24. März 2015

Internettherapie bei psychischen Problemen

Digitale Angebote können herkömmliche Psychotherapien zwar nicht ersetzen, eignen sich bei manchen Patienten aber durchaus als Ergänzung zur klassischen Behandlung, bei der sich Therapeut und Patient gegenüber sitzen. Einerseits senken Internettherapien die Hemmschwelle für Hilfesuchende, andererseits sind sie nicht für alle Patienten und alle psychischen Erkrankungen geeignet.

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In Schweden und den Niederlanden ist die onlinegestützte Therapie bereits Teil des regulären Versorgungssystems. Internettherapien sind allerdings nicht für alle Patienten und alle psychischen Erkrankungen geeignet, vor allem nicht bei komplexen Fällen.

Neue Medien eröffnen der Psychotherapie bei Betroffenen mit Essstörungen, Depressionen oder Tinnitus ungewohnte Wege. Eine Therapie per Bildschirm, E-Mail oder unterstützender Smartphone-App senkt die Hemmschwelle, kann lange Wartezeiten für Patienten überbrücken und unabhängig von Ort und Zeit in Anspruch genommen werden.

An der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Leipzig wurden zwei Forschungsprojekte zu Internettherapien abgeschlossen. Das erste Projekt beschäftigte sich mit Frauen, die einen Abort bewältigen müssen, das zweite nahm Patienten mit einer Binge-Eating-Störung unter die Lupe. Die Betroffenen erhielten über einen längeren Zeitraum Schreibaufgaben. Mit ihren Psychotherapeuten kommunizierten sie auf einer geschützten, digitalen Plattform. Die Behandlungen wirkten insgesamt ähnlich gut wie vergleichbare ambulante Therapieformen. Dieses Ergebnis wurde auch durch eine Studie von Forschern aus Leipzig und Zürich untermauert.

Anonymität senkt Hemmschwelle

Digitale Angebote können Betroffenen durch die gebotene Anonymität die Hilfesuche erleichtern. Allerdings hat die Ferntherapie auch ihre Grenzen. So garantiert sie etwa Patienten mit komplexen Krankheitsbildern, schweren Depressionen oder auch Suizidgefährdeten keine ausreichende Betreuung.

In Leipzig starten jetzt zwei neue Internettherapien, unter anderem für Familien nach Suizid eines Angehörigen. Auch an anderen deutschen Unikliniken gab oder gibt es Projekte wie Internet-Trainingsprogramme bei Tinnitus oder mittleren Depressionen. Am Uniklinikum Dresden erhalten Patienten mit Anorexia nervosa ein Smartphone mit einer speziellen App, um Symptome besser erfassen und rechtzeitig auf seelische und körperliche Veränderungen reagieren zu können.

Das Uniklinikum Tübingen setzt bei Anorexie-Kranken auf eine videobasierte Therapie, bei der ein Therapeut dem Patienten am Bildschirm gegenüber sitzt. Damit soll die Kontinuität bei der Nachsorge gewährleistet werden.

Selbsthilfeangebote im Web

Die Selbsthilfeangebote im Internet fungieren oft ähnlich wie Ratgeberliteratur, enthalten Übungen und bieten bei Bedarf Experten-Feedback. deprexis.de und novego.de etwa versprechen Unterstützung bei leichten bis mittelschweren Depressionen, Burn-out oder Phobien.

Die deutsche Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) fordert klare Qualitätsstandards, um einen Wildwuchs von Psychotherapie-Angeboten im Internet zu verhindern.

Quelle: APA