9. Apr. 2019Immuntherapie-Kombination

AACR 2019: Kombinierte TIM-3/PD-L1-Blockade bei fortgeschrittenen soliden Tumoren

Gettyimages/selvanegra

Derzeit laufen zahlreiche Studien mit Immuntherapie-Kombinationen, um die Ansprechraten zu verbessern und um Resistenzen auf Monotherapie zu vermeiden. Beim AACR 2019 wurden nun aktuelle Daten einer laufenden Phase-I/II-Studie zur kombinierten TIM-3/PD-1-Inhibition präsentiert.1

Wie schon bei der Interaktion von PD-1/PD-L1 nutzen Tumorzellen die Bindung von TIM-3 (T-Zell-Membranprotein 3) an seinen Liganden PtdSer (Phosphatidylserin) aus, um Immunantworten zu unterdrücken. Hierbei ist besonders interessant, dass es bei abnehmendem Ansprechen auf PD-1-Inhibitoren zu einer Hochregulierung von TIM-3 als möglichem Resistenzmechanismus kommt.2 Die gleichzeitige TIM-3/PD-1-Blockade stellt somit eine neue potenziell effektive Strategie dar, um diese Resistenzentwicklung zu verhindern. Im Tiermodell zeigte die TIM-3/PD-1-Blockade eine synergistische Antitumor-Aktivität.3,4

Phase-I/II-Studie MBG453X2101

Giuseppe Curigliano, Istituto Europeo di Oncologia, Mailand, präsentierte in Atlanta die Ergebnisse der offenen Phase-I-Prüfung mit Dosiseskalation zur Charakterisierung der Sicherheit, Verträglichkeit, empfohlenen Phase-II-Dosis und maximal tolerierbaren Dosis des TIM-3-Inhibitors MBG453 als Monotherapie und in Kombination mit dem PD-1-Inhibitor Spartalizumab bei Patienten mit fortgeschrittenen, refraktären soliden Tumoren. Außerdem wurden präliminäre Daten zur Antitumor-Aktivität erhoben. MBG453 ist ein monoklonaler „first-in-class“ Antikörper, der mit hoher Affinität an PtdSer bindet und so die Interaktion mit TIM-3 hemmt.5 87 Patienten wurden in die MBG453-Monotherapiekohorte und 86 Patienten in die MBG453/Spartalizumab-Kombinationskohorte eingeschlossen. Eine Vortherapie mit PD-1/PD-L1-Inhibitoren war erlaubt und sogar erwünscht, weil in dieser Studie geprüft werden sollte, ob mit der Kombinationstherapie eine Resistenz gegenüber Monotherapie verhindert werden kann.

Gut verträglich, keine schwerwiegenden Nebenwirkungen

MBG453 war als Monotherapie und in Kombination mit Spartalizumab sehr gut verträglich. Das Toxizitätsprofil war überwiegend durch konstitutionelle Nebenwirkungen charakterisiert, mit Fatigue als häufigstem unerwünschtem Ereignis. Die meisten Nebenwirkungen waren vom Grad 1–2, selten vom Grad 3. Eine dosislimitierende Toxizität (tödlich verlaufende Myasthenie Grad 4) zeigte nur ein Patient mit Thymom, der mit 240mg MBG453 plus 80mg Spartalizumab alle 4 Wochen behandelt wurde. Als empfohlene Phase-II-Dosis für MBG453 wurden 800mg alle 4 Wochen (600mg alle 3 Wochen oder 400mg alle 2 Wochen) sowohl zur Monotherapie als auch zur Kombinationstherapie mit Spartalizumab 400mg alle 4 Wochen festgelegt.

Wenig partielle Remissionen, viele Stabilisierungen

Unter MBG453-Monotherapie erreichten 24 Patienten eine Stabilisierung als bestes Ansprechen und 51 Patienten waren progredient (Gesamtansprechrate, ORR: 0%; Krankheitskontrollrate, DCR: 28,7%, Progressionsrate, DPR: 58,6%). Stabilisierungen zeigten sich bei Patienten mit Ovarialkarzinom, Kolorektalkarzinom, Sarkom und Endometriumkarzinom. Unter MBG453/Spartalizumab wurden vier partielle Remissionen als bestes Ansprechen, 34 Stabilisierungen und 40 Progressionen verzeichnet (ORR: 4,7%; DCR: 44,2%; DPR: 46,5%). Eine partielle Remission erreichten Patienten mit kleinzelligem Lungenkarzinom, nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, Kolorektalkarzinom, mukosales Melanom und Endometriumkarzinom. Zum Datenschnitt am 26. Juli 2018 hatten fast 90 Prozent der Patienten die Therapie wegen Progression beendet. Ein Patient aus der Monotherapiekohorte und elf Patienten aus der Kombinationskohorte standen zu diesem Zeitpunkt noch unter Therapie.

Studie wirft Fragen zum Synergieeffekt auf

Der Diskutant der Studie Dr. David Hong, Anderson Cancer Center in Houston, Texas, USA, zeigte sich etwas überrascht, dass es unter der Kombination zu keiner wesentlichen Zunahme von immunvermittelten Nebenwirkungen kam. Hier müsse man sich die Frage stellen, ob dies möglicherweise nicht doch auf einem fehlenden synergistischen Effekt beruhe. Da auch Patienten ohne anti-PD-1-Therapie angesprochen haben, sei zudem unklar, ob und wie viel die TIM-3-Blockade zusätzlich zur PD-1-Inhibition an Wirksamkeit beiträgt. Genau betrachtet sei der Proof of concept nur bei einem einzigen Patienten mit NSCLC gelungen, der unter einem PD-1-Inhibitor progredient war und unter der Kombinationstherapie eine dauerhafte partielle Remission zeigte. Die übrigen 22 Patienten, die gegen einen PD-1/PD-L1-Inhibitor refraktär waren, zeigten kein Ansprechen.

Fazit

MBG453 als Monotherapie und in Kombination mit Spartalizumab wurde von den stark vorbehandelten Patienten mit soliden Tumoren sehr gut vertragen und zeigte erste Hinweise auf eine Antitumor-Aktivität, einschließlich bei Patienten, die unter anti-PD-1/PD-L1-Therapie refraktär waren. Die Phase-II-Prüfung an ausgewählten Krebsarten läuft.

Referenzen
  1. Curigliano G et al., AACR 2019, oral presentation & abstract # CT183
  2. Ngiow SF et al., Cancer Res. 2011; 71: 3540–51
  3. Koyama S et al., Nat Commun. 2016; 7: 10501
  4. Ngiow SF et al., Cancer Res. 2011; 71: 3540–51
  5. Sabatos-Peyton CA et al., AACR 2016, oral presentation, session DDT01