14. März 2018

Jungmediziner in der Warteschleife

Horrende Rahmenbedingungen in den Spitälern setzen Jungmediziner unter Handlungszwang. (Medical Tribune 11/18)

Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK)
Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK)

Die Ärztekammer kritisiert lange Wartezeiten für Jungmediziner auf einen Ausbildungsplatz. Bei den Verantwortlichen müssten „die Alarmglocken schrillen“, meint Vizepräsident Dr. Harald Mayer in einer Pressekonferenz. Der Obmann der Spitalsärzte fordert von der Politik mehr Geld zur Schaffung von Ausbildungsplätzen in den Krankenhäusern. Seit Mitte 2015 müssen Jungmediziner nach der Universität eine neunmonatige Basisausbildung an einer Klinik absolvieren. Eine Erhebung der Ärztekammern hat ergeben, dass die Wartezeiten für einen solchen Ausbildungsplatz bis zu einem Jahr betragen, vereinzelt auch länger. Rund 1.200 Studierende schließen jährlich das Studium der Humanmedizin in Österreich ab.

Dramatische Dropout-Rate

„Wir schätzen, dass etwa 300 davon, also ein Viertel, nicht nahtlos in die Basisausbildung in einer Krankenanstalt wechseln kann“, sagt der Obmann der Turnusärzte, Dr. Karlheinz Kornhäusl. Angesichts der bevorstehenden Pensionierungswelle bei den Ärzten und des drohenden Ärztemangels ist für Kornhäusl die Dropout- Rate von 38 Prozent dramatisch. Konkret haben sich von den 1.218 Medizinabsolventen des Jahrganges 2015/16 460 Uni-Abgänger bis 1. Jänner 2018 nicht in die Ärzteliste eintragen lassen. Mayer verweist darauf, dass die 460 Absolventen, die dem System nicht zur Verfügung stehen, dem Staat rund 227 Millionen Euro an Ausbildungskosten verursacht haben. Der volkswirtschaftliche Schaden dabei sei enorm. „Im Vergleich dazu hätte man von der Investition in Ausbildungsstellen einen dreifachen Nutzen: Der finanzielle Aufwand wäre geringer, Absolventen könnten ihre Ausbildung zeitnah abschließen und stehen gleichzeitig dem österreichischen Gesundheitssystem zur Verfügung“, fordert der Ärztekammer-Vizepräsident von den Ländern die dafür nötigen Budgetmittel. Der nahende Ärztemangel zwingt im Umkehrschluss aber auch die Jungmediziner zum Handeln.

Gerade Ambitionierte erhoffen sich jenseits der österreichischen Grenzen ihr berufliches Glück und kehren dem heimischen Gesundheitswesen den Rücken. Für die Zukunft der Medizin wäre ein weiter anhaltender Strom ins Ausland äußerst fatal. Kornhäusl und Mayer fordern die Politik auf, die Rahmenbedingungen rasch zu verbessern, damit die Jungmediziner in Österreich bleiben. Konkret verlangen sie in jedem Spital einen Ausbildungsoberarzt pro Abteilung, der für die Ausbildung des medizinischen Nachwuchses von seinem Dienst freigestellt wird. „Es braucht einen zuständigen Verantwortlichen, der darauf achtet, dass der Jungarzt auch das lernt, was laut Ausbildungsordnung vorgesehen ist.“ Zudem müssten Arbeitsplätze im Spital attraktiver werden. Dafür brauche es die immer wieder geforderte Entlastung der Ärzte von Administrations- und Dokumentationsaufgaben. Der hohe Abgang der Jungärzte ins Ausland hat nicht zuletzt damit zu tun, dass sie dort bessere Ausbildungs- und Rahmenbedingungen vorfinden.

Von: APA/CK

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune