4. Dez. 2018

Herzinsuffizienz: Bei den meisten unbekannt

Jeder zweite Patient lernt diese Erkrankung erst bei der Diagnose kennen. (Medical Tribune 49/18)

V.l.: Christian Fabi, Heidemarie Prager, Martin Hülsmann, Sigrid Pilz.

Vorige Woche wurden in Wien die Ergebnisse des ersten Patientenberichts zur Herzinsuffizienz (HI) vorgestellt. Das Ziel war, die Bedürfnisse und subjektiven Erlebnisse der Betroffenen zu erkennen. Der Patientenbericht basiert auf einer anonymisierten Umfrage unter 251 Menschen mit HI in Spezialambulanzen und Krankenhäusern. Die Umfrage wurde im Zeitraum zwischen Mai bis Oktober 2018 vom Marktforschungsinstitut Spectra im Auftrag von Novartis durchgeführt.

HI-Tagebücher werden stiefmütterlich behandelt

Eines der Ergebnisse ist, dass fast die Hälfte der HI-Patienten vor ihrer Diagnose noch etwas von dieser Erkrankung gehört haben. Die Diagnose erhielten 55 % im Krankenhaus, 31 % beim niedergelassenen Internisten bzw. Kardiologen. Die Behandlung findet in Spezialambulanzen der Krankenhäuser (41 %) und bei niedergelassenen Fachärzten (40 %) und zu 28 % beim Hausarzt statt. Komorbiditäten sind bei dieser Klientel kein unwesentliches Thema: Fast ein Drittel der Patienten hat bereits einen Herzinfarkt hinter sich, und ebenso viele leiden an einer Verengung der Herzkranzgefäße. Etwa 80 % der HI-Patienten gaben an, dass sie mit der medizinischen Behandlung zufrieden sind. Allerdings führt nur knapp jeder zehnte Patient sein Herzinsuffizienz-Tagebuch.

Univ.-Doz. Dr. Martin Hülsmann, Leiter der Herzinsuffizienz-Ambulanz des AKH Wien und der Arbeitsgemeinschaft Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft, wies bei der Präsentation der Ergebnisse darauf hin, dass die HI etwa gleich häufig auftritt wie ein Myokardinfarkt. Die Erkrankung ist allerdings in der Bevölkerung wenig bekannt, und die Diagnose wird häufig erst im fortgeschrittenen Stadium erkannt, nämlich im Zuge eines Ereignisses, das zur Spitalsaufnahme führte. „Dies verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern es geht auch wertvolle Zeit für eine zielführende Behandlung verloren“, mahnte Hülsmann. Die niedergelassene Kardiologin Dr. Heidemarie Prager präzisierte, dass „Herzinsuffizienz eine häufige Erkrankung ist, die jeden Zehnten der über 70-Jährigen betrifft“.

Die Betroffenen sollten über die Therapiemöglichkeiten aufgeklärt werden, damit sie trotz der Erkrankung eine möglichst hohe Lebensqualität erreichen. Die Wiener Patientenanwältin Dr. Sigrid Pilz erzählte, dass sich immer wieder Patienten mit Herzinsuffizienz an sie wenden würden und „über eine mangelhafte medizinisch-pflegerische Versorgung im niedergelassenen Bereich klagen“. Pilz forderte die multidisziplinäre Versorgung von HI-Patienten ein. Sie müsse besser strukturiert, patientenzentrierter und um speziell geschulte Pflegekräfte ergänzt werden. Christian Fabi war als HI-Betroffener bei der Präsentation dabei: „Mir ist bewusst, wie viel ich selbst dazu beitragen kann.“ Er lebe heute gesünder, gehe regelmäßig zum Arzt, „und selbstverständlich halte ich mich sehr genau an den Therapieplan“. Und sein HI-Tagebuch? Das führe er täglich.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune