Jahresrückblick Lungenkrebs

Der vorliegende Artikel fasst den aktuellen Stand zu Immunonkologie sowie zu zielgerichteten Therapien bei NSCLC mit Treibermutationen zusammen.

Immunonkologie

PD1-Immuncheckpoint-Therapien waren bisher in verschiedenen Settings erfolgreich – Beispiel der erste zugelassene PD1-Antikörper Nivolumab versus Docetaxel in den Zweitlinienstudien CheckMate 017 und 057 bei Plattenepithel- bzw. Adenokarzinomen (Brahmer JR et al. NEJM 2015, Borghaei H et al., NEJM 2015). Beide Studien zeigten einen Überlebensvorteil mit der Immuntherapie im Stadium IV.

Mit Pembrolizumab wurden in der Studie Keynote 024 auch in der Erstlinie gesteigerte Medianwerte für das progressionsfreie Überleben (PFS) und das OS gegenüber einer Platindoublette gezeigt (Reck M et al., NEJM 2016). Die Subgruppe der Patienten mit einer hohen PD-L1-Expression (TPS≥50%) profitierte besonders. In der Subgruppenanalyse profitierten die Never-Smoker weniger als Raucher und Exraucher. Ansprechdauer (DOR) und Ansprechrate (ORR) waren mit der Immuntherapie besser als mit Chemotherapie und die Zeit bis zum Ansprechen war für beide vergleichbar. In einer aktualisierten Auswertung blieb der Vorteil gegenüber Chemotherapie erhalten. Das mediane OS betrug 30,0 versus 14,2 Monate und die 24-Monats-OS-Raten 51,5 vs. 34,5% (HR 0,63; Brahmer JR et al.,WCLC 2017, OA17.06).

Atezolizumab, der erste zugelassene PD-L1-Antikörper, demonstrierte in der Phase-III-Studie OAK einen OS-Vorteil gegenüber Docetaxel in der Zweitlinie (13,8 vs. 9,6 Monate, HR 0,73; Rittmeyer A et al., Lancet 2017). In dieser Studie profitierten zwar die PD-L1-Hochexprimierer besonders von der Immuntherapie, aber auch PD-L1-negative hatten einen Vorteil (45% der Studienpopulation). Der Therapieerfolg war zudem unabhängig von Histologie, Raucherstatus und Vorliegen von Hirnmetastasen. Wie auch mit Nivolumab und Pembrolizumab beobachtet profitierten Patienten mit EGFR-mutierten Tumoren nicht von der Immuntherapie. In der Gruppe der Hochexprimierer (TC3) war die ORR gegenüber Docetaxel verdreifacht und die Ansprechdauer bedeutend länger. Atezolizumab war erwartungsgemäß besser verträglich als Docetaxel. Pneumonitis, eine immunmediierte Nebenwirkung, war mit einem Prozent für alle Grade (0,7% Grad 3/4) nicht so häufig wie bei den Anti-PD1-Antikörpern. Die 2-Jahres-Auswertung zeigte einen anhaltenden Benefit der Immuntherapie (24-Monats-OS 31 vs. 21%; Satouchi M et al., WCLC 2017, Abstract OA17.07)

Im Vergleich sind Ansprechraten und Nebenwirkungsprofile mit PD1- und PD-L1-Antikörpern vergleichbar, wie eine Analyse von 22 Immuntherapiestudien mit fast 6.000 Patienten zeigte (Pillai RN et al., J Thorac Oncol 2017, Abstract OA03.06). Pneumonitiden traten mit PD-L1-Antikörpern jedoch signifikant seltener auf als mit PD1-Antikörpern (4 vs. 2%, p=0,04).

pall1OA Dr. Georg Pall beantwortet in diesem Video die Frage, ob die Immuntherapie in Zukunft auch als kurative Therapie eingesetzt werden kann.

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Längere Therapie von Vorteil

In der OAK-Studie konnten Patienten mit einem radiologischen Progress nach RECIST-Kriterien eine andere Therapie oder weiterhin Docetaxel bzw. Atezolizumab erhalten (Gandara DR et al., ASCO 2017, Abstract 9001). Die Gabe von Atezolizumab über den Progress hinaus steigerte das 18-Monats-OS gegenüber Docetaxel (26 vs. 18%). Sieben Prozent der Patienten erreichten ein Ansprechen der Targetläsionen um ≥30 Prozent und 49 Prozent eine Stabilisierung der Erkrankung durch die Gabe über die Progression hinaus.

Auch mit Nivolumab ist eine längere Therapie von Vorteil, wie die CheckMate-153-Studie zeigte (Spigel DR et al., ESMO 2017, Abstract 1297O). In dieser Studie erhielten die Patienten entweder kontinuierlich Nivolumab oder nur für ein Jahr mit der Option der Wiederbehandlung im Falle eines Progresses. Sowohl bei Patienten mit Ansprechen als auch bei jenen, die eine Stabilisierung erreichten, war die kontinuierliche Gabe bezüglich PFS überlegen (HR 0,45 bzw. 0,44).

Biomarker

Die Datenlage zu PD-L1 als Biomarker für ein Ansprechen ist uneinheitlich. In einer retrospektiven Analyse der Studien OAK und POPLAR war die Tumormutationslast im Blut (bTMB) mit einem besseren Ansprechen assoziiert (Gandara DR et al., ESMO 2017, Abstract 1295O). Den bTMB kann man bei kommerziellen Anbietern bestimmen lassen. Möglicherweise ist auch eine Kombination beider Marker geeignet: Wenn der bTMB über 16 liegt und gleichzeitig eine hohe PD-L1-Expression vorliegt, dann ist ein gutes Ansprechen auf Immuntherapie anzunehmen.

Eine aktuelle Publikation findet, dass auch das Darmmikrobiom einen Einfluss auf die Wirksamkeit von PD1/PD-L1-Immuncheckpoint-Therapien hat (Routy B et al., Science 2017). Das Vorkommen von Akkermansia muciniphila korrelierte mit dem Ansprechen.

pall1OA Dr. Georg Pall spricht in diesem Video über Neuigkeiten bei Biomarkern in der Immuntherapie.

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NSCLC – Stadium III

Der Einsatz des PD-L1-Antikörpers Durvalumab nach einer platinbasierten Chemoradiotherapie wurde in der doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie PACIFIC bei Patienten mit lokal fortgeschrittenen, inoperablen Tumoren untersucht (Antonia SJ et al., NEJM 2017). Eingeschlossen waren Patienten im Stadium IIIA/B, darunter mehr als ein Drittel mit unbekanntem PD-L1-DStatus. Wie bei allen adjuvanten Studien war die Compliance schlecht – nur 42,7 Prozent beendeten die einjährige Immuntherapie. Mehr Patienten im Placeboarm beendeten die Therapie wegen einer Verschlechterung der Erkrankung (49 vs. 31%), was für die Wirksamkeit der Therapie spricht. Die Zugabe der Immuntherapie verdreifachte das PFS (16,8 vs. 5,6 Monate, HR 0,52, p<0,0001). Besonders zu betonen ist, dass die Immuntherapie die Entstehung von Metastasen reduzierte, insbesondere die Rate an neu entstandenen Hirnmetastasen war halbiert (5,5 vs. 11%). Das fernmetastasenfreie Überleben wird mit 23,2 versus 14,6 Monaten angegeben. Pruritus und Hypothyroidismus waren häufiger als mit Placebo, hingegen traten Pneumonitis und Diarrhoe nicht wesentlich öfter auf.

Andere Tumorentitäten

Beim malignem Pleuramesotheliom korreliert eine hohe PD-L1-Expression mit einer schlechten Prognose. Die MAPS-2-Studie untersuchte Nivolumab versus Nivolumab plus Ipilimumab bei je 57 Patienten, die mindestens eine Vortherapie einschließlich Platin/Pemetrexed erhalten hatten (Scherpereel A et al., ASCO 2017, Abstract LBA8507). Die Krankheitskontrollrate war mit 50 Prozent hoch (44% mit Nivolumab-Monotherapie). Allerdings gab es im Kombinationsarm auch zwei Todesfälle durch immunmediierte Nebenwirkungen.

Nivolumab ± Ipilimumab wurde in der Phase-I/II-Studie CheckMate 032 auch beim kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC) untersucht (Hellmann M et al., ASCO 2017, Abstract 8503). Auch hier zeigte sich ein Vorteil für die Kombination (2-Jahres-OS 26 vs. 14%). Phase-III-Studien mit Nivolumab ± Ipilimumab versus Placebo bzw. mit Nivolumab versus Topotecan oder Amrubicin laufen gerade.

In Österreich läuft die Phase-III-Studie CASPIAN mit Durvalumab an mehreren Zentren (Klinikum Linz, Klinikum Wels, Otto-Wagner-Spital Wien und PMU Salzburg). In dieser Studie wird Durvalumab mit oder ohne Zugabe des CTLA4-Antikörpers Tremelimumab in Kombination mit Platin/Etoposid versus platinbasierter Chemotherapie allein untersucht. Eingeschlossen werden Patienten in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien.

ALK-positives NSCLC

Zweitgenerations-ALK-Inhibitoren

Nach dem ersten zugelassenen ALK-Inhibitor Crizotinib (Studie PROFILE 1014) wurden Zweitgenerations-ALK-Inhibitoren entwickelt.

Ceritinib, das bisher nach Versagen von Crizotinib eingesetzt wurde, erwies sich in der Phase-III-Studie ASCEND 4 in der Erstlinie gegenüber einer Chemotherapie mit Platin/Pemetrexed als überlegen (Soria JC et al., Lancet Oncol 2017). Das mediane PFS war mit 16,6 versus 8,1 Monaten mehr als verdoppelt (HR 0,55, p<0,001). Fast 78 Prozent aller Patienten entwickeln mit Ceritinib Nebenwirkungen, häufig im gastrointestinalen Bereich (Übelkeit, Diarrhoe). Abendliche Einnahme und Supportivtherapien können die Begleiterscheinungen mildern.

In der Phase-I-Studie ASCEND 8 wurden niedrigere Dosierungen (450 bzw. 600mg) eingenommen mit einer fettarmen Mahlzeit mit der Nüchterneinnahme der Standarddosierung von 750mg verglichen (Cho B et al., J Thorac Oncol 2017). Die Ansprechrate lag bei therapienaiven Patienten mit 78 Prozent in der 450mg-Gruppe höher als in der Standardtherapie-Gruppe (70%). Die Krankheitskontrollrate lag über 90 Prozent. Auch der PFS-Medianwert lag mit 17,6 Monaten fast sechs Monate höher als in der Gruppe, die die bisher übliche Dosierung erhielt. Therapieabbrüche, Dosisreduktionen und -unterbrechungen aufgrund von Nebenwirkungen waren in der 450mg-Gruppe seltener als in den höheren Dosisgruppen. 450mg Ceritinib kombiniert mit einer fettarmen Mahlzeit könnte aufgrund der vergleichbaren Wirksamkeit und besseren Verträglichkeit ein neues Behandlungsregime darstellen.

In der Phase-III-Studie ALEX wurde Alectinib in der Erstlinie versus Crizotinib geprüft (Peters S et al., NEJM 2017). Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt einer signifikanten PFS-Verlängerung (Medianwert nicht erreicht vs. 11,1 Monate in der Prüfärzteauswertung, HR 0,47, p<0,0001). 

ZNS-Metastasierung

Eine besondere Herausforderung in der Therapie von ALK-positiven Patienten ist die Hirnmetastasierung. Rund ein Drittel weist bereits bei Diagnosestellung ZNS-Metastasen auf und das ZNS ist unter Crizotinib in der Hälfte aller Fälle der erste Ort der Progression. Der Zweitgenerations-ALK-Inhibitor Alectinib erwies sich in Phase-II-Studien als gut ZNS-wirksam (intrakranielle ORR 64%).

Von besonderem Interesse ist die Auswertung der Subgruppen mit bzw. ohne ZNS-Metastasen zur Baseline der ALEX-Studie (Gadgeel S et al., ESMO 2017, Abstract 1298O_PR). In beiden Gruppen wurde das mediane PFS mit Alectinib nicht erreicht, während es mit Crizotinib 7,4 bzw. 14,8 Monate betrug (HR 0,40 bzw. 0,51). Ein ähnlicher Vorteil für Alectinib wurde auch bei Patienten, die zuvor eine Radiotherapie erhalten hatten, beobachtet.

Die intrakranielle Ansprechrate lag bei zuvor bestrahlten Patienten mit Alectinib bei fast 86 Prozent im Vergleich zu 71 Prozent mit Crizotinib, in der nicht vorbestrahlten Gruppe war der Unterschied noch deutlicher mit fast 79 versus 40 Prozent. Aus der ALEX-Studie geht auch hervor, dass Alectinib die Entstehung von ZNS-Metastasen verzögern kann (HR 0,14). Auf Basis dieser Daten gilt Alectinib als neuer Standard in der Erstlinie.

Next-Generation-TKI bei Resistenz

On-target-Mutationen – Punktmutationen in der Kinasedomäne oder Amplifikationen des ALK-Gens – oder Aktivierung von Bypass-Signalwegen können Resistenz auslösen. Einen Ausweg bieten Drittgenerations-ALK-Inhibitoren, die in Studien geprüft werden.

Am weitesten fortgeschritten ist die klinische Entwicklung von Brigatinib. In der ALTA-Studie wurde der TKI in der Zweitlinie nach Versagen von Crizotinib in zwei Dosierungen untersucht. In einem Update wurden eine Ansprechrate von 55 Prozent und ein PFS von 15,6 Monaten für die 180mg-Dosierung berichtet (Ahn M-J et al., WCLC 2017, Abstract OA 05.05). Brigatinib wirkt bei einigen Punktmutationen, die Resistenz gegen Erst- bzw. Zweitgenerations-TKI vermitteln.

Lorlatinib ist der TKI mit dem breitesten Wirkspektrum. In die noch laufende Phase-II-Studie (NCT01970865) wurden sowohl therapienaive als auch multipel vorbehandelte Patienten eingeschlossen (Felip E et al., ESMO 2017, Abstract 1343P; Shaw A et al., Lancet Oncol 2017). Bei therapienaiven betrug die Ansprechrate 90 Prozent und die Substanz war auch nach Vortherapien mit Crizotinib gefolgt von Alectinib, Brigatinib oder Ceritinib wirksam (ORR 38%, intrakranielle ORR 47%).

Ensartinib erfasst neben ALK sieben weitere Kinasen, darunter MET und ROS1. Nach Crizotinib-Versagen wurde eine Ansprechrate von 72 Prozent und nach mehr als einer Vortherapie eine von 23 Prozent berichtet.

Alle drei TKI drängen in die Erstlinie. Entsprechende Studien laufen bereits: ALTA 1L, CROWN und exalt3. Mit Ensartinib in der Erstlinie wurden erste Daten beim WCLC vorgestellt (ORR 80%, medianes PFS 23,8 Monate, Wakelee H et al., WCLC 2017, Abstract MA 07.02).

EGFR-positives NSCLC

Nach den reversibel bindenden Erstgenerations-EGFR-TKI Erlotinib und Gefitinib wurde mit Afatinib der irreversible Zweitgenerations-TKI zugelassen. Dacomitinib ist ein weiterer irreversibel bindender TKI, der in der Phase-III-Studie ARCHER 1050 mit Gefitinib verglichen wurde (Mok T et al., ASCO 2017, Abstract LBA 9007). Patienten mit Hirnmetastasen waren aus der Studie ausgeschlossen. Es wurde ein PFS-Vorteil von 14,7 versus 9,2 Monaten verzeichnet (HR 0,59). Allerdings ist diese Studie für Europa nicht relevant, weil die Nicht-Asiaten in der Subgruppenanalyse mit einer HR von 0,89 deutlich schlechter abgeschnitten haben als die Asiaten. Außerdem steht in Europa mit Afatinib bereits ein sehr gut wirkender Zweitgenerations-TKI zur Verfügung.

Afatinib zeigte in den Studien LUX-Lung 3 und 6 einen PFS-Vorteil gegenüber Cisplatin plus Pemetrexed bzw. Gemcitabin. In der gepoolten Analyse beider Studien bestand auch ein OS-Vorteil für Patienten mit der häufigen EGFR-Mutation del19. Bei der Punktmutation L858R bestand zwar kein signifikanter OS-Vorteil für Afatinib, aber am Otto-Wagner-Spital wurden auch bei EGFR-L858R-mutierten Tumoren dauerhafte vollständige Remissionen erzielt.

Das Ergebnis des EGFR-Mutationsstatus sollte unbedingt abgewartet werden, um dem Patienten die bestmögliche Therapie geben zu können. Und ganz wichtig – auch bei positivem PD-L1-Status sollte ein EGFR-TKI in der Erstlinie gegeben werden, da sich Immuntherapien bei EGFR-mutierten Tumoren als schlechter wirksam erwiesen haben.

Schließlich erwies sich Afatinib in der Studie LUX-Lung 7 auch gegenüber Gefitinib als wirksamer (24-Monats-PFS 18 vs. 8%, HR 0,73). Die Ansprechrate war mit Afatinib mehr als 20 Prozent höher (66 vs. 42%).

Afatinib hat zwar mehr Nebenwirkungen als die Erstgenerations-TKI, aber mit Dosisanpassungen sind diese ohne Wirkungsverlust beherrschbar. Afatinib überwindet die Blut-Hirn-Schranke und hat sich auch bei ZNS-Metastasen und leptomeningealer Karzinomatose als gut wirksam erwiesen (Tamiya A et al., Anticancer Res 2017). Patienten mit progredienten solitären Hirnmetastasen können unter laufender Therapie auch stereotaktisch bestrahlt werden.

Resistenzmutation T790M

Die Punktmutation T790M ist mit rund 60 Prozent der häufigste Resistenzmechanismus. Mit der Liquid Biopsy kann die klonale Entwicklung gut monitiert werden und bei Auftauchen T790M-positiver ctDNA kann frühzeitig auf den Drittgenerations-TKI Osimertinib umgestellt werden.

Osimertinib war in der Studie AURA 3 bei TKI-vorbehandelten Patienten mit nachgewiesener T790M-Mutation wirksamer als eine platinbasierte Chemotherapie (Mok TM et al., NEJM 2016). Auch Osimertinib ist cerebral aktiv. Das PFS war bei Patienten mit ZNS-Metastasen zur Baseline rund verdoppelt (PFS 8,5 vs. 4,2 Monate, HR 0,32).

Osimertinib wurde in der Studie FLAURA auch in der Erstlinie geprüft- Der Vergleichsarm erhielt eine Standardtherapie mit Erlotinib oder Gefitinib (Soria JC et al., NEJM 2018). Diese Studie hat allerdings methodische Schwächen. Afatinib war aufgrund fehlender Verfügbarkeit im asiatischen Raum im Referenzarm nicht als Therapieoption vorgesehen. Außerdem waren im Referenzarm Patienten mit T790M-de-novo-Mutation eingeschlossen, die in Österreich standardmäßig upfront Osimertinib erhalten hätten. Osimertinib war der Referenztherapie überlegen (PFS 18,9 vs. 10,2 Monate, HR 0,46), auch in allen Subgruppen einschließlich der Patienten mit Hirnmetastasierung. Eine klare Aussage zum Gesamtüberleben nach Osimertinib in der Erstlinie kann auf Basis dieser Studie nicht getroffen werden, da nur ein geringer Teil der T790M-positiven Patienten im Referenzarm später Osimertinib erhielt. Außerdem steht die Auswertung nach Art der Vergleichstherapie – Gefitinib oder Erlotinib – noch aus. Die FLAURA-Studie wird voraussichtlich die derzeitige Therapielandschaft nicht verändern. Bei Resistenz gegen Osimertinib werden häufig MET-Amplifikationen gefunden oder EGFR-T790M/C797S-Doppelmutationen. Studien mit MET-Inhibitoren laufen bereits.

EGFR-TKI adjuvant

In der ADJUVANT-Studie erhielten Patienten mit EGFR-mutierten Tumoren im Stadium II–IIIA (N1–N2) nach der Operation adjuvant entweder Cisplatin/Vinorelbin oder Gefitinib (Wu Y-L, et al., ASCO 2017, Abstract 8500; Zhong WZ et al., Lancet Oncol 2018). Das krankheitsfreie Überleben (DFS) war mit der zielgerichteten Therapie um 10,7 Monate verlängert (28,7 vs. 18 Monate, HR 0,60). Nach drei Jahren laufen die Kurven jedoch zusammen (3-Jahres-DFS 34 vs. 27%). Die OS-Daten fehlen noch, so dass eine adjuvante TKI-Therapie derzeit nicht empfohlen werden kann. 

ROS1-mutiertes NSCLC

Crizotinib wurde 2016 beim ROS1-translozierten NSCLC zugelassen. Die Nachfolgesubstanz Lorlatinib wird derzeit auch bei ROS1-positiven Tumoren untersucht. In einer Phase-II-Studie (NCT01970865) zeigte Lorlatinib unabhängig von Vorbehandlungen eine Ansprechrate von 36 Prozent und die intrakranielle Ansprechrate betrug 56 Prozent (Solomon BJ et al., WCLC 2017, Abstract 8573). Fast alle Crizotinib-vorbehandelten Patienten sprachen auf die Therapie an. 

