Kooperative Praxen: Honorarteilung ohne Neid und Ärger

Gruppenpraxen benötigen eine detaillierte Regelung der Partnerschaftsverhältnisse untereinander. Dies gilt im Besonderen für die Frage der Gewinnverteilung.

Strenge Rechnung, gute Freunde: In Gruppenpraxen oder Primärversorgungseinheiten muss ein Verteilungsschlüssel für den Gewinn her.

Die Ausgestaltung der Honorarfrage hat für jede kooperative Ordination eine immense Sprengkraft. Wenn die Geldfrage in einer Gruppenpraxis oder Primärversorgungseinheit nicht nachhaltig geregelt ist, ist die gemeinsame Ordination in Kürze am Ende. Unter Ärzteberatern kursieren hinter vorgehaltener Hand zahlreiche Episoden zu diesem Problem. In einem Fall wollte der Seniorpartner einer vierköpfigen Gemeinschaftspraxis seine Arbeitsbelastung reduzieren, ohne aber Honorareinbußen hinzunehmen.

Seine Argumentation lief vor allem auf seine Gründungsinitiative und auf eine Form von „wohlerworbenen Rechten“ hinaus. Seine Partner waren von diesem Ansinnen weniger begeistert. Die Auseinandersetzung ging vor Gericht. Komplexer ist ein Fall, in dem ein erfolgreicher Partner spürbar kürzertreten und auf seine Kosten einen Vertretungsarzt zeitweise in die Ordination schicken wollte. Auch hier gab es Streit unter den Partnern. Reputation und erwirtschaftetes Honoraraufkommen des Kollegen seien durch einen Vertretungsarzt nicht zu ersetzen, meinten die zwei Ordinationspartner. Der Zwist sprengte letztendlich die Gruppenordination.

Ende der Einzelkämpfer

Der Umbruch vom Einzelkämpfertum zu Kooperationspraxen ist im niedergelassenen Bereich voll im Gange. Keine Praxisgründung, ohne dass kooperative Arbeitsformen vorher zumindest geprüft werden. Auch wenn Gruppenpraxen und PVEs nur einen verschwindenden Teil unter den fast 18.300 heimischen Ordinationen ausmachen, so sind Teamordinationen im Kopf der niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner angekommen. Der Kostendruck der eigenen Praxis wird gemildert. Und das eigene Tätigkeitsfeld bzw. Leistungsspektrum kann erweitert werden. Zu den größten Vorteilen der Gruppenarbeit zählt letztendlich die zeitliche Flexibilität, die in einer Einzelpraxis überhaupt nicht gegeben ist. Dass der kooperative Trend unter den niedergelassenen Medizinerinnen und Medizinern nur in Trippelschritten vorankommt, liegt an der hohen Fremdbestimmung bei der Partnersuche. In Deutschland müssen sich im Wesentlichen nur die richtigen Partner für eine Gemeinschaftspraxis finden, während in Österreich bei der Gründung von kooperativen Praxen Kammer und Kassen ein gewichtiges Wort mitzureden haben.

Verteilungsschlüssel

Grundsätzlich kann der Gewinn anhand verschiedener Kriterien auf die Praxispartner verteilt werden. Neben den Praxisanteilen kommt bspw. der erzielte Umsatz, die eingebrachte Arbeitszeit oder auch die Übernahme von besonderen Aufgaben im Praxismanagement infrage. Ein gemischter Verteilungsschlüssel weist erfahrungsgemäß die höchste Flexibilität und das geringste Konfliktpotenzial aus. Eindimensionale Vereinbarungen, die sich nur an Geschäftsanteilen oder persönlichen Umsätzen orientieren, führen über kurz oder lang zu Frustrationen und Konflikten. Die auf den ersten Blick konsequenteste Gewinnverteilung nach erzielten Umsätzen öffnet in der Praxis hingegen dem Misstrauen in der Ordination Tür und Tor. Es kommt häufig zu Entwicklungen, in denen in Ordinationen um (lukrative) Privatpatienten gebuhlt und (weniger umsatzträchtige) Kassenpatienten zwischen den Partnern hin- und hergeschoben werden. Unterm Strich seien Partnerschaft und Patienten auf der Strecke geblieben.

3er Schlüssel

Mehrdimensionale Verteilungsschlüssel zeigen hingegen nachhaltigen Bestand. Die Lösung in dieser Frage ist häufig eine dreiteilige Honorarkomponente. Das Honorar wird nach

  • Verteilung der Geschäftsanteile,
  • Arbeitszeit und
  • Umsatzanteilen aufgegliedert.

Die Gewichtung der Kriterien sei dabei reine Verhandlungssache.

Geschäftsanteile: Viele Gruppen- und PVE-Praxen haben bei Gründung Senior- und Juniorpartner – vor allem, wenn laufende und neugegründete Ordinationen zusammengelegt werden. So wird eine entsprechende Portion der Honorare nach den Anteilen der OG berechnet. Vorausschauend sollte bei Vertragserstellung diskutiert werden, wie es nach zehn Jahren mit der Partnerschaftsverteilung aussehen wird, wenn das Senioritätsprinzip an Gewicht verloren hat.

Arbeitszeit: Diese Frage beherrscht den Ordinationsalltag am stärksten: Wer von den Partnern arbeitet an Wochenenden, freitags, abends? Wer macht Hausbesuche? Und wie wird die Teilnahme an Kongressen oder Zuweisertreffen bewertet? Wie werden eine Wochenendsprechstunde und ein freier Freitag im Vergleich zu einer Sprechstunde in der Regelarbeitszeit bewertet? Beim Thema Arbeitsaufwand verändern sich die Vorgaben am stärksten. Daher muss den Partnern stets bewusst sein, was eine Reduktion des Engagements in der Abrechnung mit sich bringt. Fällt das geleistete Pensum unter eine gewisse Mindestgrenze, so sind entweder neue Verhandlungen oder vorher festgesetzte Honorarabstriche fällig. Voraussetzung für eine derartige Vorgangsweise ist freilich eine genaue Arbeitszeitdokumentation jedes einzelnen Partners.

Umsatzanteile: Die Nachteile einer Sololösung nach Honorarumsätzen wurden schon beschrieben. Allerdings sorgt ein dynamischer Erfolgsfaktor für die notwendige Motivation, nicht Dienst nach Vorschrift abzuliefern. Es wird empfohlen, auf eine derartige Komponente nicht zu verzichten.

Management Fee

In der Regel gibt es in Gruppenpraxen immer den Ordinationsmanager, der sich in diesen Praxen um das administrative Tagesgeschäft kümmert. Diese Arbeit wiederum sollte über eine fixe, genau definierte Aufwandsentschädigung ausgeglichen werden, die als Kostenposition vom Ordinationsgewinn abgezogen wird. In Deutschland ist dabei beispielsweise eine Größenordnung von 1.000 Euro pro Monat eine übliche Verhandlungsbasis. Wichtig ist allerdings, dass man die bestimmenden Kriterien der Honorarverteilung bereits bei Ordinationseintritt eines Partners genau regelt. Nachträgliche Änderungen sind nämlich gerade bei Geldfragen extrem konfliktträchtig.

Eine Frage der Verträge

Die Steuerberaterin Iris Kraft-Kinz, Chefin der Kanzlei MEDPlan, empfiehlt bei der Gründung einer kooperativen Praxis auf zwei Formen der Willensvereinbarung zurückzugreifen: Der Gesellschaftervertrag regelt die elementaren Prinzipien der Kooperation: Honorar, Arbeitszeit, Kostenbeteiligung und Willensbildung (Wer darf was entscheiden?) werden hier festgeschrieben. Für dessen Erstellung wird ein Notar beauftragt. Die weniger formelle Geschäftsordnung widmet sich den Dingen des Alltags: Wahl der Ordinationsfahrzeuge, Beschäftigung von Ehepartnern, Mitarbeiterwahl oder Arbeitszeiten. Der formelle Gesellschaftervertrag sollte nicht ohne juristischen Beistand erstellt oder geändert werden. Die Geschäftsordnung hingegen bedarf nur der schriftlichen Übereinkunft der Partner.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune