18. Jän. 2018

Dr. Pichlbauer: Im Programm beweist die Regierung Mut

Das Kapitel Gesundheit umfasst nur fünf Seiten, dazu noch eine Seite Pflege – aber die haben es in sich, auch wenn es vorerst nur Schlagworte, oder Schlagsätze, sind. Klar ist, dass es, in Bezug auf das Gesundheitswesen, in den letzten 20 Jahren niemals ein mutigeres Regierungsprogramm gab. Üblicherweise wird „Mutiges“ im Rahmen der Verhandlungen derart entstellt, dass das, was übrig bleibt, eine gut klingende Anleitung zum Waschen ohne Nasswerden ist. Nicht diesmal. Da ist einmal die Idee, die 22 Sozialversicherungen (nicht nur Kassen) zu fünf zu fusionieren – ein echter Tabubruch. Zwar wird festgehalten, dass das alles nur mit den Bundesländern und unter Wahrung der partizipativen Selbstverwaltung passieren soll, doch alleine dass es da steht, ist atemberaubend. Betrachtet man dazu, dass dezidiert festgehalten wird, dass es künftig statt föderaler Ärzte-Gesamtverträge nur mehr österreichweite und zudem flexiblere Kassenverträge (die regionale Zu- und Abschläge erlauben) geben soll, so will man der Regierung Reformwillen abkaufen. Niemand stellt so etwas vor, wenn er es nicht umsetzen will, ist doch der politische Schaden passiert, sobald man es ankündigt.

Vetorechte abwarten

Mindestens so mutig ist auch, die Finanzierung von Gesundheit und Pflege gesamtheitlich betrachten zu wollen. Bis dato wurde immer nur bis zur Pflege gedacht, und peinlich genau darauf geachtet, dass Pflege im Sozialsystem vom Gesundheitssystem getrennt blieb. Diese Schnittstelle wird aufgeweicht, denn das Geldleistungsprinzip der Pflege soll durch Gewährung von Sachleistungen komplementiert werden. Ob das alles kommt oder am Ende nur Show ist, wie die meisten Regierungsprogramme der Vergangenheit, werden wir bald erkennen. Denn so revolutionär das alles klingt, in der Umsetzung wird es wesentlich davon abhängen, wer welche Vetorechte erhält. Wenn, wie in der Vergangenheit üblich, Ländern, Kassen, Kammer etc. großzügige Vetorechte eingeräumt werden oder in Gremien immer nur ein Einstimmigkeitsprinzip eingeführt wird, dann wird alles – wie immer – in der Ankündigung stecken bleiben.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune