1. Dez. 2017

Wenn die Immunhistochemie stimmt

Dr. Urša Mali, vom Institut für Pathologie am Landeskrankenhaus Graz Süd-West, interessiert sich für das „Wie und Warum“, und das kann die Pathologie einfach am besten beantworten. (krebs:hilfe! 12/17) 

Mali: „Als Pathologin sehe ich den Zusammenhang dahinter.“

Die 29-Jährige ist im vierten Ausbildungsjahr zum Facharzt für Pathologie. „Ich finde es sehr spannend, was man aus einem 5mm großen Stück Gewebe alles herausholen kann, auch wenn man den Patienten gar nicht kennt. Daher hat mich das Fach interessiert“, erzählt Mali. „Chirurgen zum Beispiel sehen im OP-Feld ein bisschen rosa, ein bisschen blau, ein paar Punkte und Linien. Aber ich als Pathologin sehe den Zusammenhang dahinter.“

Schussverletzung vs. Schnellschnitt

Die gebürtige Slowenin ist 2007 nach Graz gekommen, um Medizin zu studieren. Trotz anfänglicher Faszination für die Pathologie wollte sich Mali auch die „Fächer am Patienten“ genau anschauen, um entscheiden zu können, was am besten zu ihr passt. So ging sie zum Beispiel nach Johannesburg, um ein Praktikum in Trauma-Chirurgie zu machen. „Das kann man – so traurig es ist – in Südafrika und Südamerika am besten lernen. In Johannesburg kommen stündlich Schussverletzungen an die Klinik“, erzählt die junge Ärztin. Andere Stationen waren die plastische Chirurgie in Ljubljana, Augenheilkunde in Karlsruhe oder ein Erasmus-Aufenthalt in Norwegen, wo die Pathologie zusätzlich fixer Bestandteil im Curriculum eines jeden Fachs ist. „Letztendlich bin ich wieder beim Ursprung gelandet“, sagt Mali und meint damit ihr erstes Pathologie-Praktikum in Slowenien unter der Leitung von Dr. Josip Sabolić. „Er hat mich für das Fach begeistert, weil er mir sehr viel gezeigt hat. Es reicht einfach nicht, sich Bücher und Bilder anzuschauen. Jemand muss vermitteln können, was so besonders an der Sache ist.“

Nicht nur Symptome behandeln

Letztendlich war es ihr auch nicht genug, „nur“ Symptome und Krankheiten zu behandeln, sondern sie wollte wirklich das „Warum, Was und Wie“ dahinter verstehen. Zum Beispiel wenn eine Gewebeart makroskopisch gleich aussieht, aber sich unter dem Mikroskop dann ganz unterschiedlich präsentiert – beim Tumor vom Grad der Entartung, der Tiefe der Invasion und vielleicht mit zusätzlichen Zellkomponenten, wie z.B. Siegelringzellen, die die Prognose des Magenkrebs erheblich verschlechtern. Manchmal sieht ein Organ wie der Magen in der Gastroskopie ganz normal aus, aber der Patient klagt über Reflux, Druckgefühl und Magenschmerzen. „Ich finde es so interessant, dass etwas mit freiem Auge normal aussieht, aber mikroskopisch deutlich vom Physiologischen abweicht.“ Nach dem Studium hat Mali ihre Ausbildung am LKH Graz Süd-West begonnen. „Dort konnte ich dann genau das machen, was ich immer wollte, noch dazu in einem coolen Team. Dank Prof. Lax haben wir auch als Nicht-Uni-Klinik sehr viele Möglichkeiten.“ Dazu zählt die Mutationsanalyse innerhalb von zwei Stunden mit dem Idylla™-Gerät, womit z.B. auf BRAF- und EGFR-Mutationen beim Lungenkarzinom getestet wird. „Das bedeutet einerseits mehr Arbeit, aber es ist interessanter, weil man jeden Fall zur Gänze betreuen kann und nicht immer Material wegschicken muss. Auch für die Patienten ist das ein Vorteil, weil sie nicht so lange im Ungewissen sind.“

Gravierende Folgen für Patienten

Auf der Pathologie profitiert Mali auch von ihren Erfahrungen mit Patienten. „Es ist für uns wichtig zu verstehen, was unsere Entscheidungen für Patienten bedeuten. Denn unser Befund kann gravierende Auswirkungen zum Beispiel auf das Resektionsausmaß haben.“ Das allein sei schon Motivation genug, sich mit jedem Fall eingehend zu beschäftigen. „Abgesehen davon ist die Arbeit sehr spannend, da ist es wirklich keine Frage der Motivation, sich hinzusetzen und zu mikroskopieren.“ Dabei ist jeder Fall eine Herausforderung für sich. Es muss schon allein aus Kostengründen genau überlegt werden, welche Immunhistochemie wann eingesetzt wird und ob weitere Untersuchungen sinnvoll sind. Mit der Routine komme dann auch mehr Sicherheit in der Befundung. „Aber es ist auch erfrischend, immer wieder Ausgefallenes zu sehen, wenn wir zum Beispiel Konsiliarfälle aus dem Ausland erhalten.“ Mittlerweile hält Mali auch selbst Vorlesungen und versucht, ihre Begeisterung an die junge Generation weiterzugeben. Dabei trifft sie oft auf Erstaunen über die Vielfalt des Fachs. „Als Student ist man womöglich sogar überfordert und kommt nicht auf die Idee, dass es später eine supertolle Arbeit sein könnte. Aber gerade weil es ein so breites Fach ist, bleibt es auch über lange Zeit sehr interessant.“

Weitere Vorschläge für Kandidaten dieser Serie richten Sie bitte an krebshilfe@medizin-medien.at