11. Sep. 2014

Fall der Woche: Ständiger Juckreiz raubt den Schlaf

JuckreizFrau W. (58 J.) kommt mit ihrer 17-jährigen Tochter in Ihre Ordination. „Seit zirka zwei Wochen habe ich diesen unerträglichen Juckreiz am ganzen Körper und vor allem an den Armen. Bei meiner Tochter geht das nun schon seit fast einem Monat. Sie hat schon lauter Wunden“, erklärt die Patientin ihr aktuelles Problem. Es stellt sich heraus, dass die beiden unter keinerlei Allergien leiden, es wurden keine neuen Kosmetika, Bodylotion oder Waschmittel verwendet. Vorerkrankungen bestehen auch keine. Beide leiden vor allem nachts unter der Wärme der Bettdecke an dem Juckreiz, dadurch schlafen sie sehr schlecht. Als Sie sich die Haut Ihrer beiden Patientinnen genauer ansehen, finden Sie mehrere papulöse bis urtikarielle Exantheme vor allem an den Extremitäten und interdigital. Generell ist die Haut sehr trocken und an vielen Stellen aufgekratzt und leicht blutig verkrustet. Woran leiden Ihre beiden Patientinnen, und können Sie ihnen rasch helfen?

„Es besteht der hochgradige Verdacht auf eine Scabies-Infektion“

Dr. Gabriela Fidler-StrakaDr. Gabriela Fidler-Straka
Ärztin f. Allgemeinmedizin, Spillern
Bei den Patientinnen besteht auf Grund der Anamnese sowie der beschriebenen Effloreszenzen der hochgradige Verdacht auf eine Scabies-Infektion. Insbesondere die interdigitale Lokalisation lässt mich an dieses Krankheitsbild denken.
„Wissen Sie“, sagt die Mutter, „eigentlich wollten wir zum Hautarzt, dort haben wir aber erst in drei Wochen einen Termin bekommen.“ Wir beruhigen die Patientinnen und erklären ihnen, dass auch von hausärztlicher Seite durch die Behandlung mit einer 5-prozentigen Permethrin-Creme (z.B. Infectoscab) rasch geholfen werden kann. Das Auftragen der Creme hat zwar nur einmalig, dafür jedoch sehr präzise zu erfolgen. Des weiteren werde ich Kontaktpersonen (Partner, Familienmitglieder) ebenfalls in die Ordination bestellen, untersuchen und mit allen Betroffenen über die einzuhaltenden Hygienemaßnahmen sprechen (Händehygiene, Kürzung der Fingernägel, tägliche Wäsche von Bekleidung, Bettwäsche und Handtüchern bei mind. 60°C über zwei Wochen, nicht waschbare Bekleidung über einige Tage in luftdichte Plastikbeutel).
Sollten zwei Wochen nach der Erstbehandlung weiter Symptome bestehen bzw. Effloreszenzen sichtbar sein, so muss die Behandlung wiederholt werden oder gar eine stationäre Einweisung erfolgen. Dies lässt mich an einen erst kurz zurückliegenden Scabies-Befall mit mehreren betroffenen Patienten in einem Pflegeheim denken, wo sich Therapie und Hygienemaßnahmen auf Grund der Komorbiditäten wie auch der räumlichen Verhältnisse mit vielen Pflegekräften äußerst schwierig gestalteten und der Befall sich somit über Monate hinzog.
Mit meiner zwanzigjährigen Erfahrung als Hausärztin mit einer Lehrpraxis habe ich zuletzt eine deutliche Zunahme an Scabies- Fällen bemerkt. Dies verdeutlicht für mich einmal mehr den Stellenwert der Hygiene im privaten wie auch im medizinischen Bereich und dabei insbesondere in der Ausbildung junger Kollegen.

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