24. Juli 2015

Aufklärungspflicht – Risiko spinaler Ischämie

In einer rezenten Entscheidung musste sich ein deutsches Oberlandesgericht mit der ärztlichen Aufklärungspflicht bei Durchführung eines offenen infrarenalen Aortenersatzes auseinandersetzen. Grundsätzlich hielt das Oberlandesgericht fest, dass der Arzt den Patienten auch über seltene, sogar sehr seltene Risiken aufzuklären hat, wenn deren Realisierung die Lebensführung des Patienten schwer belasten würde und die entsprechenden Risiken trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch, für den Laien aber überraschend sind. Über extrem seltene, aber schwerwiegende Risiken sei der Patient dann aufzuklären, wenn in der medizinischen Wissenschaft bereits ernsthafte Stimmen darauf hinweisen, die nicht als unbeachtliche Außenseitermeinungen abgetan werden können, sondern als gewichtige Warnungen angesehen werden müssen.

Auf mögliche und typische Schadensfolgen einer beabsichtigten Behandlung brauche der Patient nur dann nicht hingewiesen zu werden, wenn sie nur in seltenen Fällen auftreten und anzunehmen ist, dass sie bei einem verständigen Patienten für seinen Entschluss, in die Behandlung einzuwilligen, nicht ernsthaft ins Gewicht fallen, Nach Ansicht des Oberlandesgerichts entscheidet über die Aufklärungsbedürftigkeit weniger die Rate der Komplikationsdichte bzw. die prozentuale Wahrscheinlichkeit der Realisierung als vielmehr die Frage, welche Bedeutung das mit dem Eingriff verbundene Risiko für die Entschließung des Patienten im Hinblick auf eine mit seiner Realisierung verbundene schwere Belastung der Lebensführung haben kann. Auf Basis dieser Erwägungen entschied das Oberlandesgericht, dass das Risiko einer spinalen Ischämie bei Durchführung eines offenen infrarenalen Aortenersatzes als typisches und aufklärungsbedürftiges Risiko anzusehen ist.

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