6. März 2017

ArzneimittelPROFIL Palbociclib

Michael Gnant, Christian Marth, Günther Steger

Abstract

Trotz Verfügbarkeit zahlreicher hormoneller Therapien ist der Behandlungserfolg beim Hormonrezeptor-(HR)-positiven Mammakarzinom häufig limitiert durch die Entwicklung endokriner Resistenzen. Die Umgehung dieser Resistenzentwicklung stellt daher eine der größten Herausforderungen in der Brustkrebstherapie dar. Ein innovativer Behandlungsansatz wurde durch die Entwicklung sogenannter CDK4/6 Inhibitoren geschaffen. Die Cyklin-abhängigen Kinasen (cyclin-dependent kinase; CDK) vom Typ 4 und 6 (CDK 4/6) ermöglichen den Übertritt der Zelle von der G1 Phase in die S-Phase und fördern damit die Proliferation von Tumorzellen. CDK4/6-Inhibitoren hemmen diese Enzyme gezielt und verhindern damit das unkontrollierte Zellwachstum.

Palbociclib, der erste Vertreter dieser neuen Wirkstoffgruppe, ist hochselektiv für CDK 4 und 6. Er bewirkte in Kombination mit Letrozol in den Studien PALOMA 1 und PALOMA 2 eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS; primärer Studienendpunkt) um zehn Monate (PALOMA 1: 20,2 vs. 10,2 Monate; HR 0,488; p=0,0004; PALOMA 2: 24,8 vs. 14,5 Monate; HR 0,58; p<0,001).

In der Zweitlinien-Studie PALOMA 3 führte Palbociclib in Kombination mit Fulvestrant bei Frauen mit HR-positivem Brustkrebs nach Versagen einer endokrinen Therapie zu einer Verlängerung des PFS-Medianwerts gegenüber Fulvestrant alleine (11,2 vs. 4,6 Monate; HR 0,497; p<0,000001). Die Ergebnisse der PALOMA-3-Studie zeigten insbesondere auch, dass Palbociclib in der Kombination mit Fulvestrant sowohl bei prä- als auch bei postmenopausalen Frauen wirksam ist.

Der klinische Nutzen der Kombinationstherapie gegenüber endokrinen Monotherapien konnte in den drei PALOMA-Studien für alle untersuchten Subgruppen nachgewiesen werden. Die häufigsten Nebenwirkungen unter Palbociclib sind Neutropenie, Leukopenie, Anämie und Thrombozytopenie. Auch Müdigkeit, Fatigue, Übelkeit und Kopfschmerzen waren häufiger als in der Kontrollgruppe. Die Nebenwirkungen waren jedoch gut tolerierbar und konnten durch Dosisreduktion oder vorübergehende Therapieunterbrechung meist gut be herrscht werden.

1. Einleitung

Der Östrogenrezeptor-(estrogen receptor; ER)-Signalweg spielt eine bedeutende Rolle in der Entstehung und Progression von Brustkrebs. Etwa 75% der Mammakarzinome sind Hormonrezeptor-(HR)-positiv und exprimieren Östrogen- und/oder Progesteronrezeptoren (PR; Nadji et al. 2005; Osborne & Schiff 2011). Endokrine Therapien blockieren den ER-Signalweg und stellen die Behandlung der Wahl bei HR-positivem Brustkrebs dar. Postmenopausale Frauen profitieren vor allem von Aromataseinhibitoren wie Letrozol, Anastrozol oder Exemestan. Die Wirksamkeit endokriner Therapien nimmt jedoch typischerweise im Laufe der Zeit ab, die progressionsfreien Intervalle werden mit jeder weiteren endokrinen Therapielinie kürzer (Gnant et al. 2015). Eine mögliche Strategie zur Umgehung oder Verzögerung endokriner Resistenzbildung besteht in der Kombination unterschiedlicher Therapieansätze. Beispielsweise verlängert die gleichzeitige Gabe des Mammalian-target-ofrapamycin(mTOR)-Inhibitors Everolimus mit Exemestan das progressionsfreie Überleben (PFS) um mehr als das Doppelte verglichen mit Exemestan alleine, wenngleich verbunden mit erhöhter Toxizität (Baselga et al. 2012). Die Resultate mehrerer Studien legen nahe, dass auch CDK4/6-Inhibitoren die Resistenzbildung gegenüber endokriner Therapien verzögern können, bei gleichzeitig besserem Nebenwirkungsprofil im Vergleich mit Everolimus (Steger et al. 2016).

2. Wirkmechanismus

Palbociclib ist ein oral bioverfügbarer, reversibler und ATPkompetitiver Inhibitor der Cyclin-abhängigen Kinasen (cyclindependent kinase, CDK) vom Typ 4 und 6 (CDK 4/6) mit IC50</sub>-Werten von 11 bzw. 15nmol/l. Das Pyridopyrimidin-Derivat (Abb. 1) ist hochselektiv für CDK 4/6 und zeigt im Zellmodell keine oder nur wenig Aktivität bei 36 anderen Proteinen, darunter CDK 1, 2 und 5 sowie zahlreiche Tyrosin- und Serin/Threonin-Kinasen (Fry et al. 2004; Toogood et al. 2005). Palbociclib wurde als CDK-Inhibitor der zweiten Generation entwickelt, nachdem Wirkstoffe der ersten Generation wegen ihrer unspezifischen CDK-Hemmung eine erhöhte Toxizität (Neutropenie, gastrointestinale Toxizität, Irritationen an der Infusionsstelle) zeigten (Finn et al. 2016a).

