6. Okt. 2015

Jan Velterop über Peer Review

Der Wissenschaftspublizist Jan Velterop plädiert für eine optimierte Form des Peer Review. Am 6. Oktober spricht er am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) über die Grenzen von Peer Review, zukünftige Entwicklungen und mögliche Alternativen.

Jan Velterop
Jan Velterop

“Das derzeitige Journalsystem mit seinen enorm teuren und komplizierten Mechanismen ist einfach nicht notwendig.” Jan Velterop

Der Meeres-Geophysiker Jan Velterop war unter anderen für den Wissenschaftsverlag Elsevier tätig und später erster Direktor des Open-Access-Journals BioMed Central (BMC). Heute hält der mittlerweile pensionierte Wissenschaftspublizist am IST Austira einen Vortrag über Peer-Review-Verfahren, die darüber entscheiden, ob ein Artikel für ein Fachjournal publikationswürdig ist, und dazu dienen, Wissenschafter und deren Arbeiten nach Qualität und Impact einzustufen. Um Kosten und Zeit zu sparen, sollten die beiden Aspekte getrennt werden, fordert Velterop.

Organsiation von unabhängigen Experten-Gutachten

Vor dem Hintergrund einer ständig wachsenden Zahl von Publikationen und dem langwierigen Prozess der Begutachtung durch unabhängigen Experten werden Forschungsergebnisse meist mit großer zeitlicher Verzögerung veröffentlicht. Gegenüber der APA erklärte Velterop, dass es beinahe unmöglich sei, mit der Fülle an Information etwas anzufangen und alles ordentlich zu begutachten. Die herkömmlichen Herangehensweisen seien einfach nicht mehr nach oben skalierbar, kritisiert Velterop. Die Fachmagazine würden ihren Blick zu sehr auf die Bewertung der Karriereentwicklung von Wissenschaftern richten, wobei die Kommunikation der Forschungsergebnisse zu kurz komme.

Velterop schlägt vor, diese Prozesse zu trennen: Einerseits in solche für Karriere- oder Prestigezwecke und andererseits in solche für die Kommunikation der Forschungsergebnisse. Dabei könne sogar das klassische Peer Review von zur Veröffentlichung eingereichten Arbeiten entfallen. Vielmehr sollte, wie bei dem Dokumentenserver ArXiv.org im Bereich Physik und Mathematik schon heute üblich, ohne große Hürden publiziert werden können.

“Die Lösung ist zunächst alles zu publizieren, was nicht als komplett durchgeknallte Wissenschaft gilt. Das ist relativ einfach festzustellen.” Jan Velterop

Qualitätsabzeichen für Artikel

Da Experten in den jeweiligen Disziplinen die Qualität von Publikationen selbst am besten beurteilen könnten, ist für Velterop eine Art Qualitätsabzeichen für Artikel denkbar, welches die Community später selbst vergeben könnte.

Kostenfaktor

Das jetzige System verursache zudem enorme Kosten, kritisiert der Wissenschaftspublizist. Aber es sei auch nicht notwendig, jeden Artikel zu beurteilen, schließlich müsse nicht jeder den ganzen Prozess von Einreichung und Ablehnung durchlaufen. Dies bedeute nämlich bloß viel Arbeit und sei eine vermeidbare Bürde für die wissenschaftlichen Begutachter. Darüber hinaus würden heute “negative” Ergebnisse vielfach nicht veröffentlicht, da sie den Fachmagazinen nicht interessant genug erscheinen, ist der Velterop überzeugt.

Benefit durch Trennung

Die Wissenschaftergemeinde würde von einer Trennung der Prozesse enorm profitieren, ist sich Velterop sicher. Einerseits könnten Ergebnisse schneller publiziert werden, andererseits ließen sich Kosten einsparen. Manchmal spiele die Zeit keine große Rolle, aber in sich schnell bewegenden Gebieten wie der Medizin sei bereits eine Verzögerung von ein paar Monaten von Nachteil, erklärte Velterop. Das Beispiel von ArXiv.org und dem jüngeren Pendant im Bereich Biologie bioRxiv würden den Weg voran zeigen.

Peer Review – limitations, future development, alternatives
6. Oktober 2015 von 17:00 bis 18:00 Uhr
Raiffeisen Lecture Hall, IST Austria
Am Campus 1, 3400 Klosterneuburg
Ein kostenloser Shuttlebus von der TU Wien wird zur Verfügung gestellt (Abfahrt Resselgasse um 16:00 Uhr, Rückfahrt vom IST Austria um 19:00 Uhr).

Quelle: APA