1. März 2023Leitfaden zum Weg in die ärztliche Selbständigkeit - Teil 3

Persönlichkeit und Standortwahl sind entscheidend für Erfolg

Kann ich neben meiner ärztlichen Tätigkeit einen Wirtschaftsbetrieb mit allem, was dazugehört, leiten? Und wo soll ich die Praxis eröffnen? Lesen Sie im aktuellen Beitrag, was Sie hierzu beachten sollten.

Vektor eines medizinischen Personals, einer Gruppe selbstbewusster Ärzte und Krankenschwestern
Feodora Chiosea/GettyImages

Welche Rolle spielt die eigene Persönlichkeit bei der Praxisgründung?

Auf den ersten Blick fragen Sie sich vielleicht, was die Persönlichkeit des Arztes/der Ärztin mit dem Thema der Ordinationsplanung zu tun hat.

Unabhängig davon, ob man vorhat, sich als Wahlarzt/-ärztin oder als Vertragsarzt/-ärztin niederzulassen, muss man sich bewusst sein, dass man mit Eröffnung der Ordination einen Wirtschaftsbetrieb führt. Damit ist man für die gesamte Betriebsführung (Standortauswahl, Mitarbeiterauswahl, Auswahl und Einkauf von Betriebsmitteln, Auswahl der notwendigen Versicherungen usw.) zuständig und auch verantwortlich. Wenn man die Ordination als Wahlarzt/-ärztin eröffnet, kommt noch dazu, dass man für die ärztliche Leistung Geld verlangen muss. Für viele ist dieser Schritt – nämlich Geld für die eigene ärztliche Leistung zu verlangen – eine schwierige Hürde, die zu einem wirtschaftlichen Desaster führen kann. Vor allem dann, wenn der Behandlungserfolg trotz mehrerer Ordinationsbesuche nicht wie gewünscht oder erwartet eintritt und man trotzdem aus wirtschaftlichen Überlegungen gezwungen ist, ein Honorar für die ärztliche Leistung zu verlangen, können Gewissenskonflikte auftreten, die man bereits im Vorfeld für sich bereinigen muss. Das ärztliche Honorar ist eine Bezahlung der ärztlichen Leistung und NICHT die Garantie auf einen Behandlungserfolg.

Daher mein wichtiger Tipp: Vorher überlegen, ob man über all diese notwendigen Fähigkeiten verfügt.

Wie wähle ich den richtigen Standort für meine Ordination aus?

Die Auswahl des Standortes ist für jeden Wirtschaftsbetrieb wichtig, natürlich auch für eine Ordination. Die Bedeutung der Standortwahl ist jedoch umso größer, je kleiner die Ordination ist

Die richtige Standortwahl für eine Wahlarztordination

Für die Wahlarztordination kommt der Standortwahl die größte Bedeutung zu. Die Auswahl des Standortes ist somit einer der Faktoren für Erfolg oder Misserfolg einer Wahlarztordination.

Berücksichtigen Sie, wie gut die geplante Region mit Ärzt:innen Ihres Fachgebietes versorgt ist und denken Sie dabei an Kassen- UND Wahlärzt:innen. Auch die lokale Infrastruktur und die Altersstruktur der Bevölkerung sind wesentliche Faktoren, die den Erfolg Ihrer Tätigkeit beeinflussen. Innerhalb einer Stadt ist es wesentlich (abhängig vom Fachgebiet), in welchem Stadtteil man seine Ordination eröffnet.

Die Österreichische Ärztekammer und die Ärztekammer für Niederösterreich haben in den letzten 20 Jahren mehrmals repräsentative Patient:innenumfragen zur Thematik der Wahlärzt:innen durchgeführt. Für den Zeitpunkt der Ordinationseröffnung und die Standortwahl hat vor allem die Bereitschaft der Patient:innen Bedeutung, Wahlärzt:innen eines bestimmten Fachgebietes aufzusuchen. Die nachfolgende Aufstellung zeigt deutlich die Sonderstellung der Allgemeinmediziner:innen in der Wahlarztordination. Gerade in diesem Fachgebiet ist die Bereitschaft der Bevölkerung, eine Wahlarztordination aufzusuchen, deutlich geringer als im Bereich der Facharztordinationen.

Grafik aus der OGM-Umfrage im März 2008 im Auftrag der Österreichischen Ärztekammer (Klicken um zu vergrößern).

Das heißt nicht, dass man als Allgemeinmediziner:in in der Wahlarztordination nicht erfolgreich sein kann. Es ist aber bedeutend schwieriger als in einer Facharztordination.

