24. Nov. 2015

Kinderkrankenpflege & Pädiatrie-Ausbildung

Das neue Gesundheits- und Krankenpflegesetz soll zur Vereinheitlichung in der Ausbildung von Gesundheits- und Krankenpflegepersonen führen. Auch in die Ausbildungsreform für Ärzte werden ähnliche Erwartungen gesetzt. Die Umsetzung im Bereich Kinder- und Jugendgesundheit wird jedoch bei beiden Ausbildungsschienen heftig kritisiert.

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Kinderkrankenpflege- und Pädiatrieausbildung kritisch betrachtet: Wird es nach wie vor hoch spezialisierte Fachkräfte in der Kinder- und Jugendlichenpflege geben, die vor allem an Kinderabteilungen, ganz besonders an Frühgeborenen- und Kinderintensivstationen, benötigt werden?

 

Martha Böhm, Präsidentin des Berufsverbandes Kinderkrankenpflege Österreich (BKKÖ), befürchtet, dass es durch die auf der Novelle zum Gesundheits- und Krankenpflegesetz basierende Ausbildungsordnung, deren Begutachtungsfrist bereits abgelaufen und die für kommendes Jahr geplant ist, zu einem Qualitätsverlust kommen werde. Bislang konnten die Krankenpflegeschülerinnen und -schüler entweder drei Jahre Ausbildung in allgemeiner Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren oder zum Beispiel drei Jahre in der Kinder- und Jugendlichenpflege und anschließend ein Ausbildungsjahr in allgemeiner Gesundheits- und Krankenpflege, wobei die zweite Ausbildungsvariante auch umgekehrt absolviert werden konnte. In der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege war die Ausbildung analog. Argumentiert werde für die Neuordnung mit einer EU-konformeren Regelung, besseren Berufsaussichten in der EU und einer einfacheren Personalzuteilung – insbesondere im Krankenhaus.

Böhm interpretiert das Gesetzesvorhaben insofern, als in Zukunft vor allem “Generalistinnen” ausgebildet werden. Eine Spezialisierung in der Kinder- und Jugendpflege soll es nicht mehr zwingend geben. “Das muss zu einem Qualitätsverlust führen”, erklärte die Berufsverbandspräsidentin gegenüber der APA.

Pädiater befürchten Verschlechterung

Reinhold Kerbl, Vizepräsident und Ausbildungsverantwortlicher der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, hat Sorge, dass auch die am 1. Juni in Kraft getretene Ausbildungsreform für Ärzte für den Bereich der Kinder- und Jugendmedizin eine Verschlechterung bedeutet. Die von der Ärztekammer und vom Gesundheitsministerium betriebenen “Modernisierungen” hätten dazu geführt, dass alle Fächer in ein Raster eingepasst worden seien und man auf spezifische Bedürfnisse der einzelnen klinischen Fächer keine Rücksicht genommen habe.

“Am Beginn der Ausbildung zum Pädiater steht der sogenannte ‘Common Trunk’ von neun Monaten, den alle Ärzte zu absolvieren haben. Das heißt, sie werden auf irgendwelchen internen oder chirurgischen Abteilungen die Systemerhalter sein, Infusionen anhängen oder zum Beispiel bei Hüftoperationen assistieren. Viel sinnvoller wäre es, in dieser Zeit ein ‘Gegenfach’, zum Beispiel an einer Kinderchirurgie und/oder einer Kinderpsychiatrie zu absolvieren. Weil das Verständnis für diese pädiatrienahen Gebiete später in der klinischen Arbeit sehr wertvoll wäre.” Reinhold Kerbl

Katastrophae Ausbildung zukünftiger Allgemeinmediziner in Kinder- und Jugendmedizin

Kerbl befürchtet, dass es durch die Einschnitte in der Ärzteausbildung in Zukunft durchaus Allgemeinmediziner geben werde, die nicht in der Lage seien, Kinder und Jugendliche zu versorgen. Vor zwanzig Jahren seien im Rahmen der Ausbildung noch sechs Monate an einer Kinderabteilung vorgeschrieben gewesen. Diese Zeit sei schließlich auf fünf und später auf vier Monate verkürzt worden. Nun sei man bei drei Monaten gelandet. “Mit der neuen Ärztedienstzeitregelung fallen noch einmal 20 Prozent der Ausbildungszeit weg”, empörte sich Kerbl im Gespräch mit der APA  Diese Situation werde vor allem in ländlichen Gebieten, in denen Hausärzte einen großen Teil der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen bestreiten müssten, zu erheblichen Problemen führen.

ÖGKV erneuert Forderung nach Berufsregister für Gesundheits- und Krankenpflegepersonen

Nachdem bereits im Österreichischen Pflegebericht 2007 darauf hingewiesen wurde, dass es einer validen Datengrundlage zum Personalangebot im Pflegebereich bedürfe, erneuert der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) seit Jahren seine Forderung nach der verpflichtenden Registrierung sämtlicher Gesundheits- und Krankenpflegepersonen.

“Ziel und Zweck der Registrierung von Pflegeberufen in Österreich sind wie in anderen Ländern auch die Qualitätssicherung und die Erreichbarkeit im Katastrophenfall. Damit einhergehend soll eine valide Datengrundlage für Gesundheits- und Angebotsplanung geschaffen werden. Um die Registerdaten als Grundlage für Angebots- und Bedarfsplanung heranziehen zu können, ist die Einführung der konstitutiven Registrierung erforderlich. Nur bei dieser ist die Berechtigung zur Berufsausübung an die Eintragung ins Register gebunden. Berufsangehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe können somit erst ab dem Eintrag in dieses Register im Berufsfeld Pflege tätig werden.” Österreichischer Pflegebericht 2007

Im Jänner dieses Jahres einigten sich Vertreter der Arbeiterkammer und des ÖGKV schließlich auf ein Umsetzungsprozedere, welches vorsieht, dass für die Registrierung eine Bundesbehörde zuständig sein und die Bundesarbeitskammer auf Weisung des Gesundheitsministeriums die Aufgabe im übertragenen Wirkungsbereich durchführen wird. Dabei soll der ÖGKV als Mitglied im Registrierungsbeirat die Aufgabe der Qualitätssicherung des Fortbildungsangebots übernehmen. Im Juni unternahm das Gesundheitsministerium einen neuerlichen Versuch zur Einführung der verpflichtenden Registrierung. Doch erst wenn alle Bundesländer ihre Zustimmung erteilt haben, kann mit der Registrierung begonnen werden.

Bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Bundesarbeitskammer, ÖGKV, younion _ Die Daseinsgewerkschaft, GÖD, GPA-djp, vida und ÖGB/ARGE Fachgruppe für Gesundheits-und Sozialberufe diskutieren deren Vertreter am 25. November im Bildungszentrum der Arbeiterkammer die Details der vorgesehenen Regelung.

Quelle: APA, Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband