma der beteiligten Frauen wird zum Zeitpunkt der Biopsie (Baseline), vor dem Switch auf Docetaxel (Midtime) und vor der Operation entnommen. Anschließend bestimmt Wimmer die Konzentration von 23 immunmodulatorischen Markern, darunter die Chemokin-Liganden CCL23 und CCL29 sowie den Plasminogenaktivator vom Urokinase-Typ (uPA) und seinen Rezeptor. Der eigentlichen Arbeit ging eine Pilotstudie voraus, die bei Patientinnen mit neoadjuvanter Aromataseinhibitor- Therapie 95 Marker identifizierte, von denen anhand der Literatur jene 23 ausgewählt wurden, die besonders interessant sein könnten. Parallel dazu zieht Wimmer den „Residual Cancer Burden“-Score (RCB-Score) heran, um zu beurteilen, wie gut (0–1) oder schlecht (2–3) der Tumor unter neoadjuvanter Chemotherapie anspricht, einen Verlauf anzugeben und zu sehen, ob bzw. wie dieser Verlauf mit der Konzentration der Biomarker korreliert. Sie hofft, „damit eine Konstellation von Biomarkern zu finden, die uns sagen kann, bei welcher Frau eine neoadjuvante Chemotherapie erfolgversprechend ist“. Geplant ist zudem eine Analyse bei neu diagnostizierten Patienten außerhalb der ABCSG-34-Studie, um die ausgewählten Marker auch prospektiv zu evaluieren.

Erfolg durch Routine

Für Wimmer war vom ersten Praktikum an klar, dass sie Chirurgie wählen würden, weil sie mit den Händen arbeiten wollte. Nach kurzer Assistenzzeit in der Leberchirurgie-Gruppe wechselte sie zur Brustchirurgie. „Das hat mich einfach gereizt, weil man so schnell Rückmeldung bekommt. Man sieht die Patientin in der Ambulanz, es vergehen zwei Wochen, bis alle Untersuchungen gemacht sind, und dann kann man operieren. Wenn der Krebs früh entdeckt wird, ist die Patientin anschließend mit großer Wahrscheinlichkeit geheilt. Das ist ein schönes Arbeiten, weil man sehr schnell helfen kann.“ Wimmer wird in etwa zwei Jahren ihren Facharzt abschließen. Eine Schwierigkeit im Alltag an der Klinik ist es, neben Wissenschaft und Forschung die Chirurgie nicht zu kurz kommen zu lassen. „Denn gut“, so Wimmer, „wird man nur durch die Routine – Geschick und Talent einmal vorausgesetzt.“ Danach gefragt, welche Rolle das Geschlecht in der Chirurgie spiele, zitiert Wimmer Univ.-Prof. Dr. Bernd Gollackner von der Abteilung für Gefäßchirurgie. „Er sagt, Frauen seien viel geschickter, weil sie die kleineren Hände haben.“ Ein weiteres Beispiel ist Univ.-Prof. Dr. Ruth Exner. „Sie und ich sind die einzigen Ärzte im Mamma-Team mit Handschuhgröße 6, also der kleinsten Größe. Und tatsächlich fällt bei Prof. Exner auf, dass sie mit sehr kleinen Schnitten auskommt.“

Chinesisch für Chirurgen

Ein langfristiges Ziel von Wimmer ist die Integration traditioneller chinesischer Medizin (TCM) in ihre jetzige Tätigkeit. „TCM kann man sehr gut mit der Mammachirurgie verbinden. Gerade adjuvant klagen Patientinnen über Hitzewallungen aufgrund der endokrinen Therapie. Diese Nebenwirkung lässt sich hervorragend mit chinesischer Kräutertherapie behandeln. Es gibt auch Extrakte aus Salvia miltiorrhiza, die auf bestimme Brustkrebszellen inhibierend wirken. Hier kennt man bereits bestimmte Mechanismen, die gut publiziert sind. Es wäre daher sehr spannend, TCM auch in die Grundlagenforschung miteinzubringen.“ Schon jetzt empfiehlt Wimmer interessierten Patientinnen, sich parallel zur Schulmedizin an TCM-Mediziner zu wenden, um z.B. die durch Chemotherapie entstandene Hitze mittels Akupunktur auszuleiten. Sie selbst schließt demnächst einen großen Teil ihrer TCM-Ausbildung ab. „Meine Idee wäre, einmal eine TCM-Ambulanz für Brustkrebspatientinnen im AKH anzubieten.“

Weitere Vorschläge für Kandidaten dieser Serie richten Sie bitte an krebshilfe@medizin-medien.at