13. Okt. 2014

Recht: Qualitätsanforderungen in der Pränataldiagnostik

Univ.-Prof.-Dr.-Helmut_OfnerDer OGH musste sich in einer aktuellen Entscheidung mit den Qualitätsanforderungen in der Pränataldiagnostik auseinandersetzen. Konkret ging es um die pränataldiagnostische Abklärung durch eine niedergelassene Gynäkologin mit ÖGUM Level I. Die behandelnde Ärztin übersah trotz Vornahme eines Vier-Kammer- Blicks einen schweren, besonders seltenen Herzfehler des Kindes. Erst zwei Monate vor dem errechneten Geburtstermin wurde der Herzfehler im Rahmen einer Untersuchung an einem spezialisierten Zentrum diagnostiziert. Das Kind verstarb 1,5 Monate nach der Geburt. Die Patientin, die an einer Blutkrankheit litt und deren erstgeborenes Kind an einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte leidet, argumentierte, dass sie bei richtiger Aufklärung durch die niedergelassene Ärztin einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen hätte und machte die zwischen der Fehldiagnose und dem Tod des Kindes entstandenen Aufwendungen im Wege des Schadenersatzes geltend. Der OGH führte in seiner Entscheidung zunächst aus, dass für die Untersuchung nach ÖGUM Level I gefordert sei, den Vier-Kammer-Blick darzustellen. Eine Darstellung der Ausstrombahnen sei hingegen nicht erforderlich. Da sich der streitgegenständliche Herzfehler im Vier-Kammer-Blick oft nicht darstellt, sei der Gynäkologin daher auch kein Diagnosefehler vorzuwerfen. Allerdings hätte die Gynäkologin aufgrund der Fehlbildung des ersten Kindes sowie deren Blutererkrankung erkennen müssen, dass es sich um eine Risikoschwangerschaft handelt, weshalb die Patientin aus medizinischer Sicht an ein Zentrum für Pränataldiagnostik hätte überwiesen werden müssen. In diesem Versäumnis liege eine Pflichtverletzung aus dem Behandlungsvertrag und der aus der verspäteten Aufklärung resultierende Schaden sei der Patientin daher zu ersetzen.

Autor: Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner, Jur. Fakultät d. Universität Wien
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