add1Die Dysregulation des Zellzyklus gehört zu den sogenannten „Hallmarks of Cancer“ und führt zu unkontrollierter Zellproliferation (Hanahan & Weinberg 2011). Der Proliferationszyklus eukaryotischer Zellen wird durch CDK 4 und das hochgradig homologe Isoenzym CDK 6 im Komplex mit Cyclin D1 kontrolliert (Abb. 2). CDK 4/6 sind essenziell und steuern den Übertritt der Zelle aus den Wachstumsphasen (G1 und G2) in Phasen der DNA-Replikation (S) und der Mitose (M) (Nurse 2002). Die Expression und Aktivität von Cyclin D1 und CDK 4/6 wird vor allem über den ERSignalweg (Watts et al. 1994; Lamb et al. 2013), aber auch über alternative, ER-unabhängige Mitogene (z.B. Human Epidermal Growth Factor Receptor 2 (HER2) oder den Phosphoinositid-3-Kinase/Protein-Kinase-B(PI3K/AKT)-Signalweg) reguliert (Finn et al. 2016a). Brustkrebs ist assoziiert mit einer Amplifizierung des CCND1-Gens, die zur Überexpression von Cyclin D1 (McIntosh et al. 1995; Sutherland & Musgrove 2002; Arnold & Papanikolaou 2005) oder CDK 4 führt (An et al. 1999). Auch der Verlust von Negativ-Regulatoren der CDK 4/6 wurde beschrieben, zum Beispiel die zur INK4-Familie gehörenden Inhibitoren p16INK4A (codiert vom Gen CDKN2A), p18INK4C sowie andere (Mohammed et al. 2013; Cancer Genome Atlas Network 2012).

In Tumorzellen induziert CDK 4/6 im Komplex mit Cyclin D1 eine Hyperphosphorylierung des Tumorsuppressors Retinoblastoma-Protein (Rb) an den beiden spezifischen Phosphorylierungsstellen Ser780 und Ser795. Dadurch wird der an Rb gebundene Transkriptionsfaktor E2F freigesetzt und der Übertritt der Zelle von der G1- in die S-Phase forciert. Die Hemmung von CDK 4/6 durch Palbociclib verhindert die Hyperphosphorylierung von Rb und damit die Freisetzung von E2F. Die für den Übergang in die S-Phase relevanten Gene werden nicht transkribiert. Die Folge ist ein Arrest des Zellzyklus in der G1-Phase: DNA-Replikation und Zellwachstum werden gestoppt (Finn et al. 2016a). Eine gemeinsame Inhibition von CDK 4 und CDK 6 ist nötig, um die Phosphorylierung von Rb zu unterbinden und die maximale Anti-Tumor-Wirkung zu erreichen (Fry et al. 2004).

3. Pharmakokinetik

Die Daten zur Pharmakokinetik wurden, sofern nicht anders angegeben, der Fachinformation der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) entnommen (http://www.ema.europa.eu/ema; Fachinformation Stand November 2016).

Resorption und Verteilung. Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit von Palbociclib nach einer oral verabreichten Dosis von 125mg beträgt 46%. Die mittlere Maximalkonzentration (Cmax) von Palbociclib wird meist zwischen sechs und zwölf Stunden (=tmax) nach oraler Anwendung erreicht. Im Dosisbereich von 25–225mg steigen die Area under the Curve (AUC) und Cmax annähernd proportional zur Dosis. Bei wiederholter einmal täglicher Einnahme akkumuliert Palbociclib mit einem medianen Akkumulationsverhältnis von 2,4 (Spannweite 1,5–4,2), der Steady State wird innerhalb von acht Tagen erreicht (Fachinformation 2016). Eine Phase-I-Dosis-Eskalationsstudie ergab, dass nach der Gabe von 125mg Palbociclib nach 5,5 Stunden eine mittlere Maximalkonzentration (Cmax) von 97,4ng/ml messbar ist, das Verteilungsvolumen betrug 2.793 Liter (Flaherty et al. 2012).

Metabolisierung und Elimination. Palbociclib unterliegt beim Menschen einer extensiven hepatischen Metabolisierung, vorrangig über Cytochrom-P450-3A (CYP3A) und Sulfotransferase-2A1 (SULT2A1). Nach oraler Anwendung einer Einzeldosis von 125mg wurde Palbociclib primär über Oxidation und Sulfonierung, in geringerem Ausmaß über Acylierung und Glukuronidierung verstoffwechselt. 25,8% der verabreichten Dosis wurden als Amidosulfonsäure-Konjugat über die Fäzes ausgeschieden. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Brustkrebs betrug die mittlere apparente orale Clearance 63 Liter pro Stunde und die mittlere Eliminationshalbwertszeit (t1/2) 28,8 Stunden. 74% der verabreichten Dosis wurden über die Fäzes ausgeschieden, 17% über den Urin. Die Ausscheidung von unverändertem Palbociclib über die Fäzes und den Urin betrug jeweils zwei bzw. sieben Prozent der Dosis.

add2

Arzneimittelinteraktionen. Palbociclib wird vorwiegend durch die Enzyme CYP3A und SULT2A1 metabolisiert. In vivo ist Palbociclib ein schwach zeitabhängiger CYP3A-Inhibitor. Der Wirkstoff weist bei klinisch relevanten Konzentrationen ein geringes Potenzial zur Hemmung der Aktivität organischer Anionentransporter (OAT) OAT1 und OAT3, organischer Kationentransporter (OCT) OCT2, organischer Anionen-transportierender Polypeptide (OATP) OATP1B1 und OATP1B3 und der Gallensalzexportpumpe (Bile Salt Export Pump) auf.

Wechselwirkungen mit Inhibitoren, Induktoren und Substraten von CYP3A. Die gleichzeitige Anwendung starker CYP3AInhibitoren (z.B Clarithromycin, Indinavir, Itraconazol, Ketoconazol, Lopinavir/Ritonavir, Nefazodon, Nelfinavir, Posaconazol, Saquinavir, Telaprevir, Telithromycin, Voriconazol) sowie der Verzehr von Grapefruit oder Grapefruitsaft sollten vermieden werden. Für schwache und mäßig starke CYP3A-Inhibitoren ist keine Dosisanpassung erforderlich.

Die gleichzeitige Anwendung starker CYP3A-Induktoren (z.B. Carbamazepin, Enzalutamid, Phenytoin, Rifampin) sollte vermieden werden, die Kombination mit Johanniskraut-hältigen Präparaten ist kontraindiziert. Für mäßig starke CYP3A-Induktoren sind keine Dosisanpassungen erforderlich.

Die Dosis sensitiver CYP3A-Substrate mit einem engen therapeutischen Index (z.B. Alfentanil, Cyclosporin, Dihydroergotamin, Ergotamin, Everolimus, Fentanyl, Pimozid, Chinidin, Sirolimus und Tacrolimus) muss unter Umständen bei gleichzeitiger Anwendung von Palbociclib reduziert werden, da Palbociclib deren Exposition verstärken kann.

Wechselwirkungen mit säurereduzierenden Arzneimitteln. Die gleichzeitige Gabe mehrerer Dosen des Protonenpumpeninhibitors Rabeprazol mit einer 125mg-Einzeldosis Palbociclib verringert die AUCinf und die Cmax im Vergleich zur alleinigen Gabe von Palbociclib in derselben Dosierung (nüchtern: Cmax: -80%; AUCinf: -62%; nicht nüchtern: Cmax: -41%; AUCinf: -13%). Daher sollte Palbociclib vorzugsweise mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Bei gleichzeitiger Gabe von Palbociclib mit H2-Rezeptor-Antagonisten oder lokalen Antacida ist keine klinisch relevante Beeinflussung der Exposition von Palbociclib zu erwarten, wenn Palbociclib mit Nahrung eingenommen wird.

In-vitro-Studien mit Transportproteinen. Basierend auf In-vitro-Daten hemmt Palbociclib vermutlich den intestinalen, durch P-Glykoprotein (P-gp) und das Breast Cancer Resistance Protein (BCRP) vermittelten, Transport. Daher kann Palbociclib die Wirkungen und Nebenwirkungen von Substanzen, die Substrate von P-gp (z.B. Digoxin, Dabigatran, Colchicin, Pravastatin) oder BCRP (z.B. Rosuvastatin, Sulfasalazin) sind, möglicherweise verstärken. Palbociclib wird möglicherweise auch die Aufnahme des Transporters für organische Kationen OCT1 hemmen und dadurch die Exposition der Wirkstoffsubstrate dieses Transporters erhöhen (z.B. Metformin).

Spezielle Patientengruppen
Alter, Geschlecht und Körpergewicht. Es konnte keine klinisch relevante Auswirkung von Alter, Geschlecht oder Körpergewicht auf die Exposition von Palbociclib beobachtet werden. Bei älteren Patienten ab einem Alter von 65 Jahren ist keine Dosisanpassung erforderlich. Zur Sicherheit und Wirksamkeit von Palbociclib bei Patienten unter 18 Jahren liegen keine Daten vor.

Ethnizität. Während die mittleren AUCinf and Cmax-Werte bei gesunden japanischen Probanden um 30 bzw. 35% höher als bei gesunden nicht asiatischen Probanden waren, blieben die mittleren Steady-State-Ctrough-Werte bei japanischen, asiatischen (nicht japanischen) und nicht asiatischen Brustkrebspatientinnen in der PALOMA-3-Studie vergleichbar. Das Sicherheitsprofil von Palbociclib war in der empfohlenen Dosierung bei japanischen und nicht-japanischen Patienten vergleichbar, für japanische Patienten ist daher keine Dosisanpassung erforderlich.

Leberfunktionsstörungen. Bei Vorliegen einer leicht eingeschränkten Leberfunktion ist keine Dosisanpassung erforder-lich. Bei Patienten mit mäßig oder stark eingeschränkter Leberfunktion soll Palbociclib vorsichtig dosiert werden und ist aufgrund der unvollständigen Datenlage nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko Abwägung und unter sorgfältiger Überwachung von Toxizitätsanzeichen zu verabreichen.

Nierenfunktionsstörungen. Bei Patienten mit leichter bis mäßig schwerer Einschränkung der Nierenfunktion ist keine Dosisanpassung erforderlich. Bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion oder Hämodialyse liegen keine ausreichenden Daten für eine Empfehlung von Dosisanpassungen vor. Bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion soll Palbociclib vorsichtig dosiert werden und ist nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und unter sorgfältiger Überwachung von Toxizitätsanzeichen zu verabreichen.

Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit. Palbociclib beeinträchtigt möglicherweise die männliche Fertilität und Zeugungsfähigkeit (basierend auf nicht klinischen Sicherheitsstudien mit Ratten und Hunden). Beim Menschen liegen keine klinischen Daten über die Auswirkungen auf die Fertilität vor. Männer sollten vor Beginn einer Behandlung mit Palbociclib eine Spermakonservierung in Betracht ziehen.

Es liegen keine oder nur begrenzte Daten zur Anwendung von Palbociclib bei Schwangeren vor. Tierexperimentelle Studien zeigten eine Reproduktionstoxizität. Die Anwendung von Palbociclib während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht verhüten, wird nicht empfohlen. Studien zur Erfassung von Arzneimittelwechselwirkungen bei gleichzeitiger Anwendung von Palbociclib und oralen Kontrazeptiva wurden nicht durchgeführt.

Es liegen keine Studien zu den Auswirkungen von Palbociclib auf die Milchproduktion, das Vorhandensein in der Muttermilch oder zu den Auswirkungen auf das gestillte Kind vor. Mit Palbociclib behandelte Frauen sollten nicht stillen.

4. Pharmakodynamik

4.1. Präklinische Pharmakodynamik

Palbociclib verhindert den Eintritt von humanen, Rb-positiven Tumorzellen (Brust, Colon, Lunge) sowie von humanen Leukämiezellen in die S-Phase und damit deren DNA-Replikation. Im murinen Xenograftmodell reduziert die Substanz das Tumorwachstum von Rb-positiven Brust-, Colon-, Lungen- und Prostatakarzinomzellen sowie Glioblastomzellen. Nach peroraler Gabe therapeutischer Dosen konnte eine dosisabhängige Reduktion der Rb-Phosphorylierung, eine signifikante Abnahme des Proliferationsmarkers Ki-67 sowie eine Downregulierung von Genen, deren Transkription durch E2F gesteuert wird, gezeigt werden. Die Proliferation von Rb-negativen Zellen wird nicht gehemmt, was die spezifische CDK4/6-Inhibition als alleinigen Wirkmechanismus von Palbociclib nahelegt (Fry et al. 2004).

Toxizitätsstudien identifizierten 300mg/m2 Palbociclib als eine Dosis, die schwere Toxizität bei zehn Prozent der getesteten Ratten hervorruft. Ein Zehntel (30mg/m2) zeigte keine schwere, irreversible Toxizität bei Hunden. Diese Dosis entspricht etwa 0,811mg/kg beim Menschen oder 50mg bei einem Körpergewicht von 60kg. Basierend auf diesen Daten wurden 25mg Palbociclib als eine vertretbare Anfangsdosis für erste Humanversuche festgelegt (Flaherty et al. 2012).

4.2. Klinische Pharmakodynamik

Zwei Phase-I-Studien untersuchten die Sicherheit von Verträglichkeit von Palbociclib bei 33 (Schwartz et al. 2011) bzw. 41 (Flaherty et al. 2012) Patienten mit fortgeschrittenem, Rb-positivem Tumor oder Non-Hodgkin Lymphom, die auf keine Standardtherapie ansprachen oder für die keine entsprechende Therapie verfügbar war. Die Patienten erhielten zwischen 25mg und 225mg orales Palbociclib täglich in einem 21-Tage-Zyklus (2 Wochen Therapie/1 Woche Pause; 2:1-Schema) oder 28-Tage-Zyklus (3 Woche Therapie/1 Woche Pause; 3:1-Schema). Diese Untersuchungen identifizierten 200mg im 2:1-Schema (Schwartz et al. 2011) bzw. 125mg im 3:1 Schema (Flaherty et al. 2012) als maximal tolerierbare Dosis (MTD) und damit als geeignete Dosierung(en) für weiterführende Phase-II-Studien. Als einzige dosislimitierende Toxizität (DLT) wurde in beiden Studien Myelosuppression (Neutropenie mit oder ohne Thrombozytopenie) festgestellt.

5. Wirksamkeit

5.1. Erstlinie

5.1.1. Phase-II-Studie PALOMA 1

In der multizentrischen, randomisierten, open label Phase-IIStudie PALOMA 1 (NCT00721409) wurde die Sicherheit und Wirksamkeit von Palbociclib in Kombination mit Letrozol zur Erstlinientherapie von fortgeschrittenem, ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs bei postmenopausalen Frauen untersucht (Finn et al. 2015). Kriterium für den Einschluss war das Vorhandensein nicht operabler Rezidive oder der Nachweis der Metastasierung (fortgeschritten oder de novo diagnostiziert). Die Patientinnen wurden sequenziell in zwei Kohorten rekrutiert, in Kohorte 1 allein auf Basis des Biomarkerstatus ER-positiv und HER2-negativ. Für die Aufnahme in Kohorte 2 musste zusätzlich eine nachgewiesene CCND1-Amplifizierung und/ oder ein Verlust von p16INK4A (CDKN2A-Genaberrationen) vorliegen.

Die 165 inkludierten Patientinnen erhielten Letrozol (2,5mg täglich, oral) in Kombination mit Palbociclib (125mg täglich, 3:1-Schema, oral; n=84) oder nur Letrozol in derselben Dosierung (n=81). Die Behandlung wurde bis zur Progression der Erkrankung, dem Auftreten inakzeptabler Nebenwirkungen, zurückgezogener Zustimmung oder tödlichem Ausgang fortgeführt.

Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben (PFS) in der lokalen Auswertung (investigator assessment), sekundäre Endpunkte waren das PFS in der unabhängigen zentralen Auswertung, die objektive Ansprechrate (ORR, vollständiges oder partielles Ansprechen, CR bzw. PR), der klinische Nutzen (Clinical Benefit Rate, [CBR], d.h. CR, PR oder stabile Erkrankung [SD] über mindestens 24 Wochen), die mediane Ansprechdauer (DOR), das Gesamtüberleben (OS) und die Sicherheit. Außerdem wurden Biomarker-Analysen aus Serum und Gewebe durchgeführt.

Zum Zeitpunkt der finalen Auswertung betrug das mediane Follow-up 29,0 Monate in der Palbociclib/Letrozol-Gruppe gegenüber 27,9 Monaten in der Letrozol-Gruppe. Das mediane PFS verlängerte sich durch die zusätzliche Gabe von Palbociclib von 10,2 Monaten in der Kontrollgruppe auf 20,2 Monate (HR 0,488; p=0,0004; Tabelle 1). Der Vorteil der Kombinations- gegenüber der Letrozol-Monotherapie war unabhängig von Alter, ECOG-Performance Status, eventueller Vortherapien, Metastasierung (viszeral/nicht viszeral/ausschließlich Knochenbefall) oder genetischer Besonderheiten wie der CCND1-Amplifikation und/oder der CDKN2A-Deletion.

In der Gesamtpopulation (Intention-to-Treat-Analyse) war die objektive Ansprechrate unter Palbociclib im Vergleich zur Kontrollgruppe tendenziell höher, jedoch nicht signifikant (p=0,13): die ORR war in der Palbociclib-Letrozol-Gruppe mit 43% (1 CR, 35 PR) besser als in der Letrozol-Gruppe (33%; 1 CR, 26 PR). Unter jenen Frauen mit messbarer Erkrankung nach RECIST-Kriterien (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors) war der Vorteil einer zusätzlichen Palbociclib-Gabe signifikant und die ORR höher (55 versus 39%; p=0,047). Die „clinical benefit rate“ war mit der Palbociclib/Letrozol-Kombinationstherapie im Vergleich zur Letrozol-Monotherapie in der Gesamtpopulation signifikant höher (CBR 81 versus 58%; p=0,0009). Die mediane Dauer des Tumoransprechens (DOR) war in der Palbociclib-Gruppe länger verglichen mit der Kontrollgruppe (20,3 versus 11,1 Monate). Das mediane OS war in beiden Gruppen vergleichbar und betrug 37,5 Monate in der Palbociclib/Letrozol-Gruppe und 33,3 Monate in der Letrozol-Gruppe (p=0,42).

tab1

5.1.2. Phase-III-Studie PALOMA 2

PALOMA 2 (NCT01740427) wurde als multizentrische, randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie geführt (Finn et al. 2016b). Sie wurde initiiert, um die Ergebnisse von PALOMA 1 (Phase-II-Studie, open label Design) bezüglich der Wirksamkeit und Sicherheit von Palbociclib an einem größeren Patientenkollektiv zu untermauern. PALOMA 2 dient als Basis für die europaweite Zulassung von Palbociclib zur Erstlinientherapie bei metastasiertem, ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs postmenopausaler Frauen.

Primärer Studienendpunkt war das PFS in der lokalen Auswertung, wichtige sekundäre Endpunkte waren OS, ORR, der klinischen Nutzen (CBR= CR + PR + SD über mehr als 24 Wochen), die Lebensqualität sowie die Sicherheit.

Zum Zeitpunkt der ersten Zwischenanalyse betrug das mediane PFS 24,8 Monate in der Verumgruppe gegenüber 14,5 Monaten in der Kontrollgruppe (HR 0,58; p<0,001). Die unabhängige zentrale Auswertung bestätigte den PFS-Vorteil für Palbociclib (30,5 vs. 19,3 Monate, HR 0,65, p=0,001).

Die ORR war in der Palbociclib-Letrozol-Gruppe höher als in der Letrozol-Gruppe (Gesamtpopulation: 42 versus 35%; p=0,06; Gruppe mit messbarer Erkrankung: 55 vs. 44%; p=0,03). Insgesamt zeigten 85% der Patientinnen einen klinischen Vorteil mit der Kombinationstherapie (versus 70% aus der Kontrollgruppe; p<0,001). Der klinische Nutzen einer Palbociclib-Therapie konnte für alle untersuchten Subgruppen nachgewiesen werden und war unabhängig von Alter, Rasse, Metastasierungsart (viszeral/nicht viszeral), vorhergehender Hormon- oder Chemotherapien (ja/nein), messbarer Erkrankung (ja/nein) sowie dem ECOG-Performance Status.

5.2. Zweitlinie: Phase-III-Studie PALOMA 3

In der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie PALOMA 3 (NCT01942135) wurde die Wirksamkeit von Palbociclib in Kombination mit Fulvestrant bei fortgeschrittenem, ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs untersucht, der sich resistent (Rückfall oder Progression) gegen mindestens eine vorangehende Hormontherapie (Aromatasehemmer und/oder Tamoxifen) erwiesen hatte. Kriterium für den Einschluss war ein messbares Tumorgeschehen nach RECIST-Kriterien (77,9% der Frauen) oder Knochenbefall (osteolytisch und/oder osteoblastisch). Frauen wurden unabhängig von ihrem menopausalen Status rekrutiert (prä- oder perimenopausal: 20,7%; postmenopausal: 79,3%).

Insgesamt 521 Frauen wurden in die Studie aufgenommen und erhielten 2:1 randomisiert Palbociclib (125mg oral, 3:1-Schema) und Fulvestrant (500mg i.m. alle 14 Tage für die ersten drei Injektionen, danach alle 28 Tage; n=347) oder Placebo und Fulvestrant (n=174). Prä- und perimenopausale Frauen erhielten zusätzlich Goserelin. Die Therapie wurde bis zur Progression, dem Auftreten schwerwiegender Nebenwirkungen, zurückgezogener Zustimmung oder dem Tod fortgeführt.

tab2

Primärer Endpunkt der Studie war PFS gemäß RECIST-Kriterien in der lokalen Auswertung. Sekundäre Endpunkte beinhalteten das mediane OS sowie die Ein-, Zwei- und Drei-JahresÜberlebensraten, ORR, die Ansprechdauer, die CBR sowie die Sicherheit und Pharmakokinetik von Palbociclib. Zusätzlich wurden standardisierte Fragebögen der EuroQol-Group sowie der EORTC (European Organisation for Research and Treatment of Cancer) verwendet, um Daten zur Lebensqualität (EQ-5D, EORTC QLQ-C30) und dem subjektiven Schweregrad von Begleitsymptomen (EORTC QLQ-BR23) zu erheben.

5.2.1. Primäranalyse

Nach einem medianen Follow-up von 5,6 Monaten wurde die Primäranalyse der PALOMA-3-Studie durchgeführt (Turner et al. 2015). Das PFS in der Kontrollgruppe betrug zu diesem Zeitpunkt 3,8 Monate und konnte durch Palbociclib signifikant gesteigert werden (9,2 Monate; HR 0,42; p<0,001). Die Auswertung im zentralen Review bestätigte dieses Ergebnis. Der PFS-Medianwert wurde im Verumarm innerhalb des Beobachtungszeitraums nicht erreicht, im Placeboarm betrug das PFS 3,7 Monate (HR 0,27, p<0,001; Tabelle 2). Palbociclib verzögerte die Progression unabhängig von Alter, Rasse, menopausalem Status, Metastasierungsmuster (viszeral/nicht viszeral), Progesteronrezeptorstatus (PR-positiv oder PR-negativ), Anzahl an erhaltenen Vortherapien oder Sensitivität gegenüber vorausgehenden Hormontherapien. Die ORR lag bei 10,4% in der Palbociclib/Fulvestrant-Gruppe gegenüber 6,3% in der Fulvestrant-Gruppe (p=0,16). 34% der Patientinnen, die mit Palbociclib behandelt wurden, bzw. 19% der Frauen aus der Kontrollgruppe zogen einen klinischen Nutzen aus der jeweiligen Therapie (Ansprechen oder anhaltend stabile Erkrankung über mindestens 24 Wochen; p<0,001). Die Anzahl der Todesfälle war zum Zeitpunkt der Auswertung zu gering, um valide Aussagen zum Gesamtüberleben zu treffen (5,5% Todesfälle in der Palbociclib- bzw. 5,2% in der Fulvestrant-Gruppe). Follow-up-Untersuchungen zum Gesamtüberleben laufen noch.

5.2.2. Finale Analyse

Die finale PFS-Analyse (Stichtag: 16. März 2015) der PALOMA-3-Studie (Cristofanilli et al. 2016) präsentiert ergänzende Studiendaten nach einem medianen Follow-up von 8,9 Monaten. 55% der Palbociclib/Fulvestrant-Gruppe und 29% der Placebo/Fulvestrant-Gruppe führten die zugewiesene Therapie über diesen Zeitraum hinaus weiter fort. Patientinnen, die Palbociclib einnahmen, brachen die Therapie aufgrund fortschreitender Erkrankung seltener ab als Patientinnen der Kontrollgruppe (37 versus 61%). Die Finalanalyse bestätigte die Ergebnisse der Primäranalyse und berichtet ein verlängertes PFS unter Palbociclib (9,5 versus 4,6 Monate; HR 0,46 p<0,0001; Tabelle 2). Die objektive Ansprechrate war unter Frauen mit messbarer Erkrankung nach RECIST-Kriterien in der Palbociclib-Gruppe höher als in der Kontrollgruppe (24,6 versus 10,9%; p=0,0012). Die Zeit bis zum Ansprechen auf die Therapie war in der Palbociclib-Gruppe länger (112 versus 57 Tage). Die finale Analyse bestätigte, dass die Wirksamkeit von Palbociclib unabhängig von den untersuchten Subgruppenpopulationen ist. Auch der zusätzlich untersuchte Mutationsstatus des Gens der Phosphoinositid-3-Kinase (PIK3CA) hatte keine Auswirkung auf den Vorteil der Palbociclib/Fulvestrant-Kombination oder den Hormonrezeptor-(ER)-Status.

Die Fachinformation 2016 präsentiert darüber hinaus ergänzende Daten einer späteren lokalen Auswertung der PALOMA-3-Studie (Stichtag: 23. Oktober 2015). Demzufolge bewirkte Palbociclib/Fulvestrant eine Verlängerung des PFS von 4,6 auf 11,2 Monate (HR 0,497; p<0,000001). Die ORR lag bei 21,0% in der Palbociclib/Fulvestrant-Gruppe verglichen mit Placebo/Fulvestrant (8,6%), bei Patientinnen mit messbarer Erkrankung war die ORR in der Palbociclib-Gruppe ebenfalls höher im Vergleich zur Kontrolle (27,3% vs. 10,9%). Auch die CBR war in der Palbociclib/Fulvestrant-Gruppe höher als in der Placebo/Fulvestrant Gruppe (66,3% vs. 39,7%; Fachinformation 2016).

5.2.3. Lebensqualität

Patientinnen, die Palbociclib einnahmen, berichteten in den EORTC-Fragebögen QLQ-C30 und QLQ-BR23 tendenziell über eine höhere Lebensqualität verglichen mit der Kontrollgruppe (quality of life score, QOL: 66,1 versus 63,0; p=0,0313). Palbociclib wirkte sich subjektiv positiv auf emotionale Fähigkeiten (p=0,0016), Schmerzen (p=0,0011) und Übelkeit/Erbrechen (p=0,0369) der Frauen aus, verstärkte aber die Beunruhigung der Frauen bezüglich ihres Haarverlustes (p=0,0255; Harbeck et al. 2016).

tab3

6. Verträglichkeit

Die häufigsten Nebenwirkungen unter Palbociclib (in Kombination mit Fulvestrant oder Letrozol) sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Die beiden Phase-III-Studien PALOMA 2 und PALOMA 3 zeigten, dass Palbociclib besonders das Auftreten von hämatologischen Toxizitäten begünstigt. Frauen, die Palbociclib einnahmen, entwickelten häufiger einer Neutropenie (PALOMA 2:80%; PALOMA 3: 81%) als Patientinnen der Kontrollgruppen (7 bzw. 4%). Bei 65–66% der Frauen trat eine Neutropenie vom Schweregrad 3 oder 4 auf, in den Kontrollgruppen waren davon nur ein bis zwei Prozent der Patientinnen betroffen. Febrile Neutropenien traten jedoch unter Palbociclib selten auf (PALOMA 2: 1,6 vs. 0%, PALOMA 3: je 1% für beide Arme). Auch Anämien, Leukopenien und Thrombozytopenien wurden unter Palbociclib häufiger beobachtet. Weitere, nicht hämatologische Nebenwirkungen in den Palbociclib-Gruppen umfassten Infektionen, Fatigue, Übelkeit, Alopezie, Hautausschläge und Stomatitis.

QTcF-Verlängerung. Obwohl die Untersuchung bei 77 Brustkrebspatientinnen ergab, dass Palbociclib in der empfohlenen Dosierung das korrigierte QT-Intervall (QTcF) nicht signifikant verlängert (Fachinformation 2016), stehen CDK4/6-Inhibitoren wie Palbociclib (beobachtet an Hunden: Fachinformation 2016), Ribociclib und Abemaciclib dennoch im Verdacht, eine klinisch relevante Verlängerung des QTcF-Intervalls bewirken zu können. In einer Studie von Infante et al. (2016) zeigte sich für Ribociclib eine dosisabhängige QTcF-Verlängerung (9% bei 600mg täglich und 33% bei >600mg täglich). In der Phase-IIIStudie MONALEESA 2 (NCT01958021) hatten 3,0% der Patientinnen eine Grad-2-QTcF-Verlängerung (481–500ms) und 0,3% eine Grad-3-QTcF-Verlängerung (>500ms) mit 600mg Ribociclib pro Tag (Hortobagyi et al. 2016). Abemaciclib wird gerade diesbezüglich in einer Studie untersucht (NCT02677844). Wei-tere Untersuchungen müssen klären, ob es sich um einen Klasseneffekt handelt oder ob Palbociclib hier einen Vorteil gegenüber anderen CDK4/6-Inhibitoren besitzen könnte.

7. Dosierung und Verabreichung

Die empfohlene Dosierung beträgt einmal täglich 125mg Palbociclib oral mit einer Mahlzeit eingenommen für 21 Tage, gefolgt von einer siebentägigen Unterbrechung (28-Tage-Zyklus;3:1-Schema).

Bei gleichzeitiger Gabe von Letrozol wird eine Dosis von 2,5mg Letrozol einmal täglich während des gesamten 28-Tage-Zyklus empfohlen (ohne Unterbrechung).

Bei gleichzeitiger Gabe von Fulvestrant beträgt die empfohlene Dosierung 500mg Fulvestrant i.m. an den Tagen 1, 15 und 29 und danach einmal pro Monat. Frauen in der Prä- oder Perimenopause, die Palbociclib gemeinsam mit Letrozol oder Fulvestrant einnehmen, sollten zusätzlich einen LHRH-(luteinizing hormone-releasing hormone)-Agonisten entsprechend der gegenwärtigen guten klinischen Praxis erhalten (Fachinformation 2016).

8. Zulassungsstatus

In den USA wurde Palbociclib in Kombination mit Letrozol bereits im Februar 2015 auf Basis der Phase-II-Studie PALOMA 1 zur Therapie von postmenopausalen Frauen mit Östrogenrezeptor-(ER)-positivem und human-epidermal-growth-factorreceptor-2(HER2)-negativem fortgeschrittenem Brustkrebs als Erstlinientherapie zugelassen. In der EU ist Palbociclib seit November 2016 zugelassen zur Behandlung von Hormonrezeptor-(HR)-positivem, HER2-negativem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs in Kombination mit einem Aromatasehemmer oder in Kombination mit Fulvestrant bei Frauen, die zuvor eine endokrine Therapie erhielten.

9. Bewertung und Aussichten

Mit der Einführung von Therapeutika wie Everolimus und Palbociclib wurden duale Therapiekonzepte geschaffen, die in Kombination mit hormoneller Therapie eine effektive Behandlung des HR-positiven, fortgeschrittenen Mammakarzinoms (Luminal-B-Karzinom) ermöglichen. Dadurch kann sich der Einsatz von belastenden Chemotherapien auf spätere Therapielinien verschieben.