Hat man freie Wahl, so sollte der Ordinationsstandort nachfolgende Kriterien erfüllen:

  • Ort oder Stadt, nicht zu groß und nicht zu klein
    Bei einer Stadt, die Anforderungen optimal erfüllt, „spricht man darüber“, wenn eine neue Ordination eröffnet wird. In dem genannten Ort gibt es noch einen „Dorftratsch“, Nachbar:innen sprechen regelmäßig miteinander.
  • Zentrale Lage
    Die zentrale Lage ist von Bedeutung, damit potenzielle Patient:innen auf ihren üblichen Wegen in der Stadt erkennen, dass eine neue Ordination eröffnet wurde. Durch die zentrale Lage ist es wahrscheinlich, dass Menschen auf Ihre neue Ordination aufmerksam werden, ohne eine Eröffnungsanzeige gelesen zu haben.
  • Gute Erreichbarkeit
    Die Ordination sollte mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sein, aber auch über eine ausreichende Anzahl an Parkplätzen in Ordinationsnähe verfügen.
  • Kooperation mit anderen Ordinationen, Einmietung
    • Wahlarzt/-ärztin mit Anstellung: Wenn man die Wahlarztordination neben einer Anstellung im Krankenhaus oder einer sonstigen Anstellung eröffnet, sollte man überlegen, sich in eine bestehende Ordination einzumieten, da man in solchen Fällen die Ordination meist nicht öfter als ein bis drei Halbtage pro Woche nutzen wird.
    • Wahlarzt/-ärztin als Hauptberuf: Auch in diesem Fall sollten Sie Kooperationen andenken, da auch bei der hauptberuflichen Wahlarzttätigkeit die Ordinationsräume kaum täglich den ganzen Tag über genutzt werden.
    • Time-Sharing Ordinationen: Vor allem in größeren Städten gibt es ein großes Angebot, sich stundenweise in Ordinationsstrukturen einzumieten. Der große Vorteil besteht darin, dass viele Überlegungen (Einrichtung, Marketing, Personalsuche, …) durch die Einmietung „mitgekauft“ werden und man persönlich damit keine zusätzliche Zeit aufwenden muss.

Nachteilig kann im Einzelfall sein, dass man keinen direkten Zugriff auf Ordinationsangestellte hat, wenn man mit diesen unzufrieden sein sollte.

Die richtige Standortwahl für eine Wahlarztgruppenpraxis

Aus der Sicht des Autors gibt es keinen plausiblen Grund, als Wahlarzt/-ärztin eine Gruppenpraxis zu eröffnen. Wenn man mit mehreren Wahlärzt:innen zusammenarbeiten möchte, bietet sich die Form der Ordinationsgemeinschaft an, die rechtlich (Gesellschaft nach bürgerlichem Recht – GnbR) ein sehr einfaches Konstrukt darstellt und daher – bei Bedarf – auch rasch wieder aufgelöst werden kann.

Die richtige Standortwahl für eine Einzelordination mit Kassenverträgen

Bei der Gründung einer neuen Kassenordination ohne Vertragsübernahme, gelten die gleichen Kriterien wie für Wahlarztordinationen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kassenordination auch mit schlechtem Standort funktioniert, ist jedoch deutlich größer als bei einer Wahlarztordination.

Wird ein bestehender Kassenvertrag übernommen, so ist es im Regelfall zweckmäßig, auch die Ordinationsräumlichkeiten zu übernehmen. In solchen Fällen werden die Patient:innen trotz Wechsel des Arztes/der Ärztin ihre Gewohnheiten nicht aufgeben und den „alten“ Standort auch weiter aufsuchen. Ist die Übernahme der Räumlichkeiten nicht möglich, empfiehlt es sich, zumindest die bestehende Ordinationstelefonnummer zu übernehmen.

Die richtige Standortwahl für eine Gruppenpraxis mit Kassenverträgen

Auch für diesen Fall gelten alle genannten Kriterien wie in der Wahlarztordination. Gruppenpraxen mit Kassenverträgen sind große Strukturen, die im Regelfall über deutlich längere Öffnungszeiten verfügen als Einzelordinationen. Weiters sind häufig mehrere Ärzt:innen gleichzeitig in der Ordination tätig. Der Stellenwert einer ordinationsnahen Parkmöglichkeit ist daher deutlich höher, die Rolle der zentralen Lage deutlich geringer, da diese größere Struktur von sich aus (über Empfehlungen und gezielte Zuweisungen) Patient:innen anzieht.

Was erwartet Sie im nächsten Teil der Serie?

In der nächsten Folge werde ich aus meiner persönlichen Erfahrung bei der Eröffnung meiner ersten Wahlarztordination berichten, aber auch von Erfahrungen bei der Gründung einer Gruppenpraxis. Weiters wird die konkrete Planung einer Ordination thematisiert.