6. Mai 2019GOTS-Kongress 2019

Sport und Medizin von 0 bis 100

Comugnero Silvana/AdobeStock

Kinder und Senioren stehen heuer im Fokus der Sportorthopäden und Sporttraumatologen am GOTS-Kongress in Salzburg. Den „steifen Anzug“ kann man getrost zu Hause lassen, sagt Kongresspräsident Dr. Krifter. (Medical Tribune 19/19)

Was sind die Top-Themen am GOTS-Kongress in Salzburg?

Krifter: Die Top-Themen sind Sport bei Kindern und Jugendlichen und andererseits Sport bei Senioren – von Arthrose bis Prothese – also im Prinzip Sport von 0 bis 100. Den GOTS-Jahreskongress wieder nach Österreich zu holen ist uns eine große Ehre und so werden wir den alpinen Bereich mit Kletter- und Rettungsmedizin zu einem Thema machen neben weiteren wissenschaftlichen Symposien und Workshops mit Legenden des Bergsports.

Wir erwarten internationale Top-Referenten aus vielen Ländern. Der weitestgereiste Gast ist Prof. Hideo Matsumoto aus Japan. Er ist verantwortlich für den sportmedizinischen Bereich der Olympischen Spiele 2020 in Tokyo. Ein Hauptthema sind auch die neuen olympischen Sportarten – mit einer Sportler-Live-Diskussion, u.a. mit Karate-Olympiaanwärterin Alisa Buchinger. Aber auch die Prävention von Sportverletzungen ist ein wichtiges Thema. Und als absolute Neuerung kann man sogar vorab einen Spitzenexperten „buchen“, um komplexe Fälle zu diskutieren!

Prävention wird wichtiger?

Krifter: Richtig! Das Verletzungsrisiko durch Wissen über die richtige Vorbereitung von Koordination, Kraft und Technik zu minimieren – auch unterstützt von orthopädischen Innovationen der Industrie, also Schutzorthesen, Sport- und Regenerationsmaterialien, wo wir Ärzte mit der Industrie zusammenarbeiten, z.B. bei neuen Skibindungen oder Schutzorthesen, um Bandrupturen oder Knochenverletzungen zu verringern oder nach Verletzungen besser und früher zu belasten – nach dem Motto „rapid recovery“.

Welchen Stellenwert hat das Thema Sport mit Prothese ?

Krifter: Der Hintergrund ist, dass immer mehr ältere Patienten sehr sportlich bleiben wollen und immer mehr bereits einen künstlichen Gelenkersatz haben oder brauchen. Wir haben in unserer Gesellschaft ein Komitee und Spezialwissen dazu und beschäftigen uns intensiv damit, das wollen wir hinaustragen! Die Dinge entwickeln sich ja rasant, und allgemein herrscht oft Unklarheit, was und wie viel man mit Arthrose oder mit künstlichen Gelenken machen kann. Mit einem künstlichen Hüftgelenk zum Beispiel ist fast alles möglich: Wir haben Supersportler mit künstlichen Gelenken auf Weltklasseniveau. Alpinsportler, die mit zwei künstlichen Hüftgelenken auf alle 14 Achttausender steigen. Hobbysport wie Skifahren, Laufen, Tanzen ist meist uneingeschränkt möglich. Oder ein bekannter Bergführer mit künstlichem Hüft- und Schultergelenk fühlt sich so fit wie zehn Jahre davor nicht mehr – er spürt das auch als Sicherheitsgewinn, weil er wieder mit voller Belastung ohne Bewegungseinschränkungen seiner beruflichen Tätigkeit als Bergführer und Ausbildner nachgehen kann. Er steht auch am Kongress für Fragen zur Verfügung.

Sie selbst leiten ja als Schulterexperte eine internationale Sitzung über Schulterproblemen?

Krifter: Genau, zum Thema Instabilität der Schulter beim kindlichen und jugendlichen Sportler, weil das sehr komplex ist und unterschiedlichste Ursachen und Formen haben kann. Durch Kontakte in die halbe Welt konnte ich renommierte Vortagende aus den führenden wissenschaftlichen Gesellschaften gewinnen, so werden wir uns in diesem Symposium mit diesem Thema international auseinandersetzen. Ich freue mich schon auf die Referenten aus Italien, Deutschland, Österreich und Asien!

Hat sich das Verletzungsrisiko bei Kindern im Sport verändert?

Krifter: Ja, wir wissen heute, dass Extremsportarten zunehmen und die Sportler mit Verletzungen immer jünger werden und immer höhere Leistungen erbringen wollen oder sollen und dadurch auch Verletzungen in einem Alter erleiden, wo z.B. die Wachstumsfugen noch nicht geschlossen sind. Verletzungen in diesem Alter sind oft mit gravierenden, oft langfristigen Komplikationen behaftet. Deswegen ist aktuelles Wissen dazu wichtig. Ein weiterer Fokus: kindliche Verletzungen und Sport bei angeborenen Störungen des Bewegungsapparates oder Folgen von „no sports“. Da freue ich mich besonders, dass Prof. Dr. Reinhard Graf, mein ehemaliger Chef und Pionier der angeborenen Hüfterkrankungen, als Ehrengastredner dazu referieren wird.

Was haben Sie speziell für Allgemeinmediziner am Tapet?

Krifter: Wir bieten ein tolles breites Programm von konservativ bis operativ mit vielen praktischen Workshops, Instruktionskursen und Wissen für den Alltag neben physiotherapeutischen Symposien – da ist sicher für jeden was dabei! Und es soll kein steifer „Anzug- Kongress“ sein, sondern ein lockeres Format. Natürlich sind die Themen hochwissenschaftlich, aber es geht auch darum, Freude zu haben, Kontakte zu knüpfen und das Wissen so mitzunehmen, dass man es im Alltag umsetzen kann. Heute wird die Halbwertszeit des Wissens ja immer kürzer, da muss man am Ball bleiben! Ganz wichtig ist mir auch, selbst Bewegung zu leben. Hochleistungsmedizin geht ungleich besser, wenn man aktiv ist. Dazu werden wir am Kongress Möglichkeiten bieten zum Klettern, auf der Salzach zu paddeln und tolle E-Bikes stehen ebenfalls zur Verfügung. Außerdem veranstalten wir einen „wings 4 life“-Charity-Run durch Salzburg. Wir haben u.a. Top-Sportler vor Ort, Live-Diskussionen, internationale Referenten, wissenschaftliche Symposien, bringen Orthesen und Experten auf den Prüfstand, und das alles in einem tollen Ambiente mitten in Salzburg. Also kein Grund, nicht zu kommen!

34. GOTS-Jahreskongress in Salzburg

Von 27. bis 29. Juni 2019 findet im Salzburg Congress der 34. Jahreskongress der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) statt. Zu den Highlights zählen kindliche und jugendliche Sportverletzungen, Sport mit Prothesen und eine Podiumsdiskussion mit Spitzensportlern aus den neuen olympischen Sportarten. Der GOTS-Lauf findet heuer zugunsten von „wings 4 life“ statt.
Infos auf www.gots-kongress.org

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune