29. Aug. 2016

Sozialer Status korreliert mit Infarkt-Risiko

Ein niedriger sozioökonomischer Status ist mit einem höheren Risiko für einen wiederholten Herzinfarkt oder Schlaganfall assoziiert. Das zeigte eine Studie an rund 30.000 Patienten mit vorangegangenem Herzinfarkt. Dabei erwies sich das Risiko eines weiteren Ereignisses in der höchsten Einkommensstufe im Vergleich zu Personen mit dem niedrigsten Einkommen um 36 Prozent reduziert. Ein erhöhtes Risiko hatten auch Geschiedene im Vergleich zu verheirateten Paaren.

Heartache

„Reichtum oder Armut, Ehe oder Scheidung – diese Parameter haben einen Effekt auf das Risiko für einen zweiten Herzinfarkt oder Schlaganfall“, berichtet Dr. Joel Ohm vom Karolinska University Hospital und Karolinska Institutet in Stockholm. „Fortschritte in der Prävention und Akuttherapie haben das Überleben nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall in den vergangenen Jahrzehnten erhöht. Das Resultat davon ist jedoch, dass mehr Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen leben – in Schweden ist dies nahezu ein Fünftel der Gesamtbevölkerung.“

Die meisten Untersuchungen zur kardiovaskulären Prävention basieren auf Studien mit gesunden Probanden und es ist nicht klar, ob diese Ergebnisse auf bereits erkrankte Patienten übertragbar sind. Der erste Zusammenhang mit sozialem Status und dem zukünftigen Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wurde bereits in den 1950er Jahren nachgewiesen.

Risiko nach stattgehabtem Herzinfarkt

Die im Rahmen des ESC-Kongresses 2016 in Rom präsentierte aktuelle Studie befasste sich mit der Korrelation zwischen sozialem Status bei Patienten, die einen ersten Herzinfarkt überlebt haben, und dem Risiko für einen weiteren Herzinfarkt oder Schlaganfall.

An der Studie nahmen 29.953 Patienten des Schwedischen Nationalen Registers, Secondary Prevention after Heart Intensive Care Admission (SEPHIA) tei, die etwa ein Jahr zuvor von einer kardiologischen Intensivstation nach einer erstmaligen Herzinfarktbehandlung entlassen worden waren. Daten zum Einkommen über die Zeit und der soziale Status (definiert als verfügbares Einkommen, Familienstand und Bildungsgrad) wurden aus dem Statistics Sweden and the National Board of Health and Welfare bezogen.

Familienstatus und Einkommen relevant

Während eines durchschnittlichen Follow-ups von vier Jahren trat bei 2.405 Patienten (acht Prozent) ein Herzinfarkt oder Schlaganfall auf. Nach Bereinigung mit Parametern wie Alter, Geschlecht, Rauchstatus und den definierten Maßen zum sozialen Status, zeigte sich dass Geschiedene ein unabhängiges, um 14 Prozent erhöhtes Risiko für weitere Ereignisse hatten im Vergleich zu Verheirateten. Außerdem war das verfügbare Einkommen unabhängig und linear mit dem Risiko für ein zweites Ereignis assoziiert: Patienten in der höchsten Einkommensstufe hatten ein um 36 Prozent niedrigeres Risiko für ein zweites Ereignis als Patienten in der niedrigsten Einkommensstufe. Ein hohes Bildungsniveau war ebenfalls mit einem niedrigeren Ereignisrisiko verbunden, aber dieser Zusammenhang zeigte nach Bereinigung mit dem Einkommen keine Signifikanz mehr.

Ohm fasst zusammen: „Unsere Studie zeigt, dass in den Jahren nach dem ersten Myokardinfakrt Männer und Frauen mit niedrigem Sozialstatus ein höheres Risiko für ein zweites Ereignis haben. Das ist ein neuer Aspekt, der darauf hinweist, dass auch der soziale Status in das Risikoprofil im Rahmen der Sekundärprävention nach einem Herzinfarkt einbezogen werden sollte. Natürlich können Ärzte ihre Patienten nicht nach dem Einkommen befragen, aber einfache Fragen zu sozialen Variablen wie dem Familienstatus oder Bildungsgrad könnten einen Unterschied machen.“

Andere Risikoeinschätzung für Herz-Patienten erforderlich

Entsprechend den häufig eingesetzten Bewertungstools für kardiovaskuläres Risiko haben Überlebende nach einem Herzinfarkt das höchste mögliche Risiko für nachfolgende Ereignisse unabhängig von anderen Risikofaktoren. Beispielsweise besteht kein Unterschied zwischen dem geschätzten Risiko einer zuvor gesunden 40-jährigen Spanierin und einem stark rauchenden, adipösen, älteren Mann mit Diabetes und hohem Blutdruck aus Finnland. „Die derzeitige Risikoabschätzung wurde für Menschen ohne vorangegangene kardiovaskuläre Erkrankungen entworfen und daher dürfte sie nicht für Patienten mit bereits etablierten kardiovaskulären Erkrankungen angewendet werden“, betont Ohm. „Der soziale Status ist möglicherweise ein besserer Marker, um das Risiko für zukünftige Ereignisse bei Patienten mit stattgehabtem Herzinfarkt zu erfassen. Jedoch ist mehr Forschung erforderlich, um weitere möglicherweise relevante Risikofaktoren festzulegen wie etwa Beruf oder Wohngebiet.“

Quelle:
„Low socioeconomic status is associated with recurrent atherosklerotic cardiovascular disease event in a population with stable coronary heart disease“, Vortrag im Rahmen der Session „Breaking down barriers in secondary prevention“, ESC-Kongress, Rom, 27.8.2016