8. Okt. 2019Vorhofflattern

Digitales Herz berechnet Rhythmus

Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sich das individuelle Risiko von Herzrhythmusstörungen und die Wirkung von Therapien durch digitale Simulation abschätzen lassen.

Anatomisches Modell des linken Vorhofs einer 70-jährigen Patientin

Bisher ließ sich das Risiko eines Patienten, atypisches Vorhofflattern zu entwickeln, nicht zuverlässig kalkulieren. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben Forscher nun realitätsnahe Computermodelle des Herzens entwickelt, die es ermöglichen, sämtliche Pfade zu identifizieren, entlang derer die atypischen, kreisenden elektrischen Erregungen eines Vorhofflatterns auftreten können.
Die Abbildung des Herzens erfolgt dabei auf mehreren Ebenen: vom Ionenkanal über Zellen und Gewebe bis zum ganzen Organ. Weiters bei der Programmierung berücksichtigt werden anatomische, elektrophysische und pharmakologische Kriterien. „Somit können die Modelle simulieren, wie eine elektrische Erregung entsteht, wie sie sich über das gesamte Herz ausbreitet und, wie es bei Herzrhythmusstörungen der Fall ist, sich dauerhaft selbst erhält“, so Axel Loewe, Leiter der Arbeitsgruppe Herzmodellierung am Institut für Biomedizinische Technik des KIT.

Maßgeschneiderte Therapien möglich

Neben der Simulation solch grundlegender physiologischer und pathologischer Prozesse befasst sich die Arbeitsgruppe auch mit personalisierten Computermodellen, um das Risiko von Erkrankungen und die Wirkung von Behandlungen individuell zu bestimmen.
Dabei bedienen sich die Forscher bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomographie, um die persönliche Anatomie wie Größe des Herzens und die Form der Vorhöfe zu erfassen. Durch die Einbeziehung der per Elektrokardiogramm aufgezeichneten elektrischen Aktivität des Herzens erwartet man sich, künftig maßgeschneiderte Therapien anbieten zu können.

„Computermodelle bieten eine perfekt kontrollierbare Umgebung für Experimente“, so Loewe. So sei es damit schon möglich, allein kleine Änderungen, beispielsweise im Herzrhythmus, zu simulieren und ihre Folgen für das Gesamtsystem zu berechnen. Die Modelle sollen in Zukunft die klassischen Methoden wie Zell- und Tierexperimente ergänzen und es ermöglichen, neue Therapien ohne Risiko für den Menschen zu testen.

Originalpublikation:
Axel Loewe, Emanuel Poremba, Tobias Oesterlein, Armin Luik, Claus Schmitt, Gunnar Seemann and Olaf Dössel: Patient-Specific Identification of Atrial Flutter Vulnerability – A Computational Approach to Reveal Latent Reentry Pathways. Frontiers in Physiology, 2019. DOI: 10.3389/fphys.2018.01910
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2018.01910/full

Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft