16. Apr. 2018

Freiwillige helfen Delir-Gefährdeten

Das Klinikum Schwarzach startet ein Delir-Präventionsprogramm, das auf multiprofessionelle Zusammenarbeit setzt. (Medical Tribune 13/18)

Trigler und Keglevic sind zufrieden mit der Pilotphase in Schwarzach.

Nach einer Pilotphase auf zwei chirurgischen Stationen wird in Schwarzach ein Programm zur Delir-Prävention stufenweise auf das gesamte Krankenhaus ausgerollt. „Wir stützen uns dabei auf das in den USA entwickelte ‚Hospital Elder Life Program‘ – kurz H.E.L.P.* –, das weltweit als das umfassendste, am besten evaluierte und wirksamste Multikomponenten-Programm zur Prävention, Diagnostik und Therapie des Delirs bei älteren Patienten im Akutspital gilt”, erklärt Projektleiterin Maria Trigler. Konzipiert wurde H.E.L.P. von Prof. Sharon K. Inouye von der Harvard Medical School in Boston. Es setzt auf eine hohe Sensibilität für Risikopatienten und auf multiprofessionelle Kooperation. Bei der Umsetzung des Programms vernetzte Schwarzach sich mit dem Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld, das als erstes Krankenhaus in Deutschland eine auf die lokalen Bedingungen adaptierte Version implementiert hat.**

Bestandteile von H.E.L.P. sind fachärztliche Delirpräventionsvisiten sowie Assessments und Delir-Screenings durch das Pflegepersonal, aber auch die Schulung von Mitarbeitern sowie die Beratung Angehöriger. Nicht zuletzt kommt freiwilligen Helfern eine besondere Rolle zu: Sie begleiten, orientieren und aktivieren die Patienten während ihrer täglichen Besuche, indem sie mit ihnen spazieren gehen, plaudern oder ihnen aus der Zeitung vorlesen. Sie achten auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr und Nahrungsaufnahme. Fallen ihnen mögliche Delir-Anzeichen auf, informieren sie die Krankenhausmitarbeiter. Zwei Freiwillige sind im Rahmen des „Freiwilligen Sozialen Jahres“ (FSJ, www.fsj-at.org) bereits seit Oktober Teil des H.E.L.P.-Teams. Nun werden weitere Interessenten gesucht. Wer ehrenamtlich mitarbeiten möchte, kann sich unter freiwilligenarbeit@ksklinikum.at melden.

* www.hospitalelderlifeprogram.org
** http://evkb.de/ueber-das-evkb/help-programm.html

NACHGEFRAGT

Welche Erfahrungen haben Sie während der Pilotphase gemacht?
„Bereits in der mehrmonatigen Pilotphase unseres Programms hat sich eine deutliche Reduktion der Zuweisungen mit der Diagnose „delirantes Zustandsbild“ bei gleichzeitiger Zunahme von Zuweisungen zu Präventions- Delirkonsiliaruntersuchungen gezeigt. Dabei erfolgt eine sogenannte Delirpräventionsvisite in Anwesenheit der leitenden Stationsschwester, um die Risikofaktoren – insbesondere auch Polypharmazie – eingehend zu erheben. Entsprechende Empfehlungen werden an die unmittelbar behandelnden Kollegen übermittelt. Mit diesem Zeitpunkt beginnen auch regelmäßige Delir-Screenings durch das Pflegepersonal der Station, und eine Unterstützung durch den Einsatz von Freiwilligen wird angeboten. Als erste Ergebnisse der Projekt- Pilotphase können nun die Abnahme an deliranten Zuständen festgestellt werden, die entsprechenden Aufenthaltsdauern sind deutlich zurückgegangen, die Zufriedenheit der betroffenen Patienten ist sehr hoch, das Wissen sowohl in der Pflege als auch der Ärzte über nicht alkoholbedingte Delirien ist deutlich gestiegen und der Umgang mit diesem Erkrankungsbild hat sich deutlich verbessert.“
Primar Dr. Marc Keglevic,
Leiter der Psychiatrischen Abteilung, Klinikum Schwarzach

PH

 

 

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune