24. Juni 2017

Malaria-Endemiegebiete im Rückzug

Von der Karte zur medikamentösen Malariaprophylaxe werden immer mehr Länder gestrichen. Warum, berichtete Univ.-Prof. Dr. Hans-Dieter Nothdurft auf der Linzer Reisemedizin-Tagung – und auch, wie Reisende sich sonst gegen das Sumpffieber wappnen können. (Medical Tribune 25/2017)

Quelle: DTG

„Wirklich gute Nachrichten“ brachte Univ.-Prof. Dr. Hans Dieter Nothdurft, Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Klinikum der Universität München, nach Linz auf die Reisemedizinische Tagung mit: Die Zahl der Malaria-endemischen Länder ist letztes Jahr auf 97, jene der Malaria-Fälle weltweit auf 212 Millionen (davon 90 % in Afrika) und jene der Todesfälle weltweit auf 429.000 gesunken1. „Vor allem die Todesfälle von Kindern unter fünf Jahren sind deutlich zurückgegangen.“ Dafür gibt es hauptsächlich zwei Gründe. Das eine sei die „massive Abdeckung“ von mehr als drei Viertel der Malaria-Gebiete mit imprägnierten Moskitonetzen (ITNs) und das andere – „vielleicht noch wichtiger“ – die Verfügbarkeit von Artemisinin-basierten Kombinationstherapeutika (ACTs) auch in kleinen ­„Health Centers“ in der Peripherie.

Bei der Expositionsprophylaxe spiele „nach wie vor die Anwendung von Repellents eine große Rolle, wobei sich herausgestellt hat, dass die Wirkstoffe DEET und Icaridin die besten sind, weil sie am längsten wirken“, sagt Nothdurft. Biologische Mittel wie verschiedene Öle hätten wegen ihrer kurzen Wirkung praktisch keine Bedeutung. Das Tragen von heller Kleidung, die die Haut bedecken, sei ebenfalls wichtig. Zusätzlichen Schutz böte auch, nicht nur Moskitonetze, sondern auch die Kleidung zu imprägnieren. „Es gibt sogar schon Kleidung, in deren Fäden die Imprägnierung enthalten ist.“

Malaria schnell behandeln

Durch eine konsequente Expositionsprophylaxe, vor allem durch die Kombination mehrerer Maßnahmen, verringert sich das Malaria-Risiko laut mehrerer Studien bereits um über 90 %. Für die Malaria-Chemoprophylaxe ist es wichtig, das Risiko innerhalb des Landes zu kennen – jenes von Reisenden, nicht von Einheimischen. Eine Risiko-Nutzen-Kalkulation hängt natürlich auch von Nebenwirkungsrisiken, Resistenzlage und Faktoren wie Kosten, Compliance, Kontraindikationen etc. ab. Seit etlichen Jahren geht es in den Empfehlungen um eine „Strategische Linie“, gezogen anhand der Nebenwirkungsrate und Malaria-Inzidenz bei Reisenden in verschiedenen Ländern. Diese Linie verläuft mit wenigen Ausnahmen zwischen Papua-Neuguinea, Salomonen, West und Ostafrika (Chemoprophylaxe) und Indien, Südostasien sowie Lateinamerika (Notfalltherapie).

„Das Konzept der notfallmäßigen Selbstbehandlung hat eine simple Philosophie: Eine Malaria, die man sofort oder schnell, in ein, zwei Tagen, behandelt, ist in der Regel harmlos. Eine Malaria, die verzögert diagnostiziert und behandelt wird, kann zu erheblichen Organkomplikationen bis hin zum Tod führen.“ Deswegen sei die „Stand-by-Therapie“ keine Verhinderung der Krankheit, sondern eine Verhinderung von schweren Fällen oder gar von Todesfällen. „Hat man bei unklarem Fieber die Möglichkeit, innerhalb von 24 Stunden eine Ambulanz für eine mikroskopische Diagnose aufzusuchen, dann sollte man das auch tun.“ Bestehe keine Möglichkeit, dann im „Zweifelsfall“ lieber einmal zu viel auf Malaria behandeln, rät der Infektiologe. Aber immer erst nach sieben Tagen Aufenthalt in einem Malaria-Gebiet, weil die Inkubationszeit mindestens eine Woche beträgt.

Neue Empfehlungen

Nothdurft brachte – kurz vor der Veröffentlichung – auch die neuesten Empfehlungen zur Malariaprophylaxe2 der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) mit. Als Vorsitzender des DTG-Arbeitsausschusses Reisemedizin erläuterte er die wichtigsten Änderungen 2016/17, an denen auch Kollegen aus der Schweiz und aus Österreich (Dr. Eva Jeschko, Wien), mitgearbeitet haben:

  • Erweiterung einiger Stand-by-Gebiete (= T) in Südamerika; Lombok/Gili-Inseln nur noch T anstatt Chemoprophylaxe (= P); Mauritius Reunion und Turkmenistan sowie Ägypten und Sri Lanka wurden gestrichen.
  • Chloroquin fällt weg in Mittelamerika und Karibik (wegen Fehler in der Anwendung).
  • Malaria-Schnelltests werden generell nicht empfohlen (Ausnahme: ausreichend geschulte Langzeitreisende, Auslandstätige, Auswanderer etc. in entlegenen Gebieten).
  • Doxycyclin: Personen ab 90 kg KG tägliche Dosis 200 mg; Mefloquin: Dosis ab 90 kg KG 1,5 Tabletten/Woche; Artemether/Lumefantrin-Kontraindikationen: Interaktionen mit ART, QT-Verlängerung; nicht zur Prophylaxe geeignet sind Artemisinin-haltige Teeaufgüsse.

Abschließend macht der Reisemediziner noch auf Fakes, v.a. in Südostasien, aufmerksam: Bis zu 50 % der dort in Geschäften (!) gekauften Malaria-Mittel seien gefälscht.

Referenzen:
1 WHO World Malaria Report
2 http://www.dtg.org/fileadmin/user_upload/PDF/DTG_Malaria_2017.pdf, Stand Mai 2017

Quelle: 22. Linzer Reisemedizinische Tagung; April 2017

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune