6. März 2018

MT50: Grippeimpfung – Das empfahlen die Ärzte anno 1977

Alle Jahre wieder – kommt die Grippewelle und damit das Thema Impfen auf uns zu. Aktuell rät sogar die EU dazu: Wegen der europaweiten Grippewelle mahnt die EU-Kommission eine höhere Impfbereitschaft an. „Ich appelliere an alle Bürger in der Europäischen Union, sich selbst und ihre Kinder impfen zu lassen“, sagt der zuständige EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis. „Damit schützt man nicht nur die eigene Person, sondern auch die Mitbürger.“ Schon in den 1970er Jahren hat die Grippeimpfung die Ärzteschaft beschäftigt, wie ein Blick ins MT-Archiv belegt. „Welchen Impfstoff empfehlen Sie?“, fragte die Medical Tribune verschiedene Ärzte im Jahr 1977. Damals übrigens schon ein Thema: ein nasal applizierbarer Impfstoff.

Welche Grippeimpfstoffe wenden Sie an? Welchen Unterschied halten Sie bei den zur Zeit angebotenen Impfstoffen für relevant?

Prof. Ehrengut: Die zur Zeit verfügbaren Influenzaimpfstoffe (inaktiviertes Ganzvirus, Spaltvakzine, Subunitvakzine) haben Vor- und Nachteile. Entscheidend scheint uns, ob dieSubunitvakzine weniger neurale Komplikationen verursacht. Diese Frage kann noch nicht beantwortet werden.

Prof. Gerth: Ich habe sowohl Ganzvirusadsorbat- als auch Spaltvirusadsorbatvakzine und gelegentlich Fluidvakzine verwendet. Erfahrungenmit Subunitvakzine habe ich kaum. Bei Erwachsenen war die Verträglichkeit aller dieser Impfstoffe gut. Bei Kindern unter 10 Jahren verwende ich wegen der besseren Verträglichkeit zwei Injektionen à 0,25 ml Spaltvirusadsorbatimpfstoff. In letzter Zeit ist der Antigengehalt der Impfstoffe verbessert worden, so daß ihre Antigenität ähnlich sein dürfte.
Die Mehrzahl der vorliegenden Untersuchungen spricht jedoch dafür, daß beim Kind ohne Grundimmunität bei Spaltimpfstoffen, wie bei Subunitimpfstoffen, mindestens zwei Injektionen notwendig sind, um eine ausreichende Immunität zu erzielen.

Prof. Kindler: Ich empfehle die Anwendung von Begrivac(R) als Totimpfstoff wegen der geringsten Häufigkeit der Nebenwikrungen (…) bei guter Wirksamkeit. Bezüglich der Influenza-Lebendimpfung muß festgestellt werden, daß der verwandte attenuierte Stamm z.Z. nur schwerlich die wesentlichsten Forderungen nach ausreichendem Abstand zwischen immunogener und reaktiogener Dosis sowie einer in kurzer Zeit möglichen Herstellung und Prüfung des Stammes erfüllt, die für einen Lebendimpfstoff gefordert werden müßten.

Prof. Kuwert: Wir wenden z.Z. die in der Bundesrepublik hergestellten Influenzaimpfstoffe an und befassen uns darüber hinaus sehr stark mit der gereinigten Untereinheitenvakzine Sandovac(R). Wir überprüfen z.Z. gerade vergleichend die immunisierende Aktivität der verschiedenen Impfstofftypen (auch unter Einbezug der Lebendvakzine). Ich kann daher diese Frage erst nach Ablauf des nächsten halben Jahres beantworten.

Dr. Quast: Wegen Voreingenommenheit möchte ich mich der Antwort auf diese Frage enthalten.

Prof. Schär: Inflexal(R), Alorbat (R). Impfstoffe auf der Basis von “Subunits” sind zu bevorzugen, denn in bezug auf die Antigenität sind sie anderen Impfstoffen ebenbürtig, aber die Nebenreaktionen bzw. Lokalreaktionen sind bedeutend geringer. Nachteil dieser Impfstoffe: Preis.

Prof. Stille: Bei der Bewertung der unterschiedlichen Grippeimpfstoffe gibt es widersprüchliche Meinungen. Selbst wenn das Konzept des Pasteurimpfstoffes interessant erscheint, verwenden wir aus alter Tradition Begrivac(R) (Behrin):

A propos Impfungen: Zu Jahresbeginn 1978 stellte Prof. Dr. Huber vom Kinderspital der Landeskrankenanstalten Salzburg klar: “Wir müssen uns daran gewöhnen, daß der Impfplan jährlich überarbeitet werden muß”

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune