4. Juli 2014

Wertschätzung, bitte!

Vor mir sitzt Herr P. und redet bereits seit 20 Minuten auf mich ein. Sie kennen das sicher: Es gibt Leute, die brauchen keine Atempausen. Da sie aber während ihres Monologes nicht mal eine Sekunde innehalten, um Luft zu holen, bieten sie einem auch keine natürlichen Angriffspunkte für irgendeine eigene Wortspende. Na ja, der arme Mann hat einen Bandscheibenvorfall. Ich weiß, wie weh so etwas tun kann, und er hat mein vollstes Mitgefühl. So wie auch meine volle Konzentration. Und er käme auch in den Genuss meines ganzen medizinischen Wissens um Behandlungsmöglichkeiten und Erleichterung seiner Beschwerden, welches ich ihm angedeihen lassen könnte. Wenn er mich nur ließe!

Damit Sie auch wissen, worum es geht, außer um Schmerzen, Krankenstand und die Unfähigkeit, Schuhbänder zu binden, lasse ich Ihnen eine Kurzversion des Redeschwalls zukommen. Das Missgeschick war dem guten Mann nämlich in Übersee passiert. Mit letzter Kraft schleppte er sich dort in eine Notaufnahme. Nach längerer Wartezeit wurde er da gründlich vom Notaufnahmedoktor untersucht und auch anschließend dem Neurologen vorgestellt. Ein Prolaps L5/ S1 ohne neurologische Ausfälle wurde diagnostiziert, das übliche Sprücherl von wegen Lähmungen und Blasenschwäche bekam er schriftlich, und man reichte ihm ein Papiertütchen mit zwei Stück Ibuprofen.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune