22. Juli 2020Schlafstörungen

Einfache Mittel für gesunden Schlaf

DUISBURG – Chronische Schmerzen sind häufig mit Schlafstörungen assoziiert. Fragen Sie also Ihre betroffenen Patienten gezielt nach Problemen mit der Nachtruhe. So manchem können Sie schon mit einfachen Mitteln helfen. (Medical Tribune 27-28/20)

Wer nachts öfter wach ist, leidet vermehrt unter Schmerzen. Blöd nur, dass einige Analgetika den Schlaf beeinträchtigen.

Schlafstörungen sind bei Patienten mit chronischen Schmerzen therapierelevant. Denn die mangelnde nächtliche Erholung verstärkt den Schmerz. Zusätzlich werden Angsterkrankungen und Depressionen gefördert. Berichten Patienten also von Dyssomnien, sollten Sie sie unbedingt behandeln. Viele Antidepressiva wirken schlaffördernd. Vor allem tri- und tetrazyklische Stimmungsstabilisierer sowie Mirtazapin werden deshalb oft zur Verbesserung der Nachtruhe eingesetzt, schreibt Dr. Günther Bittel vom MVZ Duisburg-West/Schmerzzentrum Duisburg. Allerdings haben diese Medikamente durch ihre Nebenwirkungen mitunter den gegenteiligen Effekt.

  • Insbesondere Trizyklika und Neuroleptika können ein Restless-Legs-Syndrom oder eine Periodic-Limb-Movement-Disorder auslösen.
  • Opioide und Muskelrelaxanzien verstärken eventuell eine bereits vorhandene obstruktive Schlafapnoe und Hypopnoen.
  • Benzodiazepine beeinträchtigen den REM-Schlaf.
  • Z-Substanzen verlieren ihre Wirkung im Langzeitverlauf und können zudem eine Abhängigkeit auslösen.

Grundsätzlich muss man bei allen zentral wirksamen Pharmaka mit einem ungünstigen Einfluss auf Schlaf, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Stimmung rechnen, betont der Duisburger. Zum Einfluss von Opioiden auf die Schlafqualität gebe es aber bisher nur wenige Studien. In einer kleinen Arbeit zum Nicht-Tumor- Schmerz wurden 18 Patienten vor und nach einem stationären Entzug von einem WHO-Stufe-3-Opioid untersucht. Als Kontrollgruppe dienten 14 Patienten mit der gleichen Diagnose, aber ohne eine solche Opioidtherapie.

Polysomnographische Abklärung empfohlen

Vor dem Entzug zeigte die Opioidgruppe einen signifikant höheren Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) als die Kontrollen. Nach dem Entzug reduzierte sich die Zahl der Patienten mit zentralen Apnoen oder ataktischer Atmung deutlich. Auch die mittlere Sauerstoffsättigung (SpO2), die vor dem Entzug bei 27,5 % der Patienten im REM-Schlaf unter 90 % lag, fiel danach nicht mehr derart ab. In der Vergleichsgruppe änderte sich der AHI wie angenommen nicht, zentrale Atemstörungen blieben aus. In Bittels eigener Erhebung litten von 50 chronischen Schmerzpatienten 39 an Schlafstörungen, 43 klagten über Konzentrationsstörungen und 31 hatten Depressionen. Nur drei Patienten berichteten weder über Schlafstörungen noch über vermehrte Müdigkeit, konnten sich normal konzentrieren und waren auch nicht depressiv.

Wenn Anamnese, klinischer Eindruck und Epworth Sleepiness Scale (ESS) eine relevante Schlafstörung nahelegen, empfiehlt Bittel eine polysomnographische Abklärung. Als bedeutsam gelten z.B. Dyssomnien, die mindestens dreimal in der Woche auftreten, einen hohen Leidensdruck auslösen oder sich negativ auf den Alltag auswirken. Im Duisburger MVZ werden seit etwa zwei Jahren ambulante Polysomnographien angeboten. Die Duisburger überraschte es zu Anfang selbst, wie viele Schmerzpatienten gleichzeitig unter Schlafstörungen litten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, spezifische Ursachen wie Schlafapnoe und Restless-Legs-Syndrom zu identifizieren und zu behandeln.

Ein großer Teil der Therapie beruht allerdings darauf, den Patienten vor Augen zu führen, wie sich bestimmte Verhaltensgewohnheiten auf die nächtliche Erholung auswirken: Schon eine gesunde und regelmäßige Ernährung (wenig Alkohol) kann beispielsweise für einen gesunden Schlaf sorgen. Schwere Mahlzeiten am Abend gilt es dagegen zu vermeiden. Der Nikotinkonsum sollte am besten ganz eingestellt werden und zwischen dem Genuss von Aufputschmitteln, Koffein und Alkohol und dem Einschlafen müssen mindestens vier Stunden liegen. Sport tut tagsüber gut, aber nicht vor dem Schlafengehen. Denn die Patienten sollten versuchen, zur Ruhe zu kommen – anstrengende Tätigkeiten (geistig und körperlich) sind hier also fehl am Platz. Gleiches gilt vor dem Einschlafen für elektronische Geräte (Handy, Tablet, PC), die deshalb komplett aus dem Schlafzimmer verbannt gehören. Das Licht der Displays stört die Melatoninsekretion. Allerdings stellt dies insbesondere für Jugendliche oft ein Problem dar.

Im Bett wird ausschließlich (miteinander) geschlafen!

Das Bett (Matratze, Kissen etc.) muss den Bedürfnissen des Patienten entsprechen. Es darf nur für Schlaf und Sex benutzt werden, betont Bittel. Deshalb sollten auch Schmerzpatienten ihr Nachtlager erst aufsuchen, wenn sie müde sind und aufstehen, sobald sie sich ausgeschlafen fühlen. Tagsüber ein Nickerchen zu machen ist durchaus erlaubt, allerdings nicht länger als eine Stunde und nicht nach 15 Uhr, rät der Fachmann. Falls sich die Insomnie mit diesen Regeln nicht in den Griff bekommen lässt, helfen eventuell eine Verhaltens- oder Lichttherapie und Entspannungsverfahren wie autogenes Training.

Referenz:
Bittel G. Schmerzmed 2020; 36:34–37; doi: 10.1007/s00940-019-0018-8

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune