Ist die Lösung rund statt dreieckig?

Die Ernährungspyramide ist in der Öffentlichkeit bekannt. Mit ihrer Hilfe hat sich zwar das Wissen über gesunde Ernährung in der Bevölkerung erhöht, doch war sie bisher nicht in der Lage, das Übergewicht zu reduzieren. Der „gesunde Teller“ wäre eine Alternative. (Medical Tribune 40/18)

Übergewicht und die damit assoziierten Erkrankungen sind auf dem Vormarsch. Und das, obwohl international schon vieles unternommen wurde, um publik zu machen, wie eine gesunde Ernährung aussieht: Da gibt es die Ernährungspyramiden in verschiedenen Farben und Ausprägungen, die zeigen, wovon man unbesorgt mehr zu sich nehmen kann (Wasser, Tee, Obst, Gemüse) und was selten verzehrt werden sollte (Torte, Eis, Pommes). Auf dieses Modell setzt derzeit nicht nur Österreich, sondern z.B. auch Belgien, wo das Dreieck allerdings auf dem Kopf, oder besser gesagt: auf der Spitze, steht. Dazu hat das flämische Institut für Gesundheit noch ein Bewegungsdreieck gesellt, das zeigt, welche Art von Bewegung täglich bis wöchentlich auf dem Programm stehen sollte. Frankreich setzt hingegen auf ein Ampelsystem, das aus einer Berechnung von Plus- und Minuspunkten resultiert („ Nutri-Score“).

Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm
Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE)

Alles umsonst, sagt Ernährungsmediziner Univ.-Prov. Dr. Kurt Widhalm heute: „Es haben sich dadurch die Ernährungsgewohnheiten nicht wirklich geändert. Diabetes nimmt zu, Übergewicht nimmt zu.“ Dabei scheitert es nicht am Wissen, wie auch eine Evaluation1 im Auftrag des Gesundheitsministeriums schon 2015 zeigte. Die Ernährungspyramide ist bekannt, und sie wird auch richtig interpretiert, nur eines wurde in der Umfrage gewünscht: dass Empfehlungen für Portionsgrößen integriert würden. Die Akademie für Ernährungsmedizin (ÖAIE) hat nun beschlossen, den „Gesunden Teller“ zu forcieren, so wie er von der Harvard Medical School entwickelt worden ist (siehe Abbildung2), ergänzt um Symbole von Nahrungsmitteln. „Wir glauben, dass man mit einer derartigen Darstellung die Bevölkerung besser informieren kann – nicht nur das Wissen ändern kann, sondern vor allem auch das Verhalten ändern kann“, so Widhalm.

Ein bedeutender Vorteil des Tellers sei, dass positiv vermittelt wird, wie die gesunde Ernährung zusammengesetzt ist, anstatt, was man nicht essen soll oder wovon mehr oder wovon weniger. Zu diesem Modell gebe es gute Daten und gute Referenzen. „Der Teller ist ja schon vor Jahren entwickelt worden, und mich wundert, dass den noch niemand aufgenommen hat“, sagt Widhalm und berichtet von einer Befragung unter Ärzten. 90 Prozent hätten geantwortet, dass der Teller seinen Zweck besser erfülle als die Pyramide. Im neuen Studienjahr sollen auch Studenten den Teller ausprobieren, und auch im Rahmen der EDDY-Studie3 der ÖAIE, die mit Schülern der vierten Klasse an einer Schule im 12. Wiener Gemeindebezirk in die nächste Runde geht, soll nun die Praktikabilität des Tellers getestet werden.

Pyramide des Gesundheitsministeriums

Referenzen:
1„Kommen die zentralen Botschaften bei der Bevölkerung an?“, Februar 2015, www.bmgf.gv.at
2© 2011 Harvard University. For more information about the German translation of the Healthy Eating Plate (Der Gesunde Teller), please see The Nutrition Source, Department of Nutrition, Harvard T.H. Chan School of Public Health, http://www.thenutritionsource.org and Harvard Health Publications, harvard.edu.
3Effect of sports and diet trainings to prevent obesity and secondary diseases and to influence young children’s lifestyle

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune