Besser gegen Migräne gewappnet

cartoon_MigraeneDie Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft hat eine Leitlinie zur nicht-medikamentösen ­Behandlung vorgelegt. Demnach eignet sich diese vor allem zur Vorbeugung der Schmerzepisoden. (Medical Tribune 6/2017)

Etwa zehn Prozent der Bevölkerung leiden an Migräne, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Experten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft haben in ihrer neuen Leitlinie nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten zusammengefasst, die als Ergänzung zu medikamentösen Therapieansätzen zu verstehen sind. Die Therapie des individuellen Patienten sollte daher immer beide Bausteine ­berücksichtigen.

Beratung reduziert die Schmerz-Häufigkeit

Bereits die Beratung der Patienten kann die Häufigkeit der Kopfschmerzen signifikant verringern. Dabei werden die Patienten mit einem zeitlichen Aufwand von mindestens 30 Minuten darüber informiert, wie sie beispielsweise Kopfschmerzauslöser mithilfe eines Kopfschmerztagebuchs erkennen können, welche körperlichen Übungen gegen Migräne helfen und/oder wie sie ihr Schlafverhalten verbessern können. Einen moderaten positiven Effekt hat die Beratung zudem auf die Lebensqualität. Auch internetbasiert scheint Beratung nach derzeitiger Datenlage effektiv zu sein.

Muskelentspannung und Meditation

Die wichtigsten Entspannungsverfahren sind:

  • die progressive Muskelentspannung nach Jacobson,
  • das autogene Training,
  • Meditation.

Insgesamt seien Entspannungstechniken bei der Behandlung der Mi­gräne effektiv und nachhaltig, heißt es in der Leitlinie. Vor allem die Muskelentspannung sei leicht zu erlernen und unkompliziert überall einsetzbar.
Bei regelmäßiger Anwendung lässt sich damit die Anzahl der Migränetage pro Monat um 35 bis 45 Prozent reduzieren. Voraussetzung ist, dass täglich mindestens 15 bis 20 Minuten geübt wird, und das möglichst auch direkt im Alltag, wie beispielsweise am Arbeitsplatz.

Kognitive Verhaltenstherapie

Die Kognitive Verhaltenstherapie wird üblicherweise von approbierten psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt und kann stationär oder ambulant erfolgen. Es stehen speziell für Migräne-Patienten konzipierte standardisierte Programme sowohl für die Einzel- als auch für die Gruppentherapie zur Verfügung. Schwerpunkte der Behandlung sind, den Körper in Belastungssituationen wahrzunehmen und Zusammenhänge zwischen Gedanken und körperlichen Prozessen zu erkennen.

Sodann können Strategien zur Beeinflussung dieser Prozesse erlernt und schließlich ungünstige Einstellungen und Gewohnheiten verändert werden. Eine Kognitive Verhaltenstherapie in Kombination mit medikamentöser Prophylaxe ist beiden jeweiligen Monotherapien überlegen. Der Zeitbedarf beträgt im Mittel etwa zehn bis 25 Stunden. Von der Kognitiven Verhaltenstherapie profitieren besonders Patienten mit sehr hoher Leistungs­orientierung.

Biofeedbackverfahren zur Symptomkontrolle

Zur Prophylaxe von Migräneanfällen werden unterschiedliche Biofeed­backverfahren erfolgreich eingesetzt. Dazu zählen:

  • Vasokonstriktionstraining,
  • Temperatur-Biofeedback,
  • Hautleitwert-Biofeedback,
  • elektromyographisches Biofeedback.

Dabei werden normalerweise unbewusste Signale des Körpers über Sensoren erfasst und dem Patienten zurückgemeldet. Ziel ist es, diese Prozesse willentlich zu beeinflussen. Wahrscheinlich macht weniger die tatsächliche Symptomkontrolle, sondern eher die Überzeugung einer Symptomkontrolle den Erfolg dieses Behandlungsverfahrens aus. Verschiedene Neurofeedbackverfahren mit EEG befinden sich in der Entwicklung.

Wenige Daten zum Nutzen von Ausdauertraining

Schließlich wurde auch der Einfluss von sportlicher Aktivität – Ausdauersport und Bewegungstherapie – auf die Häufigkeit von Migräneattacken untersucht. Allerdings ist die Datenlage hier uneinheitlich und wenig umfangreich.
In den wenigen verfügbaren Untersuchungen mit wenigen Probanden wurde über eine Verringerung der Anfallshäufigkeit und der Schmerzintensität berichtet.

Nicht-medikamentöse ­Behandlung akuter Anfälle

Neben den beschriebenen umfangreichen Arbeiten zur Anfallsprophylaxe existieren sehr begrenzte Daten zur Anwendung von nicht-medikamentösen Verfahren zur Behandlung akuter Migräneanfälle: Demnach kann die BVP (blood volume pulse)-­Biofeedbacktherapie in dieser Situation wirksam sein. Vergleichsdaten zur medikamentösen Therapie liegen nicht vor.

Kropp P et al., Nervenheilkunde 2016; 7–8: 502–515

 

 

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune