23. Aug. 2017

Schlangenbiss: Weltweiter Engpass an Gegengift

23.08.2017 – Für mehr als 100.000 Menschen jährlich endet ein Schlangenbiss tödlich. Hauptursache: Weltweit fehlt das entsprechende Antiserum. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf hat dazu Alarm geschlagen.

Micha Nübling, Leiter der zuständigen WHO-Abteilung bedauert, dass es in vielen Ländern keine eigene Qualitätsprüfung für Medikamente gibt. Dadurch wurden manche Märkte in Afrika über Jahre mit kaum wirksamen Gegengiftmedikamenten aus Asien überschwemmt. Als die Medikamente nicht halfen, wurde die Menschen skeptisch und gingen zu dubiosen Heilern, die natürlich meist auch nichts ausrichten konnten. Dies sei der Grund, warum der Markt mit dem Gegengift „kaputt ging“. Einzig die französische Firma Sanofi hatte ein wirksames Produkt, stellte jedoch 2014 die Produktion ein.

Laut Nübling gibt es insbesondere in Afrika südlich der Sahara große Engpässe. In Afrika gäbe es kein einzig adäquates Mittel, bis zu 30.000 Menschen sterben dort jährlich an Schlangenbissen. In Indien sei die Lage nicht anders. Dort wird zwar ein Gegengift hergestellt, die Produkte seien aber von zweifelhafter Qualität. Dadurch kommt es auch in Indien zu mindestens 50.000 Todesfällen jährlich.

Ein weiteres Problem: Gegengift ist nicht gleich Gegengift. Nach einem Biss hilft nur ein Mittel, das aus den Giftkomponenten  derselben Tierart hergestellt wurde.

Die WHO hat Schlangenbisse nun auf die Liste der vergessenen tropischen Krankheiten gesetzt, um die Aufmerksamkeit für die Misere zu erhöhen und so auch finanzielle Unterstützung aus anderen Ländern zu erhalten. Daneben arbeitet die WHO an Richtlinien zur sicheren Produktion wirksamer Mittel und lässt nun auch selbst diverse neue Produktionen testen. Diese sind erstmals polyvalent, das heißt, sie sollen gegen die Bisse möglichst vieler Arten von Giftschlangen in Afrika südlich der Sahara wirken.

Laut Nübling ist die erste Phase der Labortestung abgeschlossen, weitere Tests auf die Wirksamkeit stehen an. Der Gütestempel der WHO soll die Produktion ankurbeln und die Skepsis der Bevölkerung überwinden. Bis dahin könnte es allerdings noch ein Jahr dauern, so Nübling.

Quelle: APAMED