3. Juli 2014

Lebertransplantation bei HCV-Patienten

Münchner Forscher fanden heraus, weshalb eine transplantierte Leber von Patienten mit einer Hepatitis C-Infektion nicht abgestoßen wird. Eine dauerhafte Stimulation des angeborenen Immunsystems durch das Virus erhöht sogar die Wahrscheinlichkeit der Toleranz.

Prof. Ulrike Protzer und Dr. Felix Bohne überprüfen die Blutproben-Ergebnisse von HCV-infizierten Leberempfängern.
Prof. Ulrike Protzer und Dr. Felix Bohne überprüfen die Blutproben-Ergebnisse von HCV-infizierten Leberempfängern.

Mit dem Hepatitis C-Virus infizierte Patienten sind die größte Gruppe von Empfägern einer Spenderleber. Weil die Viren auch eine transplantierte Leber infizieren, arbeitet das Immunsystem dort auf Hochtouren. Dennoch wird das Organ nicht abgestoßen. Eine dauerhafte Stimulation des angeborenen Immunsystems dürfte durch den Virusbefall auch die Toleranz gegenüber dem neuen Organ erhöhen, schrieben Wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum und der Technischen Universität München im Fachmagazin “Science Translational Medicine” vom 25. Juni.

Dr. Felix Bohne und seine Kollegen untersuchten am Universitätsklinikum in Barcelona mit Prof. Alberto Sánchez-Fueyo vom King’s College London im Rahmen einer klinischen Studie 34 Hepatitis C-Patienten, denen zuvor eine neue Leber transplantiert worden war. Das Ziel der Arbeit war ein Verständnis der Mechanismen zu entwickeln, die zu einer Toleranz des Spenderorgans trotz HCV-Infektion führen. Weiters suchten die Wissenschaftler nach Faktoren, die als Biomarker für eine Toleranz dienen könnten.

Bohne, führender Wissenschaftler der Studie, erklärt: „Wenn durch bestimmte Marker eine Toleranz zuverlässig vorhersagbar wäre, könnten viele Patienten nach einer gewissen Zeit ihre Immunsuppressiva absetzen.” Die immunsupprimierenden Medikamente wurden während der Studie abgesetzt, danach wurden die Probanden ein Jahr lang beobachtet, um herauszufinden, welche Personen auch ohne Immunsuppressiva auskamen. Danach wurden die Unterschiede zwischen toleranten und intoleranten Patienten herausgefiltert. Dabei kam heraus, dass nur in Lebern toleranter Patienten Gene des Typ I Interferon Systems, das als Teil des angeborenen Immunsystems gegen Viren wie das HCV gerichtet ist, vorkamen. Ein eigentlich anti-viraler Mechanismus erlaubt den Patienten somit, ein fremdes Organ besser zu tolerieren, wie die Ergebnisse zeigten.

Ulrike Protzer liefert eine mögliche Erklärung: „Wenn das Interferon-System wie in einigen chronisch-infizierten Patienten ständig aktiviert wird, reguliert es andere Immunreaktionen nach unten, um den Körper zu schützen. Dieser Zustand könnte wie ein natürliches Immunsuppresivum wirken und die Abstoßung des Organs verringern.“

Neben den Genen des Typ I Interferon-Systems kam zudem ein zweiter Faktor als möglicher Marker in Frage, den die Forscher in einer vorherigen Studie an Leberempfängern ohne HCV-Infektion entdeckt hatten: Patienten waren mit hoher Wahrscheinlichkeit tolerant, wenn sie zwei verschiedene Untergruppen von Immunzellen in einem bestimmten Verhältnis im Blut hatten. Auch in der neuen Studie mit HCV-Patienten konnte dieses Verhältnis zuverlässig eine Toleranz vorhersagen.

Felix Bohne, María-Carlota Londoño, Carlos Benítez, Rosa Miquel, Marc Martínez-Llordella, Carolina Russo, Cecilia Ortiz, Eliano Bonaccorsi-Riani, Christian Brander, Tanja Bauer, Ulrike Protzer, Elmar Jaeckel, Richard Taubert, Xavier Forns, Miquel Navasa, Marina Berenguer, Antoni Rimola, Juan-José Lozano, und Alberto Sánchez-Fueyo
HCV-induced immune responses influence the development of operational tolerance following liver transplantation in humans
Science Translational Medicine, 2014, 25 June 2014:, Vol. 6, Issue 242, p. 242ra81, DOI: 10.1126/scitranslmed.3008793

Quelle: Technische Universität München