18. Aug. 2016

Vorhofflimmern und Autounfälle

Die Assoziation ist nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Laut einer kürzlich präsentierten Studie ist bei Personen, die in Autounfälle verwickelt sind, Vorhofflimmern mit einem höheren Sterberisiko assoziiert.

Dieses Ergebnis basiert auf Daten von mehr als einer Million Unfällen und wurde am Kongress CARDIOSTIM – EHRA EUROPACE 2016 präsentiert. Die Autoren der Studie bieten allerdings eine einfache Erklärung an: Personen mit bekanntem Vorhofflimmern sind in der Regel antikoaguliert und haben daher ein höheres Blutungsrisiko als Gesunde.

Car crash on highway at night. Ambulance in background. Focus is on the tire. Selective Focus

Erstellt wurde die Studie auf Basis des Nationwide Inpatient Samples, der größten Krankenhaus-Datenbank der USA mit Daten zu ungefähr 20 Prozent der Hospitalisierungen im gesamten Land. In die Studie aufgenommen wurden fast drei Millionen Autofahrer, Beifahrer und Passanten, die zwischen 2003 und 2012 nach Verkehrsunfällen in Krankenhäuser aufgenommen wurden, davon litten 79 687 (2.6%) unter Vorhofflimmern.

Die Auswertung der Daten ergab eine deutlich erhöhte Sterblichkeit bei Unfallopfern mit Vorhofflimmern. Während bei Personen ohne Vorhofflimmern die Sterblichkeit im Krankenhaus bei 2,6 Prozent lag, betrug sie bei Patienten mit Vorhofflimmern 7,6 Prozent. Auch nach einer Adjustierung hinsichtlich Alter, Geschlecht, Comorbiditäten und Schwere der Verletzungen erhöhte Vorhofflimmern die Mortalität um den Faktor 1,5. Auch der durchschnittliche Krankenhausaufenthalt verlängerte sich um drei Tage. Während Unfallopfer ohne Vorhofflimmern im Durchschnitt nach sechs Tagen entlassen wurden, konnten Patienten mit Vorhofflimmern das Krankenhaus erst nach durchschnittlich neun Tagen verlassen. Das ließ sich direkt in Kosten umrechnen. Die Krankenhauskosten betrugen für Personen ohne Vorhofflimmern im Schnitt $19 615 im Vergleich zu $28 217 für Patienten mit Vorhofflimmern. Die Daten wurden auch im Hinblick auf den CHADS2 Score der Patienten analysiert. Erwartungsgemäß wurde ab einem Score von 2 ein erhöhtes Risiko von Tod, Blutung oder Transfusionsbedarf gefunden.

Dazu Dr. Abhishek Deshmukh von der Mayo Clinic in Rochester, Minnesota, der Erstautor der Studie: „Leider haben wir keine Daten zur Antikoagulation der Patienten. Wir wissen nicht, wer, womit antikoaguliert war. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass dies vor allem auf Patienten mit einem CHADS2 Score von mindestens zwei zutrifft. Wenn diese Personen verletzt werden, kann die Antikoagulation ihre Prognose beeinflussen. Das betrifft besonders die neuen oder direkten oralen Antikoagulantien, deren Wirkung sich nicht so leicht antagonisieren lässt.
An der Entwicklung wirksamer Antidots für die Gruppe der DOACs wird intensiv gearbeitet. Aktuelle Daten dazu werden auch im Rahmen des ESC Kongresses 2016 vorgestellt. So zum Beispiel im Rahmen der Hotline Session am 30. August um 14h, wo die Studie ANNEXA-4 zum Einsatz von Andexanet alfa als Antidot für Faktor Xa Inhibitor bei Patienten mit akuten, schweren Blutungen präsentiert wird.

Auch aktuelle Daten aus dem globalen Register GARFIELD-AF (Global Anticoagulant Registry in the FIELD–Atrial Fibrillation), an dem sich 35 beteiligen und in das mittlerweile mehr als 57,000 eingeschlossen sind, werden im Rahmen des ESC 2016 vorgestellt. GARFIELD soll wertvolle Informationen über die Sicherheit und Wirksamkeit oraler Antikoagulantien im klinischen Alltag liefern. Ein Satellitensymposium zu GARFIELD wird am Samstag, den 27. August von 15:30h bis 17:00h stattfinden.

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