13. Aug. 2015

Gefährliche Tattoo-Entfernung

Bei der Laserbehandlung eines Tätowierungspigments in wässriger Suspension entstehen Stoffe in Konzentrationen, die hoch genug wären, in der Haut Zellschäden zu verursachen.

Mit der zunehmenden Verbreitung von Tätowierungen steigt auch der Trend, diese wieder entfernen zu lassen.
Mit der zunehmenden Verbreitung von Tätowierungen steigt auch der Trend, diese wieder entfernen zu lassen.

Wissenschaftler am Deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bewerteten die Sicherheit der Methoden zur Entfernung von Tätowierungen und bestimmten die Spaltprodukte, die bei Rubinlaserbestrahlung des kupferhaltigen Pigments Phthalocyanin-Blau entstehen. Dazu gehören 1,2-Benzendicarbonitril, Benzonitril, Benzol und Blausäure.

Die Forscher konnten zum ersten Mal zeigen, dass bei der Laserbehandlung eines Tätowierungspigments in wässriger Suspension Stoffe in Konzentrationen entstehen, die hoch genug wären, in der Haut Zellschäden zu verursachen. Mögliche Risiken können je nach Größe der Tätowierung, Pigmentkonzentration, Körperstelle, Bestrahlungsdosis sowie der verwendeten Wellenlänge des Lasers unterschiedlich sein.

Die Ergebnisse zur Forschung bei der Tattooenfernung wurden am 5. August 2015 in der zur Nature Publishing Group gehörenden Zeitschrift Scientific Reports veröffentlicht. Ein englischsprachiger Übersichtsartikel dazu wurde vor in der Fachzeitschrift The Lancet publiziert.

Werden nicht länger erwünschte Tätowierungen durch Laserbehandlungen entfernt, besteht womöglich ein Risiko der Fragmentierung von Pigmenten in toxische oder krebserregende Bestandteile. Die Art der möglichen chemischen Abbauprodukte und ihre Langzeitwirkungen nach Freisetzung und systemischer Verteilung im Organismus sind dabei größtenteils unklar. Bislang sind Daten zum laserbedingten Abbau von in Tätowierungsmitteln verwendeten Pigmenten nur für einige Azofarbstoffen verfügbar. Daten zum Zerfall von eher lichtbeständigen Molekülen wie etwa Phthalocyaninen fehlten. So gab es zu Kupfer-Phthalocyanin (auch als Phthalocyanin-Blau oder Pigment B15:3 bekannt) – offenbar derzeit das einzige in Tätowierungen verwendete und auf dem europäischen Markt erhältliche blaue organische Pigment – bisher keine Daten zu dessen Sicherheit als Tätowierungsmittel oder über dessen Zerfallsverhalten.

Rubinlaserbestrahlung von Kupfer-Phthalocyanin

In der klinischen Dermatologie werden unter anderem Rubinlaser häufig für die Entfernung blauer Tätowierungen verwendet. Hierbei erfolgt wellenlängenspezifisch eine hitzebedingte Spaltung des Pigments. In der BfR-Studie wurde der laserinduzierte und temperaturabhängige Abbau des Blaupigments Kupfer-Phthalocyanin simuliert. Alle flüchtigen Abbauprodukte wurden mittels gaschromatographischer (GC) Trennung und anschließender massenspektrometrischer (MS) Analyse bestimmt. Da Analysen mittels Pyrolyse-GC/MS (Py-GC/MS) weitere Hinweise auf das Vorhandensein flüchtiger und hochgiftiger Verbindungen wie Blausäure (HCN) und Benzol lieferten, hat das BfR eine dynamische Headspace (DHS)-Methode entwickelt, um dadurch jeglichen Verlust solcher Verbindungen während der Aufbereitung und Analyse auszuschließen. Unter Anwendung der DHS–GC/MS in Kombination mit zweidimensionaler Gaschromatographie, gekoppelt an Flugzeitmassenspektrometrie (GCxGC—ToF-MS), ist es gelungen, die erwarteten Verbindungen sehr empfindlich und spezifisch nachzuweisen.

Unter sämtlichen Verbindungen, die durch Rubinlaserbestrahlung von Kupfer-Phthalocyanin entstehen, ist Blausäure (HCN) aufgrund ihrer starken Zytotoxizität von besonderer Bedeutung. Sie ist seit langem als farbloses, schnell wirkendes toxisches Gas bekannt. Überträgt man die vom BfR nachgewiesenen Mengen an HCN auf die Situation im menschlichen Körper (in vivo), so könnten in bestimmten Gewebsschichten durch Laserbehandlung HCN-Konzentrationen von bis zu 30 Mikrogramm (µg) pro Milliliter (ml) entstehen. Obwohl die orale Einnahme und das Einatmen die häufigsten Arten der Cyanidvergiftung darstellen, sind auch immer wieder Fälle gesundheitlicher Beeinträchtigungen nach Aufnahme über die Haut beschrieben worden. So ist anzunehmen, dass lokale Pigmentkonzentrationen von ca. 30 μg/ml HCN, die in gut durchbluteten Gewebeschichten auftreten können, ein mögliches gesundheitliches Risiko darstellen, insbesondere dann, wenn extrem große Tätowierungen bestrahlt werden (z.B. Oberarm > 500 cm2).

Derzeit gibt es mehrere Verfahren der Tattoo-Entfernung. Allerdings ist der Erfolg nicht garantiert, und es bestehen gesundheitliche Risiken wie Narbenbildung und allergische Reaktionen.

Während die Entfernung mittels Laser zu toxischen Spaltprodukten führen kann, steht bei der chirurgischen Entfernung des entsprechenden Hautareals die Infektionsgefahr im Vordergrund. Dem BfR wurden beispielsweise bereits im Jahr 2011 einzelne Fälle gemeldet, in denen nach der Anwendung flüssiger Tattoo-Entferner unerwünschte Wirkungen aufgetreten sind. In einigen Fällen kam es zu schweren Entzündungsreaktionen der Haut mit Narbenbildung.

Das BfR rät, Tattooentfernungen nur mittels medizinisch anerkannter Verfahren und von geschultem Personal in entsprechenden Einrichtungen vornehmen zu lassen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten in jedem Fall umfassend über die möglichen Risiken der Tattooentfernung aufgeklärt werden.

Ines Schreiver, Christoph Hutzler, Andreas Luch
Formation of highly toxic hydrogen cyanide upon ruby laser irradiation of the tattoo pigment phthalocyanine blue
Scientific Reports 5, Published 05 August 2015, doi:10.1038/srep12915

Peter Laux, Tewes Tralau, Jutta Tentschert, Annegret Blume, Sascha Al Dahouk, Wolfgang Bäumler, Eric Bernstein, Beatrice Bocca, Alessandro Alimonti, Helen Colebrook, Christa de Cuyper, Lars Dähne, Urs Hauri, Paul C Howard, Paul Janssen, Linda Katz, Bruce Klitzman, Nicolas Kluger, Lars Krutak, Thomas Platzek, Victoria Scott-Lang, Jørgen Serup, Wera Teubner, Ines Schreiver, Elena Wilkniß, Andreas Luch
A medical-toxicological view of tattooing
The Lancet, Published Online: 23 July 2015, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(15)60215-X

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)