BRAF-mutiertes NSCLC

Inzwischen liegen die Daten der Erstlinienkohorte aus der Phase-I/II-Zulassungsstudie BRF113928 vor (Planchard D et al., Lancet Oncol 2017). Insgesamt 36 Patienten mit BRAF-V600E-Mutation erhielten Dabrafenib plus Trametinib. Das mediane PFS wird mit 14,6 und das Gesamtüberleben mit 24,6 Monaten angegeben. Das Ansprechen ist hoch (ORR 64%) und dauerhaft (DOR 15,2 Monate. Das klinische Ergebnis liegt damit weit über dem, was üblicherweise mit einer Chemotherapie erreicht werden kann. Die zielgerichtete Kombinationstherapie ist deshalb als neuer Standard für das BRAF-mutierte NSCLC anzusehen.

pall1OA Dr. Georg Pall spricht in diesem Video über Kombinationstherapien bei Immun-Checkpoint-Inhibitoren.

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MET-mutiertes NSCLC

Es treten sowohl MET-Amplifikationen als auch Exon14-Mutationen (MET-del14) auf, letztere mit drei bis vier Prozent bei nicht-squamösen NSCLC und mit 20 bis 30 Prozent bei sarkomatoiden Lungentumoren. Crizotinib erwies sich in der Studie PROFILE 1001 als wirksam (44% partielles Ansprechen, 50% Stabilisierungen; Drilon AE et al., ASCO 2016, Abstract 108). Eine retrospektive Analyse zeigte, dass der Einsatz von MET-Inhibitoren das Gesamtüberleben entscheidend verbessern kann gegenüber Fällen, bei denen nie ein MET-Inhibitor gegeben wurde (24,6 vs. 8,1 Monate; Awad MM et al., ASCO 2017, Abstract 8511). Ebenfalls beim Asco 2017 wurde gezeigt, dass MET-mutierte Patienten kaum von einer Immuncheckpoint-Therapie profitieren (Sabari JK et al., ASCO 2017; Abstract 8511).

OA Dr. Maximilian J. Hochmair (EGFR-, ROS1-, BRAF-, MET-mutierte NSCLC)
Onkologische Ambulanz und Tagesklinik
Otto-Wagner-Spital

OA Dr. Rainer Kolb (Immunonkologie)
Abteilung für Lungenkrankheiten
Klinikum Wels-Grieskirchen

Dr. PhD Romana Wass (ALK-positive NSCLC)
Universitätsklinik für Pneumologie
Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg

Take Home Messages

  • Der PD-L1-Antikörper Atezolizumab ist in der Zweitlinie wirksamer als Docetaxel, sowohl bei PD-L1-Hochexprimierern als auch bei PD-L1-negativen Tumoren.
  • Die Gabe von Atezolizumab über den Progress ist von Vorteil.
  • Die kontinuierliche Gabe von Nivolumab ist der auf ein Jahr begrenzten Gabe überlegen.
  • Tumormutationslast und Darmmikrobiom beeinflussen das Ansprechen auf PD1/PD-L1-Immuntherapien.
  • Adjuvantes Durvalumab reduziert die Metastasierung gegenüber Radiochemotherapie allein.
  • Alectinib ist neuer Erstlinienstandard beim ALK-positiven NSCLC.
  • Ceritinib ist in niedriger Dosierung mit Nahrung besser verträglich und vergleichbar wirksam wie die Standarddosis.
  • Alectinib reduziert die Hirnmetastasierung verglichen mit Crizotinib.
  • Die Drittgenerations-ALK-Inhibitoren Brigatinib, Ensartinib und Lorlatinib sind bei Resistenz wirksam.
  • Dacomitinib ist in der ARCHER-1050-Studie bei asiatischen Patienten signifikant wirksamer als Gefitinib.
  • Afatinib ist bei ZNS-Metastasen und leptomeningealer Erkrankung von Vorteil.
  • Osimertinib steigert das PFS versus Gefitinib oder Erlotinib in der Erstlinienstudie FLAURA.
  • Beim nicht resektablen NSCLC verbessert adjuvantes Gefitinib das PFS gegenüber Chemotherapie im Langzeitverlauf nicht.
  • Dabrafenib plus Trametinib ist neuer Standard beim BRAF-mutierten NSCLC.
  • Crizotinib ist beim MET-del14-mutierten NSCLC wirksam.