8. Mai 2014

Recht: Wann ist eine Aufklärung rechtzeitig?

Univ.-Prof.-Dr.-Helmut_OfnerIn vielen Arzthaftungsfällen stellt sich auch die Frage, ob die Aufklärung rechtzeitig erfolgt ist. Die Aufklärung muss nach Meinung des OGH so rechtzeitig vor dem Eingriff erfolgen, dass der Patient ohne Entscheidungsdruck und noch im Besitz seiner geistigen Kräfte das Für und Wider einer Behandlung abwägen kann. Dies erklärt sich aus der Grundlage der Aufklärungspflicht, wonach die Aufklärung die freie Entscheidung des Patienten über seine Einwilligung ermöglichen soll. Der Patient muss in der Lage sein, durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise zu wahren. Das setzt voraus, dass der Patient auch ausreichend Zeit hat, zwischen dem Gespräch und dem Eingriff das Für und Wider der Operation abzuwägen. Es entspricht daher einhelliger Meinung, dass dem Patienten eine angemessene Überlegungsfrist zur Verfügung stehen muss. Weiters muss Gelegenheit sein, mit Vertrauenspersonen zu sprechen. Die Aufklärung ist jedenfalls dann nicht zeitgerecht, wenn sie auf dem Weg zum Operationssaal oder während des Eingriffs erfolgt. Dasselbe gilt, wenn der Patient bereits auf die Operation vorbereitet wird. Ebenso wenig darf der Patient bereits unter dem Einfluss von Medikamenten stehen. Das Aufklärungsgespräch hat auch in der Weise zu erfolgen, dass der Patient nicht den Eindruck erhält, dass der Eingriff sich unmittelbar an das Gespräch anschließt. In diesem Sinne wurde vom OGH der Umstand, dass ein Patient bereits „intern vorbereitet“ war, bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Aufklärung mitberücksichtigt. In einer weiteren Entscheidung wies der OGH darauf hin, dass der Patient seine Entscheidung in Ruhe und ohne Druck treffen solle.

Univ.-Prof. Dr. Helmut Ofner, Jur. Fakultät d. Universität
Wien, Fragen & Anregungen: recht@aerztemagazin.at

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