20. Juni 2014

Praxisführung: “Helferlein” beim Praxisstart

Niemand kann und soll zum Start der Ordination alles alleine schaffen. Wichtig ist, sich Hilfe und Unterstützung zu organisieren und sich zu vernetzen.

Mag. Ralph Elser ist Trainer für Kommunikation, Organisation und Marketing – spezialisiert auf Arztpraxen – in St. Wolfgang. Im Gespräch mit dem ärztemagazin erklärt der Experte, worauf es rund um eine Praxisgründung und den Aufbau eines informellen Netzwerks insbesondere ankommt.

  • ärztemagazin: Welche ersten Kontakte sollte man als Arzt rund um die Praxisgründung knüpfen, damit überhaupt Patienten diese aufsuchen?
  • Elser: Es kommt dabei stark auf die Fachrichtung an: Bei einer Zuweisepraxis ist es wichtig, von Beginn an intensive Kontakte zu potenziellen Zuweisern zu knüpfen. Andere Praxen sind davon eher unabhängig. Bei ihnen geht es vorrangig darum, auf interne und externe Partner zu setzen, um von Anbeginn an die Patientenzahlen aktiv steuern zu können und damit den Praxisstart positiv zu erledigen.
    Keinesfalls sollte man als Praxisgründer abwarten, wie sich die Sache entwickeln wird. Sondern es gilt wirklich von Anfang an aktiv zu werden! Denn es ist heute nicht mehr so wie früher, dass die Patienten von alleine kommen. Der Konkurrenzdruck ist größer geworden, es gibt mehr Praxen, die Patienten haben mehr Auswahlmöglichkeiten. Ich muss auf mich hinweisen, damit die Patienten sich für meine Praxis entscheiden!
  • ärztemagazin: Bleiben wir zunächst bei den den Zuweisern: Was ist bei der Kontaktaufnahme zu beachten?
  • Elser: Um die Zuweiser als Helfer zu aktivieren, muss ich an sie herantreten, mir am besten ein persönliches Gespräch mit ihnen vereinbaren. Dabei geht es einerseits ums gegenseitige Kennenlernen. Andererseits kann man die Kollegen auf die Win- Win-Situation einer guten Zusammenarbeit hinweisen. Für den Zuweiser ist es gut zu wissen, dass seine Patienten bestens versorgt werden; und als „neuer Arzt“ gewinne ich Patienten, die mir zugewiesen werden. Sinnvoll ist auch, dass man z.B. zu Bezirksärztetreffen geht und dort den Kollegen sich und seine Arbeit vorstellt.
  • ärztemagazin: Kommen wir zu den internen und externen „Helferleins“: Wer zählt dazu vorrangig?
  • Elser: Interne Helfer sind das Praxisteam. Es ist sehr wichtig erfahrene Assistentinnen vom Vorgänger zu übernehmen bzw. neu anzustellen. Nicht selten kommen Patienten sogar wegen ihnen in die Ordination!
    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die für Praxis-Eröffnungen übliche Werbung, bei der auf das neue Angebot hingewiesen wird, z.B. in Bezirkszeitungen, Sinn macht. Dass dann aber in der Folge vor allem Weiterempfehlungsmarketing wichtig ist. Die Patienten können dezidiert durch die Assistentin darauf hingewiesen werden, dass sie den Arzt/die Ordination weiterempfehlen dürfen. Denn viele Patienten glauben, dass das nicht gewünscht ist, z.B. weil keine Patienten mehr aufgenommen werden. Und sie sind deshalb zurückhaltend diesbezüglich. Der bestehende Patient wird so zu einem wichtigen Partner für die Praxis. Ca. 80 Prozent der neuen Patienten kommen über Weiterempfehlung!
  • ärztemagazin: Welche Bedeutung kommt der Vernetzung im Ort/im Bezirk zu, wenn man sich neu dort niederlässt?
  • Elser: In kleinen Gemeinden ist es schon wichtig, sich ins Gemeindegeschehen zu integrieren, um als „neuer Arzt“ bekannt zu werden. In Kleinstädten und Stadtgemeinden kommt dem viel weniger Bedeutung zu. Hier bringen oft Inserate und eine gute Homepage mehr.
  • ärztemagazin: Wie wichtig ist die Homepage generell?
  • Elser: Für Praxen in Großstädten wie Wien hat die Homepage eine sehr große Bedeutung. Bei Patientenbefragungen sehen wir, dass bis zu einem Viertel der Patienten den Arzt im Internet gesucht und gefunden haben. Gehen wir jedoch aus Wien hinaus, so sinkt dieser Wert rapide auf 2 bis 5 Prozent ab. Umso ländlicher, desto mehr Wert wird auf den persönlichen Kontakt gelegt und auf Weiterempfehlungen.
  • ärztemagazin: Worauf ist organisatorisch rund bei der Praxisgründung besonders zu achten?
  • Elser: Für die Terminplanung ist wiederum eine Assistentin hilfreich, die Erfahrungen diesbezüglich mitbringt. Oder man kann Spezialisten wie uns als Berater hinzuziehen. Auch diverse EDV-Anbieter haben viele Informationen rund um Organisatorisches und können gute Unterstützung bieten. Die Terminplanung sollte jedenfalls von Beginn an ernst genommen werden. Denn sie bedeutet stressfreies Arbeiten, kurze Wartezeiten und damit einen Wettbewerbsvorteil und wichtigen Weiterempfehlungspunkt.
  • ärztemagazin: Auch dem Profil an der Rezeption kommt große Bedeutung zu?
  • Elser: Ja, die Rezeption ist die Schaltzentrale in der Praxis. Der erste Kontakt für den Patienten erfolgt in der Regel übers Telefon, und der Mitarbeiter, der dort abhebt, braucht ein professionelles Auftreten am Telefon. Hat er das noch nicht, so sollte er diesbezüglich geschult werden, sodass er eine positive Visitenkarte für die Ordination darstellt.
    Auch beim ersten Arzttermin ist der Mitarbeiter an der Rezeption die erste Ansprechperson für den Patienten. Mittlerweile gibt es eine Reihe an Fortbildungsangeboten, wie Kommunikations- und Organisationsseminare, die sehr empfehlenswert sind. Es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck!
  • ärztemagazin: Wie finde ich für finanzielle Fragen die richtigen Partner?
  • Elser: Um einen guten Partner bei der Bank zu finden, empfiehlt es sich, zwei bis drei Gespräche zu führen, bevor man eine Entscheidung fällt. Ähnliches gilt für den Steuerberater. Denn es geht nicht nur darum, dass der Partner fachlich gut zurecht kommt. Sondern es sollte ebenso eine gute persönliche Basis entstehen. Darüber hinaus wäre beim Steuerberater wichtig, dass er über Erfahrung im Bereich der Medizin verfügt, so dass ich mir ein Benchmarking erwarten kann. Auch für den Versicherungsbereich sollte ich mir Zeit nehmen, den richtigen Partner zu finden: also zwei, drei unabhängige Makler einladen, um einen Eindruck zu bekommen, wie seriös sie sind.
  • ärztemagazin: Last but not least ist die Mitarbeitermotivation ein wichtiges Thema.
  • Elser: Da auf den Mitarbeitern eine große Verantwortung lastet, ist die Motivation sehr wichtig, ja. Die beste und größte Motivation sind Lob und Anerkennung. Es gilt hier nicht das Motto: Nicht geschimpft ist schon gelobt genug! Die Mitarbeiter sollen vielmehr klar vermittelt bekommen, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Wichtig sind auch regelmäßige Mitarbeitergespräche: Einzelgespräche und Teamsitzungen, in denen über organisatorisches ebenso geredet wird wie über schwierige Patienten, Verbesserungspotenziale … Es motiviert die Mitarbeiter, wenn sie sich aktiv einbringen und den Arbeitsplatz mit gestalten können.
Interview: Mag. Karin Martin