30. Dez. 2016

ArzneimittelPROFIL Nivolumab Melanom

Christoph Höller, Van Anh Nguyen

Abstract

Die jüngsten Erfolge mit den Immuncheckpoint-Therapien einerseits und den BRAF/MEK-gerichteten Therapien bei Nachweis der BRAF-V600-Mutation andererseits revolutionierten die Therapie des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Melanoms. Ein Durchbruch in der Immuntherapie gelang mit dem CTLA4-Antikörper Ipilimumab, der erstmals ein Langzeitüberleben bei rund einem Fünftel der Patienten bewirkte. Mit Nivolumab steht seit Juni 2015 die neue Generation der Immuncheckpoint-Therapie zur Verfügung. Der monoklonale Antikörper richtet sich gegen den Rezeptor PD1 („programmed cell death 1“), der an der Down-Regulation tumorreaktiver T-Effektorzellen im Tumorgewebe beteiligt ist.

In der Phase-III-Studie CheckMate-066 bei therapienaiven Melanompatienten war die klinische Wirksamkeit von Nivolumab signifikant besser als die des damaligen Standards Dacarbazin. Dies spiegelte sich in einer um 30% signifikant gesteigerten Ein-Jahres-Überlebensrate (72,9 vs. 42,1%, p<0,0001), einem mehr als verdoppelten progressionsfreien Überleben (PFS 5,1 vs. 2,2 Monate, p<0,0001) und einer fast verdreifachten objektiven Ansprechrate (ORR 40 vs. 13,9%, p<0,0001) wider.

In einer weiteren Phase-III-Erstlinienstudie – CheckMate-067 – wurden die Monotherapien mit Ipilimumab bzw. Nivolumab mit der Kombination beider Antikörper verglichen. Das PFS war mit Nivolumab länger als mit Ipilimumab (6,9 vs. 2,9 Monate; p<0,001) und konnte in der Kombination weiter auf 11,5 Monate gesteigert werden. Die objektiven Ansprechraten (ORR) stiegen in derselben Reihenfolge: Ipilimumab 19%, Nivolumab 43,7% und in der Kombination 57,6%.

1. Einleitung

Die globale Inzidenz des malignen Melanoms steigt kontinuierlichund schneller als bei jedem anderen soliden Tumor.Weltweit gibt es mehr als 160.000 Neuerkrankungen und rund48.000 Todesfalle pro Jahr. Osterreich gehort zu den drei europaischenLandern mit der hochsten Melanominzidenz (Eggermontet al. 2014). Laut Statistik Austria hat sich die altersstandardisierteRate seit 1983 mehr als verdoppelt und liegt heute bei12,3, wobei Manner haufiger betroffen sind als Frauen (www.statistik.at). Eine osterreichische Studie erhob alle histopathologischenMelanom-Diagnosen aus dem Jahr 2011 und erfassteim Gegensatz zum Krebsregister der Statistik Austria auch Falleaus dem niedergelassenen Bereich –insgesamt 5.466 primareDiagnosen (Monshi et al. 2016). Im Westen Osterreichs war dieInzidenz mit 36/100.000 am hochsten. Die Inzidenz invasiverMelanome war mit 25/100.000 doppelt so hoch wie vom Krebsregisterangegeben (12/100.000 bei www.statistik.at).

Melanome zeichnen sich durch invasives Wachstum ausund metastasieren rasch. Nur bei fruhzeitiger Diagnose im Stadium0 oder I und vollstandiger Resektion ist eine Heilung wahrscheinlich.Im fortgeschrittenen Stadium war die Prognose bisvor Kurzem sehr schlecht, da Melanome nur wenig auf Chemotherapienoder Immuntherapien mit Interferon oder Interleukin-2 ansprechen. Neue Entwicklungen auf dem Gebiet derzielgerichteten Therapien bzw. der Immuntherapie haben dieUberlebensdauer erheblich steigern konnen.

Rund 45–50% aller Melanome tragen eine onkogene Treibermutationin der BRAF-Kinase in Position V600. Die Entwicklungvon BRAF-Inhibitoren (Chapman et al. 2011, Hauschild etal. 2012) und neuerdings von BRAF- und MEK-Inhibitor-Kombinationstherapien(Larkin et al. 2014; Long et al. 2014 und 2015;Robert et al. 2015a) konnten das Uberleben auf rund zwei Jahresteigern.

Immuncheckpoint-Therapien stellen eine weitere Option inder Behandlung von fortgeschrittenen Melanomen (unabhangigvom BRAF-Mutationsstatus) dar. Ipilimumab war der ersteImmunmodulator, der gegen den Immuncheckpoint „cytotoxicT-lymphocyte-associated protein 4“ (CTLA4) gerichtet ist. Ergreift in die fruhe Phase der Antigenerkennung und T-Zell-Aktivierung(Priming-Phase) ein. In der Zulassungsstudie von Ipilimumabwurden erstmals Langzeituberlebende beobachtet (Hodiet al. 2010). Neue Immuncheckpoint-Therapien modulierendie Effektor-Phase in der Tumormikroumgebung. Dazu gehorenmonoklonale Antikorper, die gegen den T-Zell-Rezeptor „programmedcell death 1“ (PD1) oder seinen Liganden PD-L1 gerichtetsind (Abb. 1). Der PD1-Antikorper Nivolumab zeigtebereits in Monotherapie viel versprechende Ansprechraten, diedurch Kombination mit Ipilimumab noch gesteigert waren.

2. Wirkmechanismus

Genetische Instabilitat verbunden mit einer hohen Mutationsrateund epigenetischen Modifikationen gehort zu den sogenannten„Hallmarks of Cancer“ (Hanahan & Weinberg 2011).Dies bedingt auch, dass Tumorzellen eine Vielzahl von Neoantigenenexprimieren, die das Immunsystem als fremdartig erkennt.Ein deutlicher Indikator der Immunantwort sind TumorinfiltrierendeLymphozyten (TIL), die bei verschiedenen Krebsformennachweisbar sind (Gooden et al. 2011; Tumeh et al.2014). Die Entwicklung einer spezifischen und protektiven Immunreaktionhangt allerdings nicht nur von der Erkennung desAntigens im Kontext des „major histocompatibilty complex“(MHC) ab, sondern wird ganz wesentlich von der Expressionakzessorischer Membranproteine beeinflusst, die den Verlaufund die Vehemenz der Immunantwort genau regulieren. EineAktivierung spezifischer T-Lymphozyten durch Antigen-prasentierendeZellen (APC) wird zum Beispiel uber die Interaktiondes Co-Rezeptors CD28 mit dem Liganden B7 verstarkt unduber die Interaktion des Co-Rezeptors CTLA4 mit demselbenLiganden verhindert. Diese Mechanismen sind essenziell, umeiner ungebremsten Aktivierung der Immunzellen entgegenzuwirkenund ganz allgemein eine Toleranz gegenuber korpereigenemGewebe sicherzustellen. Der Antikorper Ipilimumabunterbindet die CTLA4-B7-vermittelte Down-Regulation in derAntigen-Erkennungs- und T-Zell-Aktivierungsphase (Priming)und kann die tumorgerichtete Immunantwort verstarken (Meleroet al. 2007, Fong et al. 2008). Allerdings konnen Autoimmunerkrankungenahnelnde Nebenwirkungen auftreten (Wolchok etal. 2010, Hodi et al. 2010).

Ein weiterer immunregulatorischer „Checkpoint“ ist dasMembranprotein PD-1 („programmed cell death 1“, CD279), dasvon Antigen-aktivierten T- und B-Zellen und NK-Zellen exprimiertwird. PD1 ist der Rezeptor fur zwei Liganden: PD-L1 (auchB7-H1, CD274), welcher nach Stimulation mit z.B. Interferon-γ(IFNγ) oder Tumornekrosefaktor-α (TNFα) von vielen Zelltypenexprimiert wird. Der zweite Ligand ist PD-L2 (auch B7-DC,CD273), der vorwiegend auf aktivierten Makropagen und dendritischenZellen vorkommt (Topalian et al. 2012a). Der LigandPD-L1, dessen Expression bei verschiedenen Tumoren, darunterMelanom, nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom und Nierenzellkarzinom,nachgewiesen wurde, kann durch Bindung an PD1 diezytotoxische Funktion Tumor-infiltrierender peripherer Effektor-T-Zellen effektiv unterdrucken (Taube et al. 2014; Abb. 2).

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Nivolumab ist ein monoklonaler humaner Antikoper desIgG4-Subtyps, der mit hoher Affinitat (~3nM) an sein Target PD-1 bindet und somit dessen Interaktion mit den spezifischen LigandenPD-L1 und PD-L2 blockiert (Topalian et al. 2012a). DerIgG4-Isotyp zeichnet sich durch eine verminderte Bindung anFc-Rezeptoren aus, wodurch Komplement-abhangige und Antikorper-abhangige zellulare zytolytische Funktionen minimiertwerden (Wong et al. 2007). Dies reduziert das Risiko einer ungewolltenDepletion aktivierter, PD-1-positiver aktivierter Lymphozytendurch NK-Zellen oder Makrophagen. Bei Nivolumabwurde auch die Hinge-Region durch gentechnisches Einfuhrender Punktmutation S228P stabilisiert, was den Fab-Austauschzwischen IgG-Molekulen reduziert.

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3. Pharmakokinetik

Die Daten zur Pharmakokinetik wurden der Fachinformation entnommen (Fachinformation 2016).

Aufnahme und Verteilung. Die Pharmakokinetik (PK) von Nivolumabist im Dosisbereich von 0,1 bis 10mg/kg linear. Bei einerdem Korpergewicht angepassten Dosierung wurden in einemgrosen Korpergewichtsbereich (34–162kg) ungefahr einheitlicheTalspiegel im Steady State erzielt. Die Clearance (CL) von Nivolumabstieg mit hoherem Korpergewicht an. Bei einer Populations-PK-Analyse betrug die mittlere geometrische CL 9,5ml/h unddie durchschnittliche Exposition im Steady State von Nivolumab(3mg/kg Korpergewicht (KG) alle zwei Wochen) 75,3μg/ml.

Fur die Kombination mit Ipilimumab wird eine CL von9,83ml/h und ein Verteilungsvolumen im Steady State (Vss) von7,62l angegeben. Bei gemeinsamer Gabe war die CL von Nivolumabum 35% erhoht, wahrend die von Ipilimumab nicht verandertwurde. Bei Anwesenheit von Anti-Nivolumab-Antikorpernstieg die CL von Nivolumab in der Kombinationstherapieum 25%. Anti-Ipilimumab-Antikorper hatten keinen Einflussauf die CL von Ipilimumab.

Metabolisierung und Elimination. Der Stoffwechselweg vonNivolumab wurde nicht charakterisiert. Es ist zu erwarten, dassNivolumab uber katabole Stoffwechselwege auf gleiche Weisewie endogene IgG in kleine Peptide und Aminosauren aufgespaltenwird. Die terminale Halbwertszeit betragt in der Monotherapie26,7 Tage (±}101%) und in der Kombination mit Ipilimumab24,1 Tage (±}94,3%).

Arzneimittelinteraktionen
Da monoklonale Antikorper nicht von Cytochrom-P450-Enzymenoder anderen Enzymen des Arzneimittelmetabolismusabgebaut werden, sind keine Interaktionen zu erwarten. Jedochsollte die Anwendung systemischer Kortikosteroide und andererImmunsuppressiva vor Beginn der Nivolumab-Therapie wegender potenziellen Beeinflussung der pharmakodynamischenAktivitat vermieden werden. Nach Beginn der Nivolumab-Behandlungkonnen systemische Kortikosteroide und andere Immunsuppressivazur Behandlung immunvermittelter Nebenwirkungenangewendet werden.

Spezielle Patientengruppen

Eine Populations-PK-Analyse ergab keine Hinweise auf eine Beeinflussungder CL von Nivolumab durch Alter, Geschlecht, Rasse,Tumorart, Tumorgrose und eingeschrankter Leberfunktion.Obwohl der ECOG-Status, die glomerulare Filtrationsrate (GFR)zu Studienbeginn, Albumin, Korpergewicht und leicht eingeschrankteLeberfunktion eine Auswirkung auf die Nivolumab-CL hatte, war diese klinisch nicht relevant.

Schwangerschaft, Stillzeit und Fertilität. Uber die Anwendungvon Nivolumab bei Schwangeren bzw. Stillenden liegen keineDaten vor. Bei tierexperimentellen Reproduktionsstudien wurdeembryofotale Toxizitat festgestellt. Humanes IgG4 passiertdie Plazentaschranke. Basierend auf dem Wirkmechanismuskonnte eine Exposition des Fotus mit Nivolumab das Risiko furdie Entwicklung einer immunvermittelten Erkrankung erhohenoder die normale Immunantwort verandern. Die Anwendungvon Nivolumab wahrend der Schwangerschaft wird dahernicht empfohlen, es sei denn, der klinische Nutzen uberwiegtdas potenzielle Risiko. Wirksame Verhutungsmethoden sindfur mindestens funf Monate nach der letzten Gabe von Nivolumabanzuwenden. Es ist nicht bekannt, ob Nivolumab in dieMuttermilch ubergeht. Da viele Arzneimittel, einschlieslichAntikorper, in die Muttermilch ausgeschieden werden, ist ein Risiko fur das Kind nicht auszuschliesen. Es wurden keine Studienzur Auswirkung von Nivolumab auf die mannliche oderweibliche Fertilitat durchgefuhrt.

Alter. Bei älteren Patienten (≥65 Jahre) ist keine Dosisanpassung erforderlich. Zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Kindern unter 18 Jahren liegen keine Daten vor.

Leberfunktionsstörungen. Auf der Grundlage von Daten zurPopulations-PK ist bei Patienten mit leicht eingeschrankter Leberfunktionkeine Dosisanpassung erforderlich. Die Daten vonPatienten mit masig oder stark eingeschrankter Leberfunktionsind begrenzt und lassen keine Schlussfolgerungen fur diesePopulationen zu. Nivolumab muss bei Patienten mit masig eingeschrankterLeberfunktion (Gesamtbilirubin >1,5× bis 3× dieobere Normgrenze [ULN] und beliebiger AST) oder stark eingeschrankterLeberfunktion (Gesamtbilirubin >3× ULN und beliebigerAST) mit Vorsicht angewendet werden.

Nierenfunktionsstörungen. Auf der Grundlage von Daten zurPopulations-PK ist bei Patienten mit leichter oder masiger Niereninsuffizienzkeine Dosisanpassung erforderlich. Die Datenvon Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sind begrenztund lassen keine Schlussfolgerungen fur diese Population zu.

Monitoring
Die Behandlung mit Nivolumab ist mit immunvermittelten Nebenwirkungenassoziiert. Patienten sollten engmaschig uberwachtwerden (mindestens bis zu funf Monate nach der letztenDosis), da jederzeit Nebenwirkungen wahrend oder nach derTherapie auftreten konnen. Bei vermuteten immunvermitteltenNebenwirkungen sollte zur Bestatigung der Atiologie oder zumAusschluss anderer Ursachen eine angemessene Abklarungdurchgefuhrt werden. In Abhangigkeit vom Schweregrad solltedie Behandlung mit Nivolumab aufgeschoben und die Patientensollten mit Kortikosteroiden behandelt werden. Die Kortikosteroidtherapiesollte nach Besserung der Nebenwirkungen ubermindestens einen Monat ausgeschlichen werden. Kommt estrotz Kortikosteroid-Behandlung zu keiner Besserung oder garzu einer Verschlechterung, sollten zusatzlich nicht steroidale Immunsuppressivagegeben werden. Die Behandlung mit Nivolumabsollte nicht fortgesetzt werden, solange der Patient immunsuppressiveDosen von Kortikosteroiden oder andere Immunsuppressivaerhalt. Prophylaktischer Einsatz von Antibiotikabei immunsuppressiv behandelten Patienten kann zurVermeidung opportunistischer Infektionen sinnvoll sein. Nivolumabmuss bei schweren wiederauftretenden immunvermitteltenNebenwirkungen und bei jeder lebensbedrohlichen immunvermitteltenNebenwirkung dauerhaft abgesetzt werden (weitereInformationen siehe Fachinformation 2016).

4. Pharmakodynamik

4.1. Präklinische Pharmakodynamik

Nivolumab bindet mit hoher Affinitat an PD1 (Kd=2,6nmol/l)und blockiert die Bindung an PD-L1 und PD-L2. Dies fuhrte invitro zu einer verstarkten Proliferation von humanen Melanomantigen-spezifischen CD8+-T-Zellen und zu einer gesteigertenSekretion von Zytokinen (Wong et al. 2007). In genidentischenMausmodellen fuhrte eine Blockade der PD-1-Aktivitat zu einerVerringerung des Tumorwachstums.

4.2. Klinische Pharmakodynamik

Eine erste Dosiseskalationsstudie (NCT00441337; Brahmeret al. 2010) schloss 39 Patienten mit fortgeschrittenen solidenTumoren (Melanom, nicht-kleinzelliges Lungen- sowie Kolorektal-,Prostata- und Nierenzellkarzinom) ein. Die Probanden hattenim Median bereits vier systemische Vortherapien (Bereich1–13). Sie erhielten eine Infusion Nivolumab mit einer Dosierungim Bereich von 0,3–10mg/kg Korpergewicht (KG). Wennsich ein klinischer Vorteil zeigte, wurde die Infusion nach dreiMonaten wiederholt. Der PD1-Antikorper erwies sich als gut vertraglichund zeigte antitumorale Wirkung. Es wurde eine anhaltendeBelegung der PD1-Rezeptoren auf zirkulierenden T-Zellengefunden – im Schnitt 70% ≥2 Monate nach der Infusion.

Eine weitere Dosiseskalationsstudie untersuchte Nivolumabim Dosisbereich 0,1–10mg/kg KG alle zwei Wochen bei 296 Patientenmit soliden Tumoren (CA209-003, NCT00730639; Topalianet al. 2012b). Die bis zu fünffach vortherapierten Patientenerhielten bis zu zwölf Zyklen Nivolumab. In der Studie wurdekeine maximale tolerable Dosis definiert. Nebenwirkungen warenwie nach dem Wirkmechanismus zu erwarten immunmediierterNatur. Zwanzig von 31 Respondern (alle Tumorentitäten)sprachen dauerhaft (≥1 Jahr) an. In dieser Studie wurde bei Tumorenmit fehlender PD-L1-Expression kein Ansprechen verzeichnet,während die objektive Ansprechrate (ORR) bei immunhistochemischPD-L1-positiven Tumoren 36% betrug(p=0,006). In die Studie waren auch zu rund einem Drittel Melanom-Patienten eingeschlossen, die eine kumulative Ansprechratefür alle Dosisgruppen von 28% (26 von 94 Patienten) erreichten.In einer retrospektiven Analyse von 107 Patienten, die imRahmen dieser Studie für maximal 96 Wochen alle zwei WochenNivolumab erhalten hatten, betrug das mediane Gesamtüberleben(OS) 16,8 Monate. Insgesamt 62% dieser Patienten hattenzwei bis fünf Vortherapien durchlaufen. Die Ein- und Zwei-Jahres-Überlebensraten betrugen 62 und 43% (Topalian et al. 2014).

5. Wirksamkeit

Der PD-1-Antikörper wurde in einem umfassenden klinischenStudienprogramm beim fortgeschrittenen Melanom inverschiedenen Therapielinien untersucht (Tabellen 1 und 2).

5.1. Monotherapie

5.1.1. ErstliniePhase-III-Studie CheckMate-066.

CheckMate-066 (NCT01721772; Robert et al. 2015b) ist eine randomisierte, placebokontrolliertePhase-III-Studie bei Melanom-Patienten in derErstlinie. Insgesamt 418 Patienten mit BRAF-Wildtyp-Melanomenim Stadium III oder IV erhielten entweder Nivolumab(3mg/kg Körpergewicht [KG] alle zwei Wochen [q2w]) plus Dacarbazin-Placebo-Infusionen alle drei Wochen (q3w) oder Dacarbazin(1.000mg/m2 Körperoberfläche [KO] q3w) plus Nivolumab-Placebo-Infusionen (q2w). Der primäre Studienendpunkt war das Gesamtüberleben (OS).

Nach einem Jahr betrug die Überlebensrate im Nivolumab- Arm 72,9% und im Dacarbazin-Arm 42,1%. Der Medianwert war im Nivolumab-Arm noch nicht erreicht, während er für Dacarbazin 10,8 Monate betrug (HR=0,42; 99,79% CI 0,25–0,73; p<0,001).

Der Überlebensvorteil für Nivolumab bestand in allen vordefinierten Subgruppen – unabhängig von Alter, Geschlecht, Metastasierungsstadium, Hirnmetastasierung, erhöhtem/normalem Laktatdehydrogenase-(LDH)-Spiegel und geografischer Region. Hervorzuheben ist, dass in dieser Studie der Überlebensvorteil unabhängig war vom PD-L1-Status: HR=0,30 für PD-L1-positive Tumore und HR=0,48 für Tumore mit negativem oder nicht bekanntem PD-L1-Status.

Das mediane progressionsfreie Uberleben (PFS) betrug 5,1versus 2,2 Monate fur Nivolumab versus Dacarbazin (HR=0,43;95% CI 0,34–0,56; p<0,001). Die objektive Gesamtansprechrate(objective response rate, ORR, d.h. vollstandiges und partiellesAnsprechen [CR+PR]) war mit der Immuncheckpoint-Therapierund dreimal hoher als mit Chemotherapie (40,0 vs. 13,9%;Odds Ratio [OR] 4,06; p<0,001). Im Nivolumab-Arm hatten16/210 Patienten (7,6%) eine vollstandige Remission, im Dacarbazin-Arm 2/201 Patienten (1%). Bei Respondern wurde diemediane Ansprechdauer mit Nivolumab im Beobachtungszeitraumnicht erreicht, mit Dacarbazin war sie auf sechs Monatebeschrankt. In dieser Studie war die Immuntherapie mit Nivolumabbesser vertraglich als die Chemotherapie mit Dacarbazin(Grad-3/4-Nebenwirkungen 11,7 vs. 17,6%).

5.1.2. Zweitlinie

Phase-III-Studie CheckMate-037. In der internationalen offenenPhase-III-Studie CheckMate-037 (NCT01721746; Weber etal. 2015) wurden 405 vortherapierte Patienten mit fortgeschrittenenMelanomen im Stadium M1c oder AJCC-Stadium IV 2:1 bei 38 der ersten 120 Patienten im Nivolumab-Arm ein bestätigtesobjektives Ansprechen berichtet. Es gab vier (3,3%) vollständigeRemissionen und 34 (28,3%) partielle Remissionen (partialresponse, PR) entsprechend einer Gesamtansprechrate (ORR)von 31,7% (Tabelle 1). Im Chemotherapiearm sprachen fünf von47 Patienten (10,6%) an, ausschließlich PR.

Die mediane Zeit bis zum Ansprechen betrug im Nivolumab-Arm 2,1 Monate, im ICC-Arm 3,5 Monate. Nivolumabwar in allen vordefinierten Subgruppen favorisiert – unabhängigvom BRAF-Status, einem vorherigen Ansprechen auf Ipilimumaboder dem PD-L1-Status. Anzumerken ist jedoch, dass indieser Studie die Ansprechrate im Nivolumab-Arm bei PD-L1-Positivität doppelt so hoch war wie bei PD-L1-Negativität (ORR43,6 vs. 20,3%). Das mediane PFS zum Zeitpunkt der ORR-Analyse(n=182) betrug 4,7 bzw. 4,2 Monate (HR=0,82), das Sechs-Monats-PFS 48 bzw. 34% (95% CI 38–56 bzw. 18–51). Die finalePFS-Analyse wird zusammen mit der OS-Analyse erfolgen.Schwerwiegende Nebenwirkungen (Grad 3/4) waren im Nivolumab-Arm seltener als im Chemotherapie-Arm (5 vs. 9%).

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5.1.3. Gepoolte Analyse nach BRAF-Status

Larkin et al. publizierten eine gepoolte Analyse der Nivolumab-Monotherapie-Arme aus vier klinischen Studien (2015a).Insgesamt wurden 440 Patienten mit bekanntem BRAF-Statuserfasst (334 BRAFwt und 106 BRAFmt). Dafur wurden folgende Studienherangezogen: 1. Phase-I-Dosiseskalationsstudie CA209-003 (NCT00730639, Topalian et al. 2012b, 2014; siehe Kap. 4.2.),2. Phase-I-Biomarkerstudie CA209-038 (NCT01621490), 3. Phase-I-Studie CA209-004 (NCT01024231) zur gleichzeitigen Gabevon Nivolumab plus Ipilimumab oder Ipilimumab gefolgt vonNivolumab-Monotherapie, wobei nur der Nivolumab-Monotherapie-Arm berucksichtigt wurde (Wolchok et al. 2013), 4. Phase-III-Studie CheckMate-037 (NCT01721746, Weber et al. 2015).

Nivolumab wurde in einer Dosierung von 0,1 bis 10mg/kg KG verabreicht, wobei 83% die zugelassene 3mg/kg-Dosierung erhalten hatten.

Das Ansprechen war unabhängig vom BRAF-Status (ORR für BRAFwt 34,6% [n=217] und für BRAFmt 29,7% [n=74]) oder PD-L1-Status. Auch eine vorherige Therapie mit BRAF-Inhibitoren oder Ipilimumab hatte keinen Einfluss auf die ORR. Die mediane Ansprechdauer betrug 14,8 bzw. 11,2 Monate für BRAFwt-bzw. BRAFmt-Tumore.

5.2. Kombination mit Ipilimumab

Die Kombination von Nivolumab mit Ipilimumab wurde in einer Phase-II-Studie (CheckMate-069, Zulassungsstudie für die USA) und einer Phase-III-Studie (CheckMate-067, Zulassungsstudie für Europa) untersucht (Tabelle 2).

5.2.1. Phase-II-Studie CheckMate-069

In der doppelblinden Phase-II-Studie CheckMate-069 (NCT01927419; Postow et al. 2015) wurden 142 therapienaive Patienten mit fortgeschrittenen Melanomen (46% Stadium M1c und 27% Stadium M1b) 2:1 zwischen Ipilimumab (vier Dosen 3mg/kg KG q3w) plus Nivolumab (1mg/kg KG q3w) oder Ipilimumab plus Placebo randomisiert. An die Induktionsphase schloss sich eine Erhaltungstherapie bis zur Progression an, entweder mit Nivolumab (3mg/kg KG q2w) oder mit Placebo (q2w). Primärer Endpunkt war das von den Prüfärzten beurteilte bestätigte Ansprechen bei BRAF-Wildtyp-Patienten.

In der BRAF-Wildtyp-Kohorte hatten 61% (44/72) ein bestätigtes Ansprechen auf die Kombinationstherapie, aber nur elf Prozent (4/37) sprachen auf die Ipilimumab-Monotherapie an (p<0,001). Im Nivolumab-Ipilimumab-Kombinationsarm wurden 16 vollständige Remissionen verzeichnet (22%), die Responder im Ipilimumab-Monotherapie-Arm hatten ausschließlich partielle Remissionen. Der Vorteil für die Kombination bezüglich des Tumoransprechens bestand in allen vordefinierten Subgruppen und traf auch für Risikopatienten zu (Stadium M1c, erhöhte LDH-Spiegel). Die mediane Abnahme der Tumorlast ab Baseline betrug –68,1% im Kombinationsarm und –5,5% im Ipilimumab-Arm.

In der BRAF-mutierten Kohorte war das Ansprechen vergleichbar mit der Wildtyp-Kohorte: die ORR betrug mit der Kombination 52% (12/23), darunter fünf vollständige Remissionen (22%). Festzuhalten ist auch, dass Patienten, die die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen beendet hatten, weiterhin in Remission blieben.

In dieser Studie war die ORR unabhängig vom PD-L1-Status: 58% für PD-L1-positive und 55% PD-L1-negative Tumore. In der BRAF-Wildtyp-Kohorte wurde das mediane PFS im Kombinationsarm nicht erreicht, mit Ipilimumab allein betrug es 4,4 Monate (HR=0,40; 95% CI 0,23–0,68; p<0,001). Für die 33 Patienten umfassende BRAF-mutationspositive Kohorte betrug das PFS 8,5 bzw. 2,7 Monate (HR=0,38).

Die finale Analyse des Gesamtüberlebens liegt noch nicht vor. In einer exploratorischen Analyse wurde das mediane OS in beiden Armen im Beobachtungszeitraum nicht erreicht. Die Zwölf- bzw. 24-Monats-Überlebensraten waren bei einem medianen Follow-up von zwei Jahren im Kombinationsarm höher als im Ipilimumab-Monotherapiearm (73 vs. 65% bzw. 64 vs. 54%; HR=0,75; Postow et al. 2016). Grad-3/4-Nebenwirkungen waren im Kombinationsarm mit 45% häufiger als im Ipilimumab- Monotherapie-Arm (15%).

5.2.2. Phase-III-Studie CheckMate-067

Eine grose placebokontrollierte Phase-III-Studie mit doppelblindemDesign verglich 1:1:1 randomisiert die Kombination Nivolumabplus Ipilimumab mit den jeweiligen Monotherapien(NCT01844505; Larkin et al. 2015b). Eingeschlossen waren 945therapienaive Patienten mit nicht operablen Melanomen im StadiumIII oder IV, wobei etwas uber zwei Drittel der Patienten keineBRAF-V600-Mutation aufwiesen. Die Antikorperdosierungenwaren im Kombinationsarm: Nivolumab (1mg/kg KG) plus Ipilimumab(3mg/kg KG) im Abstand von drei Wochen (q3w) fur insgesamtvier Dosen; gefolgt von Nivolumab (3mg/kg KG q2w),solange ein klinischer Nutzen bestand oder bis die Behandlungvom Patienten nicht mehr vertragen wurde. Die Dosierungen inden Monotherapiearmen waren Nivolumab (3mg/kg KG q2w)plus Ipilimumab-Placebo und Ipilimumab (3mg/kg KG fur insgesamtvier Dosen q3w) plus Nivolumab-Placebo. PFS und OS warenkoprimare Endpunkte. Diese Studie war vom statistischenDesign her ausgelegt fur den Vergleich der Kombinationstherapiemit Ipilimumab-Monotherapie sowie fur den Vergleich der beidenMonotherapien miteinander, jedoch nicht fur den Vergleichder Kombinationstherapie mit Nivolumab-Monotherapie.

Das mediane PFS war im Kombinationsarm um mehr alsacht Monate langer als im Ipilimumab-Arm (11,5 vs. 2,9 Monate;HR=0,42; 99,5% CI 0,31–0,57; p<0,001). Im Nivolumab-Monotherapie-Arm betrug es 6,9 Monate (HR=0,57; 99,5% CI 0,43–0,76; p<0,001 fur den Vergleich mit Ipilimumab-Monotherapie).In der Subgruppenanalyse lag das PFS sowohl fur BRAF-mutierteals auch fur BRAF-Wildtyp-Tumore bei uber elf Monaten (11,7Monate fur BRAFmt und 11,2 Monate fur BRAFwt). Bei Patientenmit PD-L1-positiven Tumoren war das PFS im Nivolumab-Ipilimumab-Arm und im Nivolumab-Monotherapie-Arm mit 14,0Monaten gleich (Ipilimumab-Monotherapie 3,9 Monate), wahrendes bei PD-L1-negativen Tumoren mit der Kombinationlanger war als mit den beiden Monotherapien (11,2 Monate vs.5,3 Monate mit Nivolumab vs. 2,8 Monate mit Ipilimumab).

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Auch Patienten mit ungünstigen prognostischen Faktoren wie erhöhtem Laktatdehydrogenase-(LDH)-Spiegel und Stadium M1c oder ältere Patienten profitierten von der Kombination (Larkin et al. 2015c). Die OS-Analyse liegt noch nicht vor.

Die ORR in der Auswertung durch die Prufarzte betrug imKombinationsarm 57,6%, im Nivolumab-Arm 43,7% und im Ipilimumab-Arm 19,0%. Vollstandige Remissionen waren in derKombination mit 11,5% am haufigsten, gefolgt von 8,9% in Nivolumab-Monotherapie (Ipilimumab 2,9%). Die Zeit bis zum Ansprechenwar vergleichbar in den drei Armen (2,76 vs. 2,78 vs.2,79 Monate), und die mediane Ansprechdauer wurde in keinemder drei Arme im Beobachtungszeitraum erreicht. Die medianeAbnahme der Tumorlast ab Baseline war mit der Kombinationstherapiemit −51,9% am hochsten (Interquartilsabstand [IQR]–75,8 bis −10,2), gefolgt von Nivolumab-Monotherapie (−34,5%;IQR −75,4 bis 15,4) und mit Ipilimumab am geringsten (5,9%; IQR−28,0 bis 33,3). Die Ansprechraten war bei PD-L1-Positivitat hoherals bei PD-L1-negativem Status (PD-L1-positiv: 72,1% vs.57,5% vs. 21,3%; PD-L1-negativ: 54,8% vs. 41,3% vs. 17,8%).

6. Verträglichkeit

Die Nebenwirkungen von Nivolumab erklären sich aus dem Wirkprinzip und sind meist immunvermittelter Natur. Im Vergleich mit dem ersten zugelassenen Immunmodulator Ipilimumab ist die Inzidenz von Grad-3/4-Nebenwirkungen jedoch wesentlich niedriger (16,3 vs. 27,3%; Larkin et al. 2015b; siehe Tabelle 3). Auch im Vergleich mit Chemotherapien traten mit Nivolumab weniger schwere Nebenwirkungen auf (Grad 3/4 11,7 vs. 17,6%).

In CheckMate-066 standen Fatigue (19,9 %), Pruritus (17%), Übelkeit (16,5%), Diarrhoe (16,0%), Hautausschlag (15%) und Vitiligo (10,7%) im Nivolumab-Arm im Vordergrund, während im Dacarbazin-Arm gastrointestinale und hämatologische Toxizitäten auftraten (Robert et al. 2015b). Die Abbruchrate aufgrund von therapiebedingten Nebenwirkungen war im Dacarbazin-Arm höher (11,7 vs. 6,8% mit Nivolumab).

Des Weiteren können typische immunvermittelte Nebenwirkungen wie Pneumonitis (1,5% in CheckMate-066), Diarrhö und Kolitis, Hepatitis (Erhöhung der Aspartat-Aminotransferase (AST), der Alanin-Aminotransferase (ALT) oder des Gesamtbilirubins), Nephritis und Nierenfunktionsstörung (Kreatinin-Erhöhung) sowie Endokrinopathien (Hypo/Hyperthyreose 3,4 bzw. 4,4%, Hypophysitis, Nebenniereninsuffizienz und Diabetes) auftreten (Fachinformation 2016). Diese immunvermittelten Nebenwirkungen können in der Regel durch eine Supportivtherapie mit Kortikosteroiden und Dosisverschiebungen kontrolliert werden und klingen wieder ab. In klinischen Studien wurden auch schwere Infusionsreaktionen (anaphylaktische Reaktionen, Hypersensibilität) berichtet.

In der Studie CheckMate-067 war die Rate an Grad-3/4-Nebenwirkungenim Kombinationsarm hoher als in den beiden Monotherapiearmen(16,3% fur Nivolumab-Monotherapie, 55% fur die Kombinationstherapie und 27,3% fur Ipilimumab-Monotherapie;Larkin et al. 2015a). Therapieabbruche aufgrund von Nebenwirkungenkamen in derselben Reihenfolge wie zuvor angegebenim Kombinationsarm am haufigsten vor, gefolgt von Ipilimumab-Monotherapie (36,4 vs. 14,8 vs. 7,7%). Grunde dafurwaren am haufigsten Diarrho (Nivolumab 1,9%, Nivolumab plusIpilimumab 8,3% und Ipilimumab 7,7%) und Kolitis (0,6 vs. 8,3 vs.7,7%). Haufig wurden immunmodulatorische Komedikationeneinschlieslich topischer Anwendungen eingesetzt: 47% mit Nivolumab-Monotherapie, 83,4% im Kombinationsarm und 55,9%mit Ipilimumab-Monotherapie. Sekundartherapien mit Infliximaberhielten 0,6, 6,1 bzw. 5,1% der Patienten. Die meisten immunmediiertenGrad-3/4-Nebenwirkungen bildeten sich wiederzuruck, allerdings blieben endokrine Storungen oft bestehen.

7. Dosierung und Verabreichung

Monotherapie. Die empfohlene Dosierung beträgt 3mg/kg KG, die alle zwei Wochen intravenös über einen Zeitraum von 60 Minuten verabreicht wird.

Kombination mit Ipilimumab. In der Induktionsphase wird Nivolumabin einer Dosierung von 1mg/kg KG innerhalb von 60Minuten infundiert. Ipilimumab wird anschliesend am selbenTag mit 3mg/kg KG gegeben. Es erfolgen vier Gaben beider Antikorperim Abstand von drei Wochen. Danach wird eine Erhaltungstherapiemit 3mg/kg KG Nivolumab alle zwei Wochen biszur Progression oder Auftreten nicht tolerabler Nebenwirkungenangeschlossen.

Dosisanpassungen. Dosissteigerungen oder -reduktionen sindnicht empfohlen. Bei schweren Infusionsreaktionen muss Nivolumababgesetzt und eine geeignete Behandlung eingeleitetwerden. Patienten mit leichter oder masiger Infusionsreaktionkonnen Nivolumab unter engmaschiger Uberwachung weitererhalten. Je nach individueller Vertraglichkeit kann das Aufschiebeneiner Dosis oder ein dauerhaftes Absetzen erforderlichsein. Richtlinien zum Aufschieben von Dosen oder zum dauerhaftenAbsetzen und zur Behandlung immunvermittelter Nebenwirkungensind ausfuhrlich in der Fachinformation beschrieben(2016). In der Kombination werden im Falle von Nebenwirkungenbeide Antikorper aus- bzw. abgesetzt.

8. Zulassungsstatus

Nivolumab wurde im Juni 2015 als Monotherapie bei Erwachsenenfür die Behandlung des fortgeschrittenen, nicht resezierbarenoder metastasierten Melanoms von der europaischenZulassungsbehorde EMA zugelassen. Die Zulassung derKombinationstherapie mit Ipilimumab erfolgte im April 2016.Weitere Indikationen sind das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinommit squamoser und nicht squamoser Histologie sowiedas klarzellige Nierenzellkarzinom.

9. Bewertung und Aussichten

Die Chemotherapie des fortgeschrittenen Melanoms giltheute in der Erstlinientherapie als obsolet und wird in den neuenESMO-Guidelines von September 2015 (Dummer et al. 2015)nur noch im Ausnahmefall empfohlen, zum Beispiel wenn dieneuen BRAF/MEK-Inhibitor-Kombinationen beim BRAF-mutiertenMelanom einerseits und die PD1-Antikorper andererseitsnicht erhaltlich sind oder sich als unwirksam erwiesenhaben. PD1-Antikorper kommen unabhangig vom BRAF-Statuszum Einsatz. Sie zeigten einen signifikanten und klinisch relevantenVorteil gegenuber dem CTLA4-Antikorper Ipilimumab:langeres OS bzw. PFS bei besserer Vertraglichkeit. Direkte Vergleichezwischen den PD1-Antikorpern liegen nicht vor.

Die AutorInnen

Univ.-Prof. Dr. Christoph Höller
Abteilung für allgemeine Dermatologie
Universitätsklinik für Dermatologie
Medizinische Universität Wien
Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien
E-Mail: christoph.hoeller@meduniwien.ac.at

Univ.-Prof. Dr. Van Anh Nguyen
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie
Medizinische Universität Innsbruck
Anichstraße 35, 6020 Innsbruck
E-Mail: van.nguyen@i-med.ac.at

Beim BRAF-mutierten Melanom ist die Immuncheckpoint-Therapie gegen eine BRAF-MEK-Inhibitor-Kombination (Dabrafenib-Trametinib [Robert et al. 2015a, Long et al. 2014, 2015]oder Vemurafenib-Cobimetinib [Larkin et al. 2014]) abzuwagen.Grundsatzlich dauert es bei der Immuntherapie langer, bisein Ansprechen beobachtet wird, weshalb die Guidelines beisymptomatischen Patienten mit hoher Tumorlast wegen desraschen Wirkungseintritts und der damit verbundenen Verbesserungder Lebensqualitat die BRAF/MEK-zielgerichtete Therapieempfehlen. Nachteil der zielgerichteten Therapien ist dasAuftreten von Resistenzen. Dem steht ein potenzielles Langzeituberlebenmit den Immuncheckpoint-Therapien gegenuber. Inder Studie CheckMate-067 wurde auch fur prognostisch ungunstigePatientensubgruppen ein Vorteil fur die Immuncheckpoint-Therapie aufgezeigt, insbesondere fur die KombinationNivolumab plus Ipilimumab. Verlassliche pradiktive Biomarkerfur ein Ansprechen auf PD1-Therapien wie die Expression desLiganden PD-L1 im Tumor gibt es zurzeit noch nicht, insbesondereda auch PD-L1-negative Patienten auf Nivolumab besseransprechen als auf Chemotherapie.

Laufende Studien zur Kombination von Immuncheckpoint-Therapien mit zielgerichteten Therapien, lokalen Immuntherapeutikabzw. zur optimalen Sequenz von BRAF/MEK-Inhibitionund Immuntherapie werden die Anwendung der PD-1-Antikorperbeim Melanom weiter verbessern.

Download: ArzneimittelPROFIL Nivolumab Melanom Mai 2016

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10. Abkürzungen

AUC Area Under the Curve
BORR Best-Objective-Response-Rate
CR Complete Response, vollständige Remission
CTLA4 Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen-4
DCR Disease Controll Rate, Krankheitskontrollrate
DOR Duration Of Response, Ansprechdauer
IFN Interferon
KG Körpergewicht
LDH Laktatdehydrogenase
MHC Major Histocompatibility Complex
ORR objektive Ansprechrate
OS Gesamtüberleben
PD Progressive Disease, Progression
PFS Progressionsfreies Überleben
PR partielle Remission
Pcb Placebo
RFS rezidivfreies Überleben
SD Stable Disease, stabile Erkrankung
TIL tumorinfiltrierende Leukozyten

11. Literatur

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