
Unsere digitale Zukunft
Die Zukunft ist digital, hören wir dauernd. Bis zu einem gewissen Grad wird das auch so sein. Aber ist die Digitalisierung die eierlegende Wollmilchsau und allein glücklich machend? Derzeit ärgern wir uns mit dem kommenden Datenschutz herum. Es wird gestraft, sagt man uns drohend. Jede Website, jede Datensammlung muss künftig den neuen Richtlinien entsprechen. Was das bedeutet, weiß niemand so genau, aber es gibt Vorkehrungen, die zu treffen sind. Und es gibt Menschen, die mit diesen Ängsten spielen und großes Geld machen.
Absurderweise sieht die mögliche Absicherung so aus, dass wir Stammkunden bitten, ein völlig banales analoges Stammblatt auszufüllen – mit Daten, die wir schon längst haben und verarbeiten. Wichtig ist die händische Unterschrift, die uns bestätigt, dass wir eh machen dürfen, was wir schon seit Jahren machen. Das analoge Blatt wird dann in einer analogen Ringmappe abgelegt, damit wir weiter digital arbeiten können. Einigen Stammkunden – die ja meist auch nette Prozente bekommen – scheint erst jetzt bewusst zu werden, dass wir Daten von ihnen besitzen. Wenn sie zur Gattung neurotisch gehören, kommt es dann zu solchen Szenen: „Was, Sie wollen Daten von mir? Sofort löschen! Ich will nicht, dass Sie Daten von mir haben!“ Dass wir dann auch ihre Rabattierungen löschen, ist ihnen dann aber doch nicht so recht. Rabattierungen, Anschreibungen, ausborgen … wie geht das dann in Zukunft? In vielen Supermärkten ist das ja schon Realität. Es gibt Selbstbedienungskassen, die komischerweise von echten Menschen aus Fleisch und Blut beaufsichtigt werden müssen. Ob das wirklich erfüllender ist, stundenlang neben so einem Ding zu stehen und dem Kunden seine Unzulänglichkeiten zu erklären, als selber an der Kasse zu sitzen und vielleicht ein kurzes Gespräch oder ein Lächeln mit den Einkaufenden zu haben, ist für mich fraglich. Davon sind wir in der Apotheke Gott sei Dank noch weit entfernt. Einen Button für das Ausborgen von Medikamenten für Pflegeheime zum Beispiel kann ich mir noch nicht vorstellen.
Mir genügt schon, dass wir in Kürze einen Roboter haben werden. Ich gebe zu, ich bin etwas skeptisch. Die eine Hälfte der KollegInnen, die ich zu ihren Erfahrungen befragt habe, sind begeistert, die andere bereut die Anschaffung. Was alle gemeinsam bestätigen, ist, dass kein Personal eingespart werden konnte. Ich bin trotzdem offen für Neues und gespannt, mir graut nur ein bisschen vor der Vorstellung, dass ich dann die ganze Zeit vorne warten muss, bis diverse Medikamente angeflogen kommen. Bei manchen KundInnen ist die Suche in den Laden eine doch willkommene und manchmal entspannende Abwechslung. Die Tatsache, dass ich keine Lade mehr selber öffnen kann, ist mir ein bisschen zuwider, aber schauen wir mal. Vielleicht bin ich dann ja sogar froh über den humanoiden Mitarbeiter. Froh bin ich auf jeden Fall, dass wir keine Kundenkarten mehr ausstellen. Wer als Stammkunde angelegt wird, sagt einfach seinen Namen und fertig. Das ist auch für die KundInnen eine Erleichterung, denn so manches Geldbörserl geht schon aufgrund vieler Karten nicht mehr zu. Unangenehm ist vielen, dass sie völlig gläserne Menschen geworden sind. Aber die meisten nehmen das in Kauf – George Orwell hatte recht.