31. Mai 2022Frühjahrstagung der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG)

Eine interdisziplinäre Herausforderung

Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 sind häufig multimorbide und weisen erhöhte Risiken für zahlreiche Folgeerkrankungen und Komplikationen auf. Erfreulicherweise konnten für die zunächst als orale Antidiabetika zugelassenen SGLT2-Inhibitoren günstige Effekte sowohl auf kardiale als auch renale Endpunkte nachgewiesen werden.

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Häufig betreffen Endorganschäden im Verlauf eines Typ-2-Diabetes das Herz. Und das nicht nur infolge vermehrt auftretender koronarer Herzkrankheit. In vielen Fällen steht auch die Entwicklung einer Herzinsuffizienz in direkter Verbindung mit dem Diabetes, wie Prim. Prof. Priv.-Doz. Dr. Thomas Gremmel, Leiter der 1. Medizinischen Abteilung, Landeskrankenhaus Mistelbach ausführt. Generell sind in der Altersgruppe jenseits der 70 rund 10 Prozent der Bevölkerung von herzinsuffizient. Bei fast der Hälfte der Patienten mit Herzinsuffizienz liegt ein Typ-2-Diabetes vor, so Gremmel. Daher ist ein Screening von Diabetes-Patienten auf Herzinsuffizienz sinnvoll. Dieses ist sowohl mit dem Herzultraschall als auch über eine Bestimmung des NTproBNP relativ einfach durchzuführen.
Die Prognose der Herzinsuffizienz ist generell nicht gut, bei schlechter Kontrolle der Erkrankung sogar sehr schlecht. Studiendaten zeigen, dass bei Patienten mit einer linksventrikulären Auswurffraktion unter 35 Prozent und mehrfachen Hospitalisierungen die Mortalität über drei Jahre in der Größenordnung von 50 Prozent liegt. Im Gegensatz dazu lebten von Patienten, die nicht hospitalisiert werden mussten, nach drei Jahren noch rund 80 Prozent.1 Die Hospitalisierung ist bei Herzinsuffizienz also ein relevanter Endpunkt mit erheblicher Bedeutung für die Prognose.

SGLT2-Inhibitoren wirken auch unabhängig vom Diabetes

Mit den SGLT2-Inhibitoren wurde vor Kurzem eine aus der Diabetologie stammende Substanzgruppe in die First-Line-Therapie der Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion (HFrEF) aufgenommen – und das unabhängig vom Diabetes-Status des Patienten.2 Am Beginn dieser Entwicklung stand die Studie EMPA-REG Outcome, die zeigte, dass der SGLT2-Inhibitor Empagliflozin in einem Kollektiv von Hochrisiko-Patienten mit Typ-2-Diabetes kardiovaskuläre Ereignisse, Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz sowie die Mortalität reduzierte.3 Die Reduktion der Hospitalisierungen in der Größenordnung von einem Drittel wurde in der Folge auch für Canagliflozin und Dapagliflozin demonstriert. In der DAPA-HF-Studie wurde schließlich die Wirksamkeit von Dapagliflozin bei herzinsuffizienten Patienten auch ohne Diabetes nachgewiesen.4 Dies wurde mittlerweile auch für Empagliflozin gezeigt.5
Schließlich bewährte sich Empagliflozin jedoch noch in einer weiteren Indikation, in der bislang die meisten Studien gescheitert waren oder allenfalls grenzwertig positive Ergebnisse brachten: der Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Auswurffraktion (HFpEF). Empagliflozin wurden in der Indikation HFpEF in der Studie EMPEROR-PRESERVED untersucht, die ihren primären Endpunkt erreichte. Empagliflozin verlängerte in einem Kollektiv von Patienten mit HFpEF mit oder ohne Diabetes die Zeit bis zum kardiovaskulären Tod oder zur Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz. Dieser Endpunkt wurde nicht nur bei Patienten mit grenzwertiger Auswurffraktion (unter 50 Prozent), sondern auch bei Patienten mit einer Auswurffraktion über 50 Prozent verbessert.6 Die mechanis­tischen Hintergründe sind nach wie vor nicht ganz klar und werden intensiv diskutiert. Infrage kommt beispielsweise eine Reduktion des interstitiellen Ödems. Auch ein leichter diuretischer Effekt ohne Beeinflussung des Kaliumspiegels dürfte eine Rolle spielen, sagt Gremmel, der eine zeitnahe Zulassung in dieser Indikation für wahrscheinlich hält. Ebenfalls zur Reduktion der kardiovaskulären Mortalität beitragen könnte eine Verbesserung der Nierenfunktion durch die SGLT2-Inhibitoren.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum innere