21. Feb. 2018

Podcast: Thromboserisiko in der Schwangerschaft

Die Familienanamnese stellt einen unabhängigen Risikofaktor für Thrombosen in der Schwangerschaft dar. Dr. Rainer B. Zotz gibt Anhaltspunkte zur Risikoeinschätzung.

In dieser Folge des GTH 2018 Konferenzpodcasts geht es um Frauengesundheit. Genauer gesagt um das Thromboserisiko in der Schwangerschaft und im Wochenbett. Die Beurteilung des Thromboserisikos bei Schwangeren ist nicht trivial, so gibt eine Metastudie der Cochrane Collaboration aus dem Jahr 2014 keine eindeutige Empfehlung. Ein thematischer Block am ersten Konferenztag gibt in dieser Frage Anhaltspunkte. Ich spreche mit dem Hämostaseologen Rainer B. Zotz.

Familienanamnese als unabhängiger Risikofaktor

Zotz präsentierte Forschungserbnisse, die zeigen, dass eine Thromboseneigung in der Familie ein Risiko für die Schwangere bedeutet. Während in der Vergangenheit die Familienanamnese ein Anhaltspunkt war, nach genetischen Faktoren zu suchen, soll sie nun als unabhängiges Risiko betrachtet werden.

Überweisung zum Hämostaseologen

Ein angeborener Faktor wie eine heterozygote Faktor-V-Leiden-Mutation alleine ist noch kein Grund eine Thromboseprophylaxe zu verordnen. Kommen die Familienanamnese oder erworbene Risiken zu den angeborenen Faktoren dazu, spricht das schon eher für Antikoagulation. Solche Risiken sind etwa Adipositas, Immobilität, entzündliche Darmerkrankungen oder vorangegangene, unerklärte Aborte. Um das Risiko umfassend abzuklären, sollen Schwangere jedenfalls routinemäßig nach ihrer Familiengeschichte in Hinblick auf Thromboseneigung gefragt werden. Kommen zwei Risikofaktoren zusammen, ist es angezeigt, die Patientin einem Hämatologen oder einer Hämatologin vorzustellen und um eine Therapieempfehlung zu bitten.

Wann ist eine Prophylaxe angezeigt?

Das absolute Thromboserisiko in der Schwangerschaft ist klein. Es stellt sich die Frage, wo die Grenze zu ziehen ist. Verschiedene Leitlinien geben keine einhellige Antwort, ab wann eine Thromboseprophylaxe angezeigt ist. Europäische Leitlinien raten ab einem Gesamtrisiko von 3 % zu diesem Schritt. Zotz würde eine Intervention bereits bei einem Gesamtrisiko, das größer als 1 % ist, in Erwägung ziehen. Er geht darin mit der kanadischen Leitlinie konform. An erster Stelle sollte jedenfalls ein Antiphospholipidsyndrom ausgeschlossen werden. Wird dieses als Ursache der Thromboseneigung gefunden, ist die erweiterte hämostaseologische Untersuchung und Beratung jedenfalls angezeigt.

Die gleiche Regel gilt im Wochenbett: Kommen mehrere Risikofaktoren zusammen, ist die Gabe von Heparin für 3 bis 6 Wochen postpartal angezeigt.

Referenzen:
Gerhardt et al. Hereditary risk factors for thrombophilia and probability of venous thromboembolism during pregnancy and the puerperium. Blood, 2016, 128. Jg., Nr. 19, S. 2343–2349. DOI: 10.1182/blood-2016-03-703728
http://www.bloodjournal.org/content/128/19/2343
Wilson et al. Prophylaxis for venous thromboembolic disease in pregnancy and the early postnatal period. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 2. Art. No.: CD001689. DOI: 10.1002/14651858.CD001689.pub3
http://www.cochrane.org/CD001689/PREG_preventing-deep-vein-clots-in-pregnancy-and-after-the-birth