Palbociclib ist der erste Vertreter der sogenannten CDK4/6-Inhibitoren und verlängerte in Kombination mit Letrozol oder Fulvestrant die Zeit bis zur Progression bei HR-positivem, HER2-negativem Brustkrebs in allen untersuchten Subgruppen. Die in den beiden Phase-III-Studien PALOMA 2 und PALOMA 3 erfassten Nebenwirkungen waren gut tolerierbar. Mit einer Inzidenz von 80% war Neutropenie am häufigsten, jedoch waren febrile Neutropenien sehr selten. Im Gegensatz zu klassischen Chemotherapeutika ist die Palbociclib-vermittelte Neutropenie reversibel, da die Myelosuppression durch den Zell-Zyklus-Arrest und nicht durch Apoptose bedingt ist (Hu et al. 2016).

In vitro waren Zelllinien mit erhöhter Expression von pRb bzw. Cyclin D1 oder verringerter p16-Expression besonders sensitiv für Palbociclib. Die Hoffnung, daraus prädiktive Marker ableiten zu können, erfüllte sich jedoch bisher nicht. Die in PALOMA 1 untersuchte Subgruppe mit erhöhter Cyclin-D1- und/oder reduzierter p16-Expression hatte keinen Behandlungsvorteil gegenüber Frauen ohne diese speziellen Biomarker.

Weitere CDK4/6-Inhibitoren stehen kurz vor der Zulassung bzw. werden in Phase III geprüft. In der Phase-III-Studie MONALEESA 2 (NCT01958021) bewirkte Ribociclib als Zugabe zu Letrozol in der Erstlinie einen ähnlich großen PFS-Vorteil wie Palbociclib in der PALOMA-2-Studie (18-Monats-PFS 63,0 vs. 42,2%, HR=0,56; Hortobagyi et al. 2016). Dieses Ergebnis bestätigt die hervorragende Wirksamkeit von CDK4/6-Inhibitoren in einem dualen Therapiekonzept. Abemaciclib wird in Phase III in der Erst- bzw. Zweitlinie noch geprüft (MONARCH 3, NCT02246621 bzw. MONARCH 2; NCT02107703).

Die Autoren

Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant
Universitätsklinik für Chirurgie und Comprehensive Cancer
Center
Brustgesundheitszentrum Wien
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien
E-Mail: michael.gnant@meduniwien.ac.at

Univ.-Prof. Dr. Christian Marth
Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Medizinische Universität Innsbruck
Anichstraße 35, 6020 Innsbruck
E-Mail: christian.marth@uki.at

Univ.-Prof. Dr. Günther Steger
Universitätsklinik für Innere Medizin und Comprehensive
Cancer Center
Klinische Abteilung für Onkologie
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien
E-Mail: guenther.steger@meduniwien.ac.at

Palbociclib wird derzeit auch in weiteren Therapiesettings untersucht. Die PEARL-Studie (NCT02028507) vergleicht Palbociclib plus Exemestan oder Fulvestrant mit Capecitabin bei Frauen mit fortgeschrittenem, HR-positivem, HER2-negativem Brustkrebs mit Resistenz gegenüber nicht steroidalen Aromatasehemmern. In der PENELOPE-B-Studie (NCT01864746) wird Palbociclib in Kombination mit endokriner Therapie an HRpositiven Brustkrebspatientinnen mit Tumorrezidiv nach neoadjuvanter Chemotherapie getestet. Der Einsatz von Palbociclib in der adjuvanten Therapie bei HR-positivem, HER2-negativem Mammakarzinom im Frühstadium wird im Rahmen der PALLAS-Studie (NCT02513394) untersucht.

Die laufenden Studien werden den Stellenwert dieses neuen Therapiekonzepts bereits in absehbarer Zeit besser definieren. Es besteht die realistische Hoffnung, dass durch CDK4/6-Inhibitoren wie Palbociclib die Prognose von Patientinnen mit ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs deutlich verbessert werden kann.

Download: ArzneimittelPROFIL Palbociclib Februar 2017

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10. Abkürzungen

AUC Area under the Curve
BCRP Breast Cancer Resistance Protein
CBR Clinical Benefit Rate
CDK cyclin-dependent kinase, Cyclin-abhängige Kinase
Cmax Maximalkonzentration
CR complete response, vollständiges Ansprechen
CYP3A Cytochrom-P450-3A Isoenzym
DLT dosislimitierende Toxizität
DOR duration of response; Ansprechdauer
EORTC European Organisation for Research and Treatment of Cancer
ER Estrogenrezeptor
HER2 human epidermal growth factor receptor 2
HR Hormonrezeptor
MTD maximal tolerierbare Dosis
OAT organische Anionentransporter
OATP organische Anionen-transportierende Polypeptide
OCT organische Kationentransporter
ORR objective response rate, objektive Ansprechrate
OS overall survival, Gesamtüberleben
P-gp Glykoprotein
PFS progression-free survival, progressionsfreies Überleben
PI3K/AKT Phosphoinositid-3-Kinase/Protein-Kinase B
PR partial response, partielles Ansprechen
QOL quality of life score
QTc korrigiertes QT-Intervall
RECIST Response Evaluation Criteria in Solid Tumors
Rb Retinoblastoma-Protein
SD Krankheitsstabilisierung
SULT2A1 Sulfotransferase-2A1 Isoenzym
t1/2 Eliminationshalbwertszeit

 

11. Literatur

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12. FKI

Aktuelle Fachinformationen unter: https://www.pfizermed.at/products

PP-IBRAUT-0064/01.2017