15. Apr. 2015

Smartphone-Kontakt bei bipolarer Störung oder Magersucht

Foto: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenAn der Uniklinik Dresden wird versucht, mit Smartphones den Kontakt zu Patienten mit bipolarer Störung oder Anorexia nervosa zu verbessern.

Psychiater der Dresdner Universitätsklinik setzen Smartphones ein, um den Kontakt zu manisch-depressiven und magersüchtigen Patienten zu verbessern.

Michael Bauer, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, erklärte in einer Aussendung der Universität, dass Dresdner Wissenschaftler auf alltagstaugliche Kommunikation setzen. Mit einem Smartphone und einer passenden benutzerfreundlichen App soll der Arzt-Patienten-Kontakt möglichst nicht mehr abreißen.

Smartphone-App bei bipolarer Störung

Patienten, die sich in einer manischen Phase befinden, suchen meist erst dann ihren Psychiater oder ihre Psychiaterin auf, wenn alle Dämme gebrochen sind. In dieser Situation sei die Therapie schwierig, denn meist komme es zu einer unfreiwilligen Einweisung, erklärte Bauer.

 Prof. Michael Bauer (UKD, Reichelt).
„Der Maniker ist praktisch permanent unterwegs.
Im Extremfall schläft er nicht. Er fährt mit Tempo
200 über die Autobahn und verursacht schwere Unfälle,
er ist hyperaktiv, glaubt, auf Dächern spazieren zu können,
nimmt wahllos Kontakte auf und unterschätzt
beispielsweise die Gefahr einer HIV-Infektion.“

In einem großangelegten nationalen Forschungsprojekt sollen Menschen mit bipolaren Störungen ein mit einer Applikation (App) ausgestattetes Smartphone erhalten, das deren Bewegungsmuster und Aktivitäten erfasst. „Das Smartphone wird für die Studienzeit von uns bezahlt und darüber kann man – praktisch in Realtime – sehen, wie sich die Patienten bewegen, wie oft und wie lange sie telefonieren, wie viele SMS sie schreiben. Der Maniker verschickt durchaus 500 SMS am Tag.“

Durch die Aufrechterhaltung der technischen Brücke via Smartphone soll der Kontakt zwischen Behandlern und Patienten aufrechterhalten werden, um eine rasche Intervention zu ermöglichen. “Nur so haben wir überhaupt die Chance, diese ganze schwere Episode, die dann Wochen und Monate geht, möglichst früh abzufedern”, so Bauer.

Ein ähnliches Instrumentarium hätten die Ärzte dann auch bei einer Depression in der Hand, hier diene die App-Smartphone-Verbindung als Suizidprophylaxe.

>> Projekt “Affective modulation and dysregulation of cognitive control in bipolar disorder in different states and stages of the disease”, TU Dresden

Datenerhebung in Echtzeit (EMA)

Am Zentrum für Essstörungen des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden erfassen Wissenschaftler über eine App im Alltag auftretende Symptome der Anorexia nervosa. Sie versuchen, damit psychische Prozesse wie das Empfinden von positiven und negativen Emotionen möglichst unverfälscht zu dokumentieren.

Die Probandinnen und Probanden erhalten über einen Zeitraum von zwei Wochen ein Smartphone, über das ihnen mehrmals täglich kurze Fragebögen in Form eines “Alarms” gesendet werden. Die App stellt den Probanden in unregelmäßigen Abständen Fragen zu aktuellen Empfindungen, Tätigkeiten und Wünschen. Damit sollen unter anderem momentane Gedanken zum Essen und Körpergefühl, Gemütszustände oder die aktuelle Beschäftigung erfasst werden.

Die so gesammelten Daten verwenden die Forscher, um den direkten Einfluss der natürlichen Umgebung der Probanden zu erheben, Veränderungen von physischen und psychischen Zuständen präziser zu messen und Gedächtnisfehler, wie sie oft bei der beantwortung von fragebögen auftreten, zu vermeiden. Mit den gesammelten Daten versuchen die Wissenschaftler herauszufinden, welchen Einfluss die kognitive Kontrolle auf das Alltagsleben von Menschen mit Essstörungen haben und wie sich dies auf die Langzeitergebnisse einer Therapie auswirkt.

Quelle: Uni Dresden