9. Juli 2014

Fall der Woche: Mysteriöse Lymphknotenschwellung

Schwellung, KnotenSabine K., gerade 18 Jahre alt, hat seit ca. 3 Wochen eine deutliche Schwellung links supraclaviculär. „Ich hab mir anfangs keine Sorgen gemacht und war mir sicher, dass das wieder vergeht. Aber die Schwellung wird gar nicht kleiner, und ich bin oft so müde. Seit einigen Tagen hab ich jetzt auch noch Husten, sodass ich nun doch gekommen bin“, erzählt Ihnen die junge Patientin. „Ich muss gestehen, ich fühle mich schon länger etwas matt und abgeschlagen, aber ich dachte, das ist normal bei dem Stress in der Schule.“ Bisher war sie immer recht gesund, aber in letzter Zeit ist ihr aufgefallen, dass sie nachts sehr schwitzt. Fieber bestehe keines, auch hätte sie keine Infekte in letzter Zeit gehabt. Bei der klinischen Untersuchung gibt es, außer dem deutlich verbackenem, nicht druckdolenten ca. 4-5cm großen Lymphknoten, keinerlei Auffälligkeiten. Cor: rein, rhythmisch, normofrequent; Pulmo: VA bds; RR 125/80, Temp: 36,5°C, Puls 65, EKG unauffällig, BB: Leukozyten mit 20,83 G/L deutlich erhöht, Thrombozyten mit 440 G/L etwas erhöht, CRP mit 5,5 mg/dl deutlich ausgelenkt. Was steckt am ehesten hinter dieser Klinik, und welche weiterführende Diagnostik leiten Sie ein?

„Es besteht der dringende Verdacht auf ein malignes Lymphom“

Univ.-Prof. Dr. Johannes DrachUniv.-Prof. Dr. Johannes Drach
Confraternität – Privatklinik, Wien
Vergrößerte Lymphknoten finden sich bei den verschiedensten Erkrankungen. Differenzialdiagnostisch sind insbesondere zu berücksichtigen: Infektionen, immunologische Prozesse, Neoplasien oder metabolische Erkrankungen.
Im aktuellen Fall handelt es sich um eine junge Patientin, bei der die cervikale Lymphadenopathie schon längere Zeit andauert (3 Wochen), eine beträchtliche Größe erreicht hat (>4 cm) und von einer systemischen inflammatorischen Reaktion (Leuko- und Thrombozytose, CRP-Erhöhung) begleitet ist. Bei dieser Befundkonstellation ist eine invasive Diagnostik unbedingt erforderlich. Ich persönlich rate nicht zu einer Biopsie, sondern zu einer Lymphknotenexzision, da ein dringender Verdacht auf ein malignes Lymphom vorliegt. Dieser Verdacht besteht aufgrund der bereits geschilderten Befunde sowie dem Aspekt, dass die Lymphknoten nicht druckdolent und verbacken sind. Ausserdem gibt die Patientin noch Nachtschweiß an. Daher erscheint mir die Exzision als Methode der Wahl, damit dem Pathologen die gesamte Lymphknotenstruktur zur Verfügung steht. Ich halte dieses Vorgehen im vorliegenden Fall auch deshalb für besonders wichtig, da meine primäre Verdachtsdiagnose ein Hodgkin- Lymphom ist und bei dieser Erkrankung die typischen Zellen nur vereinzelt vorkommen (eine Nadelbiopsie ist meist nicht ausreichend, um Hodgkin- bzw. Reed-Sternberg- Zellen nachzuweisen). Parallel zur Einholung einer histologischen Diagnose würde ich bei dieser Patientin bereits die weitere Diagnostik vornehmen: serologische Diagnostik (neben den im Fallbericht bereits genannten Parametern noch Blutsenkung, Serum-Chemie, Elektrophorese, TSH), Sonografie der Lymphknotenstationen sowie CT von Thorax und Abdomen.

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