Pech gehabt und Krebs bekommen
In den meisten Gewebearten teilen sich Stammzellen während der gesamten Lebensdauer einer Person kontinuierlich, um beschädigtes Gewebe zu ergänzen oder zu reparieren. Eine neue Forschungsarbeit ergab jetzt, dass genetische Mutationen, die dann auftauchen, wenn sich diese Zellen teilen, ein wesentlicher Faktor für die Krebentstehung sind. So lassen sich zwei Drittel der Krebsinzidenz im Gewebe durch zufällige DNA-Mutationen, die bei der Stammzellteilung auftreten, erklären.
Nicht nur der Lebensstil und die Gene tragen zur Krebssentstehung bei. Es ist auch eine Glückssache, ob jemand Krebs bekommt oder nicht. Denn wenn sich Zellen im Laufe des Lebens teilen, kann es einer neuen Studie zufolge zu Mutationen kommen.
In der Fachzeitschrift Science wurde eine Analyse von Cristian Tomasetti und Bert Vogelstein veröffentlicht, der zufolge genetische Mutationen, die zufällig auftauchen, wenn sich Stammzellen teilen, den größten Beitrag zur Entstehung von Krebs leisten. Dieser sei – abgesehen von Krebsarten wie Lungenkrebs, bei denen Rauchen das Risiko enorm triggert – oft bedeutender als die Vererbung oder äußere Umweltfaktoren, schreiben die Forscher vom Johns Hopkins Kimmel Cancer Center.
“Alle Krebsarten werden durch eine Kombination aus Pech, Umweltbedingungen und Vererbung verursacht. Wir haben nun ein Modell entwickelt, mit dem wir quantifizieren können, welcher Anteil dieser drei Faktoren zur Entwicklung von Krebs beiträgt”, schrieb der Biomathematiker Vogelstein in einer Aussendung der Johns Hopkins University School of Medicine.
Das oft zitierte Beispiel der uralten Menschen, die lebenslang krebserregenden Substanzen wie Tabak ausgesetzt waren und dennoch nicht an Krebs erkrankten, wird häufig deren “guten Genen” zugeschrieben. Vogelstein ist aber überzeugt, dass die meisten einfach Glück hatten.
Cristian Tomasetti, Bert Vogelstein
Variation in cancer risk among tissues can be explained by the number of stem cell divisions
Science, 2 January 2015: Vol. 347 no. 6217 pp. 78-81, doi: 10.1126/science.1260825
Quelle: Johns Hopkins Medicine