25. Aug. 2017

Dr. Stelzl: Allgemeinmediziner sein will gelernt sein

Ich sitze im Warteraum meines Physiotherapeuten und blättere in einer Zeitschrift. Da geht die Tür auf und heraus kommt der Kollege K. Keine Ahnung, wo wir uns erstmals über den Weg gelaufen sind. In irgendeinem Krankenhaus im letzten Jahrhundert oder vielleicht bei einer Studentenparty, wurscht. Jedenfalls vor Ewigkeiten: „Ulli?“, sieht er mich fragend an. Ja, 15 oder mehr Jahre verändern einen Menschen. Nachtdienste, Praxisgründung und Existenz­ängste garantieren für Augenringe als Krankenhausarzt oder frisch Niedergelassener. Wenn man dann etwas länger in der Praxis ist, sorgen die Patientenzahlen, der Bürokratiewahnsinn, die Gesundheitspolitik und die Krankenkassen auch nicht gerade für frischen Teint und strahlendes Aussehen. Auch drohende Gesundheitsreformen oder ELGA fungieren nicht als Verjüngungskur. Aber ich finde, ich sehe eigentlich ganz gut erhalten aus.

B wie Berufsvorstellungen

Natürlich hätte ich ein wenig mehr an der Substanzerhaltung (und Ausbesserung) arbeiten können. Jetzt, da ich bald meinen letzten Vierziger feiere, merke ich schon die Unterschiede zu manch einer Altersgenossin, die zwischendurch einmal in der Schönheitsklinik unweit von Graz auf der Laßnitzhöhe eingecheckt war oder das eine oder andere Botoxspritzerl zur Glättung intus hat. Ich hatte für sowas nie Zeit oder kein Geld. Aber ehrlicherweise war ich nur zu feig. Ich kriege ja schon die Krise, wenn ich eine Impfung brauche oder meine Zahnärztin den Bohrer aufheulen lässt. Nie in meinem Leben würde ich den Mut aufbringen, freiwillig irgendwas an mir herumschnipseln oder spritzen zu lassen. „Du hast dich überhaupt nicht verändert!“, sagt K. Ich finde das lieb, vielleicht hat er auch nur grauen Star? Oder er ist so altersweitsichtig wie ich. Vor der Anfertigung meiner neuesten ultrascharfen Gleitsichtbrille war ich der Meinung gewesen, ich hätte endlich auf meine alten Tage eine makellose Gesichtshaut. Jetzt weiß ich es besser. Ich hatte nur all die großen Poren und Wimmerln nicht mehr gesehen. Von den Falten ganz zu schweigen